Die Schlüssel zum Königreich 03 - Kalter Mittwoch.epub

dich an, Arthur!«
    Arthur stopfte sich das Marmeladenglas in die Tasche und zog sein Schwert. Die staubbeladene Brise umwehte ihn weiter, aber sie hatte nicht mehr Wirkung, als dass sie ihm die Sicht behinderte.
    Ein anderes Zeichen von Fieberauge war nicht zu sehen.
    Arthur drehte sich einmal um die eigene Achse und blickte hektisch um sich. Alle anderen waren erstarrt. Er konnte keinerlei Bewegung wahrnehmen. Das Seeufer, nur etwa zwanzig Schritte entfernt, lag ruhig und verlassen da. Die krank aussehenden Bäume und das Unterholz konnten zwar einer Person als Versteck dienen, aber nur, wenn sie sich ganz still verhielt.
    Wo war Fieberauge?
    Niemand guckt jemals hoch …
    Arthur machte einen Satz rückwärts und sah nach oben, gerade als ein Schatten auf ihn fiel und eine Klinge durch die Luft zischte. Er riss sein Schwert hoch, um den Schlag zu parieren, spürte eine Erschütterung im ganzen Arm und sprang zurück, um mit dem Rücken Deckung an dem rauen, von Kletterpflanzen bewachsenen Stamm eines großen Baumes zu suchen.
    Fieberauge legte die Flügel an und ließ sich zu Boden sinken; das Pfeifen des gelben Windes verschluckte die Geräusche seiner Schwingen und seiner Landung.
    Er sah genauso aus, wie Arthur sich einen Piratenkapitän immer vorgestellt hatte: groß und schneidig, mit wehendem schwarzem Haar, Juwelen und qualmenden Zündschnüren im schwarzen Bart. Er war gut aussehend, so gut aussehend wie ein höherer Bürger, und seine Kleider waren von einem leuchtenden Scharlachrot, mit goldenen Borten gesäumt und hatten ebensolche Totenschädel als Knöpfe. Er trug ein Entermesser mit einer Klinge aus schwarzem Eisen, die genauso stark qualmte wie die Zündschnüre in seinem Bart.
    Er glich in nichts der entsetzlichen Fratze, die Arthur aus dem Spiegel heraus angegrinst hatte. Bis Arthur ihn aus dem Augenwinkel ansah.
    Aus dieser Perspektive, war Fieberauge ein grauenhaftes, kaum menschlich zu nennendes Wesen. Seine Haut hatte das Rot eines schwerwiegenden Sonnenbrandes und war so eingeschrumpft, dass sämtliche Knochen hervortraten. Seine Augen waren wie schwarze Olivenkerne in roten Höhlen.
    Er trug auch keine feinen Kleider, sondern Hunderte von Zetteln, Zettel in jeder denkbaren Größe und Farbe, jeder beschrieben in einer fließenden, glühenden Schrift, jeder Nichts und Zauberei ausdünstend.
      

        
    »Du trägst die Rote Hand«, sagte Fieberauge. Arthur hörte die Worte des Piraten zweimal; die beiden Stimmen waren leicht asynchron. Die eine war tief, melodiös und achtunggebietend. Die andere war hoch, winselnd und entsetzlich durchdringend. »Du hast mich bestohlen.«
    Arthur fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und packte sein Schwert fester. Er wusste, dass er nur eine Chance hatte. Ein präziser Hieb zum Hals …
    »Aber das ist nicht alles«, fuhr Fieberauge fort. »Du bist nicht nur ein Dieb. Sondern auch das auserwählte Instrument des Vermächtnisses der Architektin. Ich weiß, wer du bist, Arthur.«
    Fieberauge machte einen Schritt nach vorn. Arthur spannte die Muskeln an, bereit, sich nach vorn zu werfen und auszuholen.
    »Ich weiß, wer du bist. Ich weiß alles über dich. Nicht wahr, junge Blatt?«
    Fieberauge lächelte; seine rissigen, zu dünnen Lippen entblößten gelbe Zähne.
    Arthur wandte den Blick nicht von Fieberauge ab, aber am äußersten Rand seines Gesichtsfeldes sah er, wie eine Reihe Piraten langsam näher rückte. Ganz vorn, in denselben Kleidern, in denen er sie auf der Gottesanbeterin gesehen hatte, aber jetzt mit schwarzer Mütze, ging Blatt.
    »Ja, Kapitän«, sagte Blatt.
    »Ich weiß also, dass du die ersten beiden Schlüssel nicht bei dir hast«, sagte Fieberauge. »Andererseits, wenn du sie bei dir hättest, hätte ich wohl schwerlich Zeit gehabt zu sprechen. Und ich vermute, der alte Fisch treibt sich auch irgendwo in der Nähe herum und spricht zu viel darüber, wie alles gut werden wird. Für ihn, versteht sich.«
    Nur einen Schritt näher, dachte Arthur.
    »Ich nehme an, du möchtest mir gerne den Kopf abschlagen«, sagte Fieberauge. »Nun, als fairer Sportsmann habe ich mir gedacht, ich gebe dir eine Chance. Ich habe einen Vorschlag für dich, Arthur, eine Wette unter zwei Männern, die einmal sterblich waren, als Gleichgestellte. Was sagst du dazu?«
    Arthur behielt sein Schwert oben und schlagbereit. Er würde nicht blinzeln oder wegsehen.
    »Was für einen Vorschlag?«, fragte er.
    »Nun, ein Schlagabtausch«, sagte Fieberauge. »Jeder