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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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dankbar sein zu müssen.
    Just in diesem Moment öffnete sich knarrend die Seitentür.
    Die einen glaubten, der Wind habe sie aufgeweht, die anderen dachten, Uta käme nun doch noch verspätet ins Haus zurück. Doch stattdessen huschten eilig zwei in Sackleinen gehüllte Kapuzengestalten in die Stube und drückten, sobald sie die Schwelle übertreten hatten, gemeinsam mit aller Kraft die Türe gegen den Wind wieder zu, um sie dann von innen zu verriegeln.
    Es dauerte eine Weile, bis sie sich den Schlamm von den durchnässten, ledernen Füßlingen abgetreten und schließlich
die triefenden Kapuzen nach hinten geschlagen hatten. Solange ruhten ein Dutzend Augenpaare staunend auf ihnen.
    Ansgar erhob sich und ging, seine Hand an dem im Gürtel steckenden Kurzschwert, langsam und entschlossenen Blickes auf die Eindringlinge zu.
    »Seid gegrüßt, alle miteinander, und du insbesondere, Ansgar, Sohn des Hilger«, sprach einer der Männer, der größere von beiden.
    »Wer seid ihr, und was treibt euch dazu, so mir nichts, dir nichts mein Haus zu betreten?«
    »Wir klopften, aber leider war der Wind lauter, als es unsere Fäuste an der Holztüre zu sein vermochten.« Seine Worte waren freundlich, aber seine Stimme war sehr entschlossen, und es schien, als wüsste der Mann um die Gefahr, die ihm drohte, wenn man es wagte, ungebeten ins Haus eines freien Sachsen zu stürmen.
    »Mein Name ist Agius, und das ist Bruder Melchior. Wir beide sind Mönche aus dem nahen Kloster Corbeia Nova.«
    Mehr sagte er nicht, und der andere, Mönch Melchior, nickte nur immerzu begeistert bei den Worten seines Mitbruders.
    »Und was wollt ihr hier?«
    »Wir möchten uns bei dir vorstellen, Ansgar. Seit nunmehr drei Wochen leben wir auf dem heiligen Berg und wünschen dort ein Gotteshaus zu errichten. Es ist also an der Zeit, die Menschen kennenzulernen, die bald diese Kirche als Gläubige aufsuchen werden.«
    »Sei dir da nicht so sicher, Mönch«, brummelte Ansgar leise, aber grob.
    »Euer Bruder liegt bereits dort begraben, so hörten wir«, fuhr der Mönch, die Worte Ansgars absichtlich ignorierend, fort. »Leider waren wir am Tage der Beisetzung nicht zugegen, sonst hätten wir Euch gerne unseren Beistand angeboten und
dem Verstorbenen eine kirchliche Grablegung bereiten können. Doch nun sind wir gekommen, um Euch zu bitten, mit uns eine nachträgliche Andacht für Rothger, Sohn des Hilger, zu feiern.«
    »Brauchen wir nicht. Wir haben das Nötige getan und dabei auch geflissentlich zum Christengott und seinem Sohn gebetet.«
    Der Mönch Agius musste ein wenig schmunzeln, und das nahm der Mönch Melchior zum Anlass, laut zu lachen, ohne selbst zu wissen, was denn nun eigentlich so komisch war. Sofort wurde Agius finster und schaute Melchior streng an, dieser verstummte und blickte zu Boden.
    »Lacht ihr in meinem eigenen Hause über mich?« Ansgar wurde rot vor Wut.
    Inga, die zusammen mit allen anderen stumm dem Schauspiel folgte, befürchtete, dass er nun die beiden Eindringlinge mit Hilfe seines Sax um einen Kopf kürzer machen würde. Zur Zeit ihrer Großväter hätte das niemanden bekümmert, da wäre es Ansgars Recht, ja geradezu seine Pflicht gewesen, denn immerhin hatte er die beiden noch nicht als Gäste angenommen, und dann hatten sie ihn zudem schimpflich beleidigt. Aber seit der große Karl mit dem Krieg auch das Christentum gebracht hatte, war des Todes, wer Hand an Geistliche legte. Und das wusste auch Ansgar.
    »Bitte entschuldigt unser Verhalten. Es ist ein Missverständnis. Bruder Melchior sucht immer einen Anstoß zu lachen, und wenn es aus Verlegenheit ist. Ich hingegen schmunzelte nur, weil du Recht hast, Ansgar. Vollkommen Recht. Ihr habt den Verstorbenen so begraben, wie ihr alle Verstorbenen in den letzten Jahren begraben habt. Das ist gut so, aber nun wird sich das ändern, und damit steht uns, mir und meinem Mitbruder, eine schwierige Aufgabe bevor.«

    Ansgar schaute ihn abschätzig an, er war noch immer wütend.
    »Dürfen wir, solange das Unwetter tobt, deine Gäste sein?« Agius sprach noch immer mit fester Stimme. So gefährlich und ungünstig die Situation für ihn auch war, blieb er dennoch überlegen.
    Inga hatte, während die Männer dastanden und miteinander sprachen, genügend Zeit gehabt, die Mönche näher zu betrachten. Der eine, Agius mit Namen, war nicht mehr jung, aber auch noch kein alter Mann, wahrscheinlich ein wenig älter als fünfunddreißig Jahre. An den Stellen, an denen die Tonsur seinem

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