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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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sie sonst unter Schminke und Puder verbarg, erbarmungslos an. »Die Temperatur wird sicher noch eine Weile toben, aber ich habe den Eindruck, dass es wenigstens nicht mehr schlechter wird.«
    Da hatte sie recht, doch als Grace sich nach beinahe zweitägiger Wache endlich wieder zur Ruhe legte, war sie sicher, dass die Kräuter aus dem Tamilendorf das wirkliche Heilmittel gewesen waren.
    In den folgenden Tagen hielt sich die hohe Temperatur, und hin und wieder wurde Victoria von Schüttelfrostanfällen geplagt, doch schließlich gab die Malaria nach. Als die Temperatur sank, erholte sich Victoria zusehends. Abgemagert und schwach saß sie von Kissen gestützt im Bett, aß leichte Fruchtsuppen, die die Köchin ganz hervorragend zubereitete, und verlangte nach einiger Zeit schon wieder nach Papier und einem Rötelstift.
    Obwohl die vergangenen Tage auch an Grace gezehrt hatten, fühlte sie sich so frei und erleichtert wie nie zuvor. Da der Todesengel nun nicht mehr am Bett ihrer Schwester stand, hatte sie wieder Platz für andere Gedanken in ihrem Kopf. Der erste galt Vikrama, dem sie unbedingt danken wollte für die schnelle Hilfe.
    Immer wieder hatte er zum Fenster hereingespäht, und wenn es ging, sich bei Grace nach Victorias Befinden er­kundigt. Nun, da selbst Dr. Desmond nach einer neuerlichen Untersuchung sicher war, dass Victoria außer Gefahr war, machte sie sich an einem etwas bewölkten Nachmittag auf die Suche nach dem Verwalter.
    Sie fand ihn im Teeschuppen, wo er die Qualität des getrockneten Tees kontrollierte.
    »Mr Vikrama, dürfte ich Sie vielleicht kurz sprechen?«
    Der Verwalter wandte sich um und nickte, dann sagte er etwas auf Tamil zu den Frauen und verließ den Schuppen.
    »Was gibt es denn? Es ist doch hoffentlich nichts mit Ihrer Schwester passiert? Die Mädchen haben erzählt, dass sie sehr tapfer gekämpft hat.«
    Grace lächelte zum ersten Mal seit Tagen unbeschwert. »Es ist nichts Schlimmes, keine Sorge. Victoria geht es wesentlich besser, Dr. Desmond meinte, sie sei außer Gefahr. Ein wenig schwach wird sie in der kommenden Zeit noch sein, aber auch das wird vergehen.«
    Vikrama atmete erleichtert auf. »Das freut mich zu hören. Kisah fragte mich beim letzten Mal auch schon, wie es dem Mädchen ginge.«
    »Sie können ihr ausrichten, dass ihre Medikamente bestens angeschlagen haben und dass wir ihr alle sehr dankbar sind.«
    »Sie haben Ihrer Mutter nichts davon erzählt, nicht wahr?«, fragte Vikrama, nachdem er sie prüfend angesehen hatte.
    »Nein, sie …« Grace senkte beschämt den Kopf. »Sie hätte sicher gedacht, sie seien giftig. Ich habe sie Victoria gegeben, als Mutter nicht da war.«
    »Sie haben mir also vertraut.«
    Grace sah ihn an. »Ja, ich vertraue Ihnen.«
    Die Spur eines Lächelns streifte Vikramas Blick, flüchtig wie ein Windhauch.
    »Vielleicht ist Ihre Schwester aber auch nur genesen, weil Sie Shiva und Ganesha geopfert haben«, sagte er dann.
    »Ich habe was?«
    »Sie haben doch eine Obstschale unter dem Bild abgestellt, nicht wahr?«
    Nach kurzem Überlegen fiel es Grace wieder ein. Sie hatte die Schale unter dem Bild vergessen.
    »Eines der Mädchen hat überall herumerzählt, dass Sie den Göttern geopfert haben. Deshalb glauben alle, dass Shiva und Ganesha Ihre Schwester wieder gesund gemacht haben.«
    Vikrama lächelte Grace breit an, dann streckte er unvermittelt seine Hand aus und strich ihr eine Haarsträhne von der Wange. Die Berührung seiner Finger durchzuckte Grace wie ein Blitzschlag. Verwirrt über die Zärtlichkeit dieser Geste, wich sie zurück.
    »Verzeihen Sie, ich wollte nicht …« Vikrama errötete, als er die Hand wieder sinken ließ.
    »Nein, es ist … schon in Ordnung.« Mit einer fahrigen Geste strich sich Grace selbst die Strähnen aus dem Gesicht. Ihr Herz pochte ihr bis zum Hals, und ihre Wangen glühten. Alles in ihr sehnte sich danach, wieder von ihm berührt zu werden, doch das hatte sie sich durch ihr Zurückweichen ­sicher verscherzt.
    »Auf jeden Fall danke ich Ihnen sehr. Wir alle danken ­Ihnen.«
    »Es war mir ein Vergnügen, Ihnen zu helfen.« Vikrama deutete eine kleine Verbeugung an, dann bohrte sich sein Blick in ihre Augen. So dunkel, so geheimnisvoll hatte er sie noch nie angesehen. Und noch nie zuvor hatte sie dieses seltsame geheime Sehnen in ihrem Schoß gespürt, das sie nun heimsuchte und selbst dann blieb, als sie sich umwandte und zum Haus zurücklief.
    »Wir sind zu den Stocktons eingeladen worden«,

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