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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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dir vollbracht.«
    »Das musst du mir nicht sagen.«
    »Ulrich wird ihr Vormund sein, nehme ich an, jetzt wo Liudolf tot ist.«
    »Ja, aber mit dem Alten ist nicht zu reden.«
    »Warst du bereits bei ihm?«
    »Nein, aber Frau Ada hat es mir gesagt.«
    »Ada? Sprichst du mit Ada?« Inga war erstaunt.
    »Ja, ich habe sie getroffen. Rein zufällig. Unten am Bach, im Tal zwischen den Bergen unserer beiden Höfe.« Er sprach leise, fast unhörbar, und Inga hatte den Eindruck, dass ihm eine leichte Röte ins Gesicht stieg.

    »Hat sie etwa Eindruck auf dich gemacht, kleiner Bruder?«
    »Sie ist doch viel älter als ich. Außerdem ist sie verheiratet, mit dem da«, und er zeigte auf Ansgar, der mittlerweile seine hünenhafte Statur auf den armen, klapprigen Esel geschwungen hatte und versuchte, mit diesem in dem engen Verschlag herumzureiten.
    »Du hast dich in Ada verliebt.« Inga lächelte. »Na ja, eigentlich hätte ich gedacht, dass sie keine von den Frauen ist, die Männer in ihren Bann ziehen …«
    »Nein, so wie du ist sie nicht, liebe Schwester. Ganz sicher nicht. Und weißt du was? Genau das schätze ich an ihr.«
    »Oh, oh, du bist wahrlich verliebt.«
    »Das bin ich nicht. Wie soll ich das sein? Ich kenne sie kaum, sie hat einen Mann, einen Elbentrötsch zwar, aber er ist ihr Mann. Und außerdem hat sie doch gewiss schon acht oder neun Mal geboren.«
    »Gegen die Liebe ist kein Kraut gewachsen. Ada ist eine gute Frau – auf ihre Art, versteht sich.« Inga schaute ihn schelmisch an, dann fuhr sie fort: »Und darum hast du ihn entführt?«
    »Warum? Wegen Ada? Nein, gewiss nicht. Ich habe es getan, um Gisela zu heiraten. So, wie wir beide es geplant haben.«
    »Dann müsstest du den Friedrich auch noch entführen.«
    »Solange der ein Kind ist, ist er keine Gefahr. Warten wir es ab. Wichtiger ist es, den Weißen zu finden. Ich war oben auf dem Eschenberg, habe jeden Stein umgedreht, unter jeden Busch geschaut. Nichts, keine Spur. Wenn er tatsächlich dort oben irgendwo haust, dann scheint er über den Schnee schweben zu können und keinen Unrat zu hinterlassen.«
    »Eigentümlich. Ich war mir sicher, dass er mich in jener Nacht dorthin geführt hatte. Aber wie dem auch sei, was machst du jetzt mit dem da?«
    »Ich habe dir all mein Erspartes mitgebracht«, sagte er und
reichte ihr ein Säckchen mit Münzen. »Nimm ihn bei dir auf. Sage deinem Wirt, er sei ein Gast aus dem Gebiet der Ostfalen, ein Verwirrter, der bald von seinen Anverwandten hier abgeholt wird. Und dann, wenn es sich eines Tages ergeben sollte, ersäufst du ihn einfach in der Weser.«
    »So einfach stellst du dir das also vor. Warum sollte ich das tun?«
    »Weil du doch auch zurückkehren willst, oder etwa nicht? Wo wir beim Zurückkehren sind: Die Mönche sind ebenfalls wieder da.«
    »Die Mönche?« Inga wurde blass.
    »Ja, ich habe sie gesehen. Hatte mich für eine Nacht mit dem Elbentrötsch in deren Kirche versteckt, da tauchten sie dann am folgenden Morgen plötzlich auf.«
    »Beide?«
    »Ja, alle beide. Jetzt treiben sie sich wieder auf sämtlichen Höfen herum. Das ist nicht gut, sie werden mir noch zuvorkommen und den herrenlosen Hilgerhof an sich reißen.«
    Inga schwieg eine Weile und schaute verklärt zu Boden.
    »Was hast du gesagt?«, fragte sie verwirrt.
    »Sie werden den Hilgerhof an sich reißen, diese Klosterbrüder«, wiederholte Bero lauter.
    »Das ist doch gut so. Dann hast du ein Druckmittel gegen den alten Ulrich. Besser einen Meinradschen zum Herrn des Hilgerhofes haben, als dass alle zu Knechten der Kirche werden. Du musst dich also beeilen, Bero.«
    »Also kann ich den Trötsch hierlassen.«
    »Lass ihn hier, aber vergiss mich nicht, und such erneut auf dem Eschenberg. Dort muss doch eine Spur zu finden sein.«
     
    »Reicht es nicht, dass ich die wirre Alte hier liegen habe? Da kommst du mir mit dem nächsten Bekloppten? Was soll das
noch werden? Ein Siechenhaus?« Ottmar schimpfte, wie er es gewöhnlich tat.
    »Er zahlt gut, und er wird sich nicht beschweren, so benebelt, wie er ist.«
    Inga ignorierte den Wirt und führte Ansgar an der Hand in den hinteren Bereich der Taverne, wo sie ihm ein Lager machte und ihn anwies, sich hinzusetzen.
    »Der frisst mir die Haare vom Kopf, der tumbe Riese«, schrie Ottmar von Weitem.
    Doch auch das bekümmerte Inga nur wenig. Sie holte dem Gast ein Stück Brot und auch ein Ende Wurst, reichte es ihm und betrachtete ihn stillschweigend, während er alles in sich hineinschlang. Das war

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