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Die Schluesseltraegerin - Roman

Die Schluesseltraegerin - Roman

Titel: Die Schluesseltraegerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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räusperte sich nur streng. »So klebrig, wie man ist, wälzt man sich im Korn. Dann liest man alle Körner vom Körper ab und mahlt sie in einer Handmühle. Dreht man links herum, so erhält man ein Mehl für einen Liebeszauber, dreht man rechts herum, so erhält man Mehl für einen Schadenszauber. Das Brot aus dem einen bewirkt, dass der Mann … nun ja, dass ihm bestimmte Dinge besser gelingen. Das Brot aus dem anderen bewirkt, dass ihm in diesen Dingen gar nichts mehr gelingt.«
    »Ich verstehe.«
    »Mein Mann war ein Ehebrecher, und ich wollte dem Einhalt gebieten.«
    »Und dabei hast du dich dieser schwarzen Magie hingegeben. Glaubst du, dass ein solches Zaubertreiben von Wirkung ist?«
    »Ich hätte es sonst nicht getan. Immerhin kostet es einige Mühe.«
    »War es von Wirkung?«
    »Nun, er hat das Brot gegessen, und tatsächlich gab es in den folgenden Tagen häufig Streit zwischen ihm und dem Friedel. Aber dennoch hat sie bald ein Kind erwartet.«
    »Und welchen Zauber hast du an ihr versucht?«
    »Keinen Zauber. Verdorbene Milch habe ich ihr gegeben und gehofft, dass die bösen Würmer aus dem Körper der Kuh in den ihren übergehen.«
    »Und nun fürchtest du, damit den Tod der beiden herbeigeführt zu haben?«
    »Nicht unmittelbar. Aber vielleicht haben die Geister mein Handeln und meine Absichten falsch verstanden. Ich befürchte,
einen schlimmeren Zauber bewirkt zu haben, ohne dass ich das wollte.«
    »Wenn ich mich recht entsinne, hat sich dein Mann betrunken an einem Ast den Kopf zerschmettert. Und das Mädchen Uta ist in einen Brunnen gesprungen, unglücklich, wie sie über den Tod des geliebten Mannes und ihre verfahrene eigene Lage war.«
    »So hat es den Anschein, ja.«
    »Hat es nur den Anschein? Oder hattest du deine Finger im Spiel?«
    »Ich habe nichts getan. Aber ich glaube nicht, dass Uta selbst den Tod gesucht hat.«
    »Was lässt dich das vermuten?«
    »Ich habe ihr ausgerissenes Haar gefunden. Bereits vor Monaten. Es muss einen Kampf gegeben haben. Zwischen ihr und … ich weiß nicht wem.«
    »Und dein Mann? Hat ihm auch ein Troll oder ein Riesenzwerg den Kopf zertrümmert?«
    »Wenn Uta getötet wurde, warum dann nicht auch er?«
    »Das sind Hirngespinste einer einsamen Frau. Es war nicht recht von deinem Mann, sich eine weitere Frau zu nehmen. Und es wäre verzeihlich, hättest du einfach nur Groll gegen ihn gehegt. Doch diese verfluchten Zaubereien, dieser gefährliche Wunderglaube, die haben dich zu einer schweren, gottlosen Sünderin gemacht. Sei getrost, dass dieser dumme Wahnwitz nichts, rein gar nichts mit dem Tod der beiden Menschen zu tun hat. Aber dennoch musst du dafür büßen, einem solchen Irrglauben anzuhängen. Vor wenigen Jahren noch wärest du des Todes gewesen, hätte jemand von deinem Treiben erfahren. Und jetzt sprich mir nach: Ich widersage allen Werken und Worten des Teufels …«
    Inga sah ihn staunend an. Er schien wütend zu sein, aber
dennoch blieb er vollkommen ruhig. Er schrie sie nicht an, beschimpfte sie nicht, aber machte ihr dennoch Angst. Und was sollte sie ihm da nachsprechen?
    »Nun sprich schon: Ich widersage allen Werken und Worten des Teufels …«
    »Ich widersage allen Werken und Worten des Teufels …«
    »… Thor, Wodan, Saxnot und allen Dämonen, die ihre Begleiter sind.«
    »… Thor, Wodan, Saxnot und allen Dämonen, die ihre Begleiter sind.«
    »Einem gottlosen Weib wie dir ein Gebet beizubringen, dazu ist es noch zu früh. Abschwören musst du zunächst einmal. Fortan wirst du ein Jahr lang nichts weiter als Wasser und Brot zu dir nehmen. Und Schlaf sollst du nur noch in der Hälfte der Nacht finden, die andere Hälfte wirst du damit verbringen, diesen Satz, den ich dich habe wiederholen lassen, immer und immer wieder aufzusagen. Ein Jahr lang. Damit bist du entlassen. Danke dem Herrn, denn er ist gütig, und sein Erbarmen währt ewig.«
    Er blieb sitzen, und Inga verließ die Kirche. Draußen, im Freien, ging sie, wohin ihre Füße sie trugen. Ihr Geist war entrückt, und als sie wieder zu sich kam, stand sie vor einer krummen Birke, direkt am alten Opfermoor. Zwischen dem mannshohen Schilf ragten noch immer die Ruten und Stöcke heraus, die den alten Opferbereich absteckten. Und auch wenn es schon lange Jahre verboten war, in diesem Sumpf Gegenstände, Lebensmittel oder geschlachtete Tiere zu versenken, kamen die Menschen nach wie vor hierher, um die Götter um Hilfe zu bitten. Inga hatte dieser Platz nie viel bedeutet, aber dennoch

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