Die-Schnaeppchenjaegerin
Aromatherapieöle gekauft - aber dann habe ich vor ein paar Tagen bei Benetton diesen wunderschönen, rosafarbenen Angoracardigan gesehen, und ich weiß, dass sie sich darüber noch viel mehr freuen würde. Die Aromatherapieöle kann ich ja notfalls wieder zurückbringen oder irgendjemandem zu Weihnachten schenken.
Also gehe ich noch eben zu Benetton, greife mir den rosafarbenen Cardigan und will gerade bezahlen... als ich sehe, dass sie den Cardigan auch in Grau haben. Ein Traum von einem weichen, taubengrauen Angoracardigan mit kleinen Perlmuttknöpfen.
Oh, Gott. Wissen Sie, der Punkt ist, dass ich schon seit Ewigkeiten einen schönen grauen Cardigan suche. Wirklieh, im Ernst. Sie können Suze fragen, oder meine Mum, jeden. Und schließlich hat mein neues, bescheidenes Leben ja eigentlich noch gar nicht richtig angefangen, richtig?
David E. Barton schreibt, man soll sich so natürlich wie möglich verhalten. Das heißt doch, dass ich meinem natürlichen Impuls folgen und das Ding kaufen sollte, oder etwa nicht? Alles andere wäre falsch. Alles andere würde seine Theorie zunichte machen.
Er kostet ja nur fünfundvierzig Pfund. Und ich kann mit VISA bezahlen.
Und wenn man es mal so betrachtet: Was sind schon fünfundvierzig Pfund, so in der kosmischen Gesamtheit betrachtet? Ich meine, das ist doch gar nichts, oder?
Also kaufe ich ihn. Den schönsten grauen Cardigan auf der ganzen Welt. Man wird mich »Die Frau im grauen Cardigan« nennen. Bis an mein Lebensende werde ich ihn tragen. Das ist eine echte Investition.
Nach der Mittagspause muss ich zum Image Store, um ein Titelbild für die nächste Ausgabe auszusuchen. Das ist mein absoluter Lieblingsjob - ich verstehe gar nicht, warum Philip diesen Ausflug immer an jemand anderen delegiert. Man tut nämlich im Grunde den ganzen Nachmittag nichts anderes, als gemütlich Kaffee zu trinken und sich Hunderte von Dias anzusehen.
Das ist notwendig, weil wir es uns nicht leisten können, eigene Titelseiten für unsere Zeitschrift zu entwerfen. Beileibe nicht. Als ich mit dem Journalismus angefangen habe, dachte ich, ich könnte zu Foto-Shootings gehen, Models kennen lernen und so richtig in den ganzen Glamour reinschnuppern. Aber wir haben nicht mal einen Pressefotografen. Zeitschriften wie unsere bedienen sich fast alle eines Bildarchivs wie Image Store, und in der Regel wandern die Bilder von einem Blatt zum nächsten. Letztes Jahr zum Beispiel war da dieses Bild von einem brüllenden Tiger, das auf der Titelseite von mindestens drei Finanzzeitschriften auftauchte. Aber den Lesern scheint das gar nichts weiter auszumachen. Sie kaufen die Zeitschriften schließlich nicht, um sich Kate Moss anzugucken, richtig?
Praktischerweise hat auch Ellys Chef keine Lust, die Titelbilder selbst auszusuchen - und auch Ellys Zeitschrift ist Kunde bei Image Store. Wir versuchen also immer, gleichzeitig dort zu sein und ein nettes Pläuschchen zu halten, während wir uns die vielen Bilder ansehen. Die Krönung an der Sache ist, dass Image Store in Notting Hill Gate liegt und ich Ewigkeiten brauche, um vom Büro aus dort hinzukommen. Darum verzichte ich auch meist darauf, nach der ganzen Aktion wieder dorthin zurückzufahren. Es ist wirklich ein perfekter Nachmittag. (Na ja, ein perfekter bezahlter Nachmittag. Ich wäre da natürlich ganz anderer Meinung, wenn es sich um einen Samstag handelte.)
Ich bin dieses Mal vor Elly da, raune dem Mädchen am Empfang zu: »Becky Bloomwood von Successful Saving.« -und wünschte, ich könnte sagen: »Becky Bloomwood von der Vogue« oder »Becky Bloomwood vom Wall Street Journal.« Dann setze ich mich auf einen knautschigen schwarzen Ledersessel und blättere flüchtig durch einen Katalog mit lauter Bildern von glücklichen Bilderbuchfamilien, bis einer der feschen jungen Männer, die hier arbeiten, mich abholt und an einen der Leuchttische führt.
»Ich heiße Paul«, stellt er sich vor. »Ich werde mich heute um Sie kümmern. Haben Sie eine Vorstellung, wonach Sie suchen?«
»Na ja...«, sage ich und ziehe wichtigtuerisch mein Notizbuch aus der Tasche. Gerade gestern hatten wir ein Meeting wegen des Titels und haben uns auf Portfolio Management: Wie finden Sie das richtige Gleichgewicht? geeinigt. Bevor Sie jetzt vor Langeweile Gähnanfälle bekommen, lassen Sie mich Ihnen die Titelstory vom letzten Monat verraten: Termineinlagekonten im Test.
Warum können wir nicht einmal Selbstbräunungscremes testen? Na ja.
»Ich hätte gern etwas mit
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