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Die Schmetterlingsinsel

Die Schmetterlingsinsel

Titel: Die Schmetterlingsinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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dem Bett geklingelt und mich der Frage gestellt habe, ob ich denn verrückt sei, habe ich den Hinweis bekommen, dass ein Mann, der sich mit Alt-Tamil auskennt, in dem kleinen Dorf Ambalangoda lebt. Seinen Namen konnte er mir nicht verraten, aber ich bin sicher, dass es Männer wie ihn nicht häufig in der Gegend gibt.
    Ich würde vorschlagen, wir treffen uns gleich morgen früh vor dem Hotel – vorausgesetzt, Sie wollen nicht auf eigene Faust ­losziehen. In diesem Fall schicken Sie mir doch bitte eine kurze Mail.
    Anbei eine Landkarte, auf dem ich das Dorf bereits eingezeichnet habe. Sofern Sie es wünschen, können Sie gleich im Anschluss nach Nuwara Eliya reisen, dort habe ich Ihre Teeplantage ausfindig gemacht. Die Unterlagen finden Sie in diesem Brief.
    Ich hoffe sehr, dass Sie mich weiterhin an diesem Abenteuer teilhaben lassen, Miss Holmes.
    Ihr ergebener
    Jonathan »Watson« Singh
    Erst nachdem sie die Karte dreimal gelesen hatte, wurde ihr klar, dass Singh tatsächlich so verrückt gewesen war, sich die ganze Nacht allein für sie um die Ohren zu schlagen. Obwohl sie ganz ruhig stand, klopfte ihr Herz, als hätte sie einen Sprint hinter sich, und ihre Hände waren auf einmal eiskalt. Das änderte sich auch nicht, als sie die Kopien und die da­zwischen verborgene Landkarte durchblätterte. Ihr Plan, an der Strandpromenade entlangzuspazieren, war auf einmal passé, sie wusste nun, dass sie den ganzen Tag vor den Unterlagen sitzen und alles an Informationen in sich einsaugen würde, was die Papiere hergaben.
    Zunächst musste sie Jonathan aber eine Antwort zukommen lassen.
    Nachdem sie sich auf ihr Zimmer und an den Schreibtisch begeben hatte, schaltete sie ihren Laptop ein und tippte wenig später eine Mail.
    Lieber Mr Singh,
    ich wusste ja gar nicht, dass Sie eine Schwäche für Conan Doyle haben. Doch was das angeht, kann ich Sie beruhigen. Nach der überaus beeindruckenden Kostprobe Ihrer Detektivarbeit, für die ich Ihnen sehr dankbar bin, kann ich mir keinen besseren Begleiter für die Reise nach Ambalangoda vorstellen als Sie. Ich hoffe, Sie schaffen es, sich von Ihren Verpflichtungen zu befreien, um mich zu begleiten, denn ich fürchte, dass ich ohne Ihre Tamil-Kenntnisse aufgeschmissen bin.
    Es grüßt Sie herzlich
    Diana »Holmes« Wagenbach

Vannattupp u cci , 1887
    Das Zimmer, das Grace und Victoria vorerst gemeinsam bewohnen sollten, bis weitere Räume renoviert waren, wirkte in seiner gesamten Gestaltung dermaßen orientalisch, dass es sich auch in einem arabischen oder türkischen Haus hätte befinden können. Die Spitzbögen der Glasfenster waren mit durchbrochenen Ornamenten verziert worden, die an einen Serail erinnerten. Leuchtend orangefarbene Seidengardinen, die über und über mit Stickereien bedeckt waren, bauschten sich unter einer warmen Brise, die durch einen halb offenen Fensterflügel drang. Irgendwo klimperte ein Windspiel. Ansonsten war der Raum eher schlicht eingerichtet und wirkte, als dürstete er danach, beseelt zu werden.
    Auf den ockerfarbenen Bodenfliesen standen ein Schreibtisch, ein mit aufwendigen Intarsien verzierter Schrank, eine Kommode sowie auf der gegenüberliegenden Seite der Wand zwei Betten, vor denen ein schmaler Teppich aus­ge­ breitet war. In der Mitte des Raumes türmten sich die Koffer und Taschen, die die Habe der beiden Schwestern ent­hielten.
    »Vielleicht hat sich unser Onkel hier einen Harem gehalten!«, platzte Victoria heraus, nachdem Miss Giles gegangen war. Die Vorstellung, dass ihr skandalöser Onkel der Vielweiberei gefrönt haben könnte, ließ ihre Augen wie Edelsteine leuchten, in die ein Lichtstrahl fiel.
    »Ich glaube nicht, dass Onkel Richard den Glauben gewechselt hat«, hielt Grace dagegen. »Du musst Muslim sein, um dir einen Harem halten zu dürfen.«
    »Wer weiß, vielleicht ist er konvertiert!«, behauptete Victoria sensationslüstern. »Ich habe Vater reden hören, dass er sich hat verbrennen lassen wie die Hindus. Wir werden kein Grab von ihm finden.«
    »Ich glaube dennoch nicht, dass er den Glauben gewechselt hat. Wahrscheinlich hatte sein letzter Wille praktische Gründe, ein Toter muss bei dieser Hitze furchtbar schnell zerfallen.«
    Victoria ließ sich davon nicht beeindrucken. »Wer kennt ihn denn schon, unseren mysteriösen Onkel! Nicht einmal du hast ihn leibhaftig kennengelernt, weil er sich seit seinem Weggang aus Tremayne House nie mehr in England hat blicken lassen.«
    Da hatte sie allerdings recht. Ihr Onkel

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