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Die Schlüssel zum Königreich 02 - Grimmiger Dienstag

Die Schlüssel zum Königreich 02 - Grimmiger Dienstag

Titel: Die Schlüssel zum Königreich 02 - Grimmiger Dienstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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den Gleisen, wobei er diesmal darauf achtete, dass seine Kapuze sein Gesicht bedeckte.
    Zwei verschwommene Lichter kamen ihnen auf den Schienen entgegen. Sie waren nicht heller als seine Strumlaterne und keinen halben Meter voneinander entfernt – zu nah zusammen und zu dunkel für die Lichter einer Lokomotive. Auch das Sirren war zu leise, und die Schienen summten nur sehr schwach; eine Lok mit Waggons würde sich anders anhören.
    Trotzdem hastete Arthur auf die andere Seite des Schrotthaufens und kauerte sich mit Japeth hinter die umgestürzte Bank eines Passagierwagens, deren Pferdehaarfüllung sich wie eine bizarre Pflanze durch den Stoff gebohrt hatte. Sie stellten ihre Laternen im großen Mittelloch eines Triebrads ab, verdeckten sie mit einem stählernen Stoßdämpfer und blieben still und reglos in der Dunkelheit sitzen.
    Arthur hielt den Atem an, während Furcht in ihm aufkeimte, als die Lichter und der dunkle Umriss dahinter näher kamen.

K APITEL A CHT

    A rthur beobachtete über die umgestürzte Bank hinweg das heranrollende Fahrzeug. Da von Regen und diffusem Licht wie von einem Schleier umhüllt, war es außerordentlich schwer zu erkennen. Nur eins war sicher – ein Zug war das nicht. Nachdem das merkwürdige Gefährt noch ein Stück näher gekommen war, sah Arthur, dass es sich um ein einzelnes Rad von knapp zwei Metern Höhe und ungefähr einem halben Meter Breite handelte, welches nur auf dem inneren Schienenstrang der Strecke lief. Genauer gesagt waren es zwei Räder, von denen das eine im anderen steckte und sich nicht bewegte. Die Lichter waren an den Seiten dieses inneren Rades befestigt, und darin saß jemand … oder etwas. Das äußere Rad drehte sich um das innere.
    Arthur konnte keine Anzeichen einer Dampfmaschine oder eines sonstigen Antriebs entdecken. Vielleicht rollte das Rad einfach nur bergab und konnte gar nicht nach oben zurückkehren. Auch war es, sagte sich Arthur mit Erleichterung, ein eher unwahrscheinliches Fortbewegungsmittel für Grimmigen Dienstag, denn es wäre ausgesprochen schwierig für jemanden, der auch nur etwas größer oder dicker als Arthur war, sich hineinzuzwängen.

    Aber Vorsicht, dachte Arthur. Grimmiger Dienstag muss nicht unbedingt wie das Bild auf der Bahnhofstür aussehen … er könnte genauso gut klein und leicht sein … oder nicht einmal von menschlicher Gestalt.
    »Was ist das?«, flüsterte Japeth.
    »Ich weiß nicht«, flüsterte Arthur zurück. Er starrte auf das sich nähernde Rad. War es Einbildung, oder verlangsamte es seine Fahrt?
    »Es hält an! Stoppt! Bleibt stehen! Hört auf zu fahren!«
    »Pst! Keine Panik!«, zischte Arthur. Er beugte sich nieder und hob ein langes, nichtsnarbiges Kupferrohr auf, das früher einmal eine Dampfleitung oder ein Siederohr gewesen sein mochte. Es war schlüpfrig und nass, lag aber beruhigend schwer in seiner Hand.
    »Was ist, wenn wer immer da drin ist eine Dampfpistole hat?«, fragte Japeth besorgt.
    »Pst!«, zischte Arthur wieder. »Vielleicht fährt es ja vorbei.«
    Aber etwa zehn Meter von ihnen entfernt stoppte das Rad, und mit ihm das Summen der Schiene, sodass Arthur deutlich das tiefe Geräusch hören konnte, das von dem Vehikel ausging. Er brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass es sich um das regelmäßige Ticken eines Uhrwerks handelte. Sofort wurden unerfreuliche Erinnerungen an die Uhrgänger des Kohlenkellers in ihm wach …
    Die Gestalt im Inneren des Rades streckte ein Bein heraus, dann ein zweites. Die Bewegungen wirkten normal, nicht uhrwerkartig, aber Arthur umfasste trotzdem sein Metallrohr fester. Wieder einmal machten sich mutlose Gedanken in seinem Kopf breit. Vielleicht sollte er vortreten und sich ergeben, darum bitten, zu Grimmigem Dienstag gebracht zu werden …
    Nein! Arthur drängte diese düsteren Überlegungen zurück. Ich werde nicht resignieren, und ich werde mich nicht ergeben! Und ich werde nicht hier sitzen bleiben und darauf warten, verbrüht oder in Stücke gerissen zu werden!
    Der Rad-Fahrer war jetzt ganz ausgestiegen und stand hinter der linken Laterne seines Fahrzeugs. Das Licht, das durch den Regen unscharf und trübe wirkte, ermöglichte es nicht, die Größe der Person abzuschätzen oder zu erkennen, was sie tat, aber Arthur sah immerhin keinen Dampf austreten und auch keine scheidelose Klinge blinken.
    Die schemenhafte Gestalt hob eine Hand. Arthur spannte alle Muskeln an, und als dem Zeigefinger des Rad-Fahrers ein helles Licht entströmte, sprang er auf

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