Die-Schnaeppchenjaegerin
er auf alles um sich herum. »Sie lassen sich davon doch nicht blenden, oder?«
Oh, Gott. Noch ein Paranoiker.
»Natürlich nicht«, antworte ich höflich und halte vergeblich nach seinem Namensschild Ausschau.
»Freut mich zu hören«, sagt der Mann und schüttelt den Kopf. »Stinkende Geldsäcke.« Bei diesen Worten deutet er nach vorn auf die drei Herren, die in teuren Anzügen hinter einem Tisch sitzen. »Die müssen wohl kaum mit fünfzig Pfund die Woche auskommen, oder?«
»Äh... nein«, sage ich. »Wohl eher mit fünfzig Pfund die Minute.« Der Mann lacht amüsiert.
»Guter Spruch. Darf ich den verwenden?« Er streckt mir die Hand entgegen. »Eric Foreman. Daily World.«
»Daily World}«, wiederhole ich beeindruckt. An dieser Stelle muss ich Ihnen ein kleines Geheimnis beichten: Ich mag die Daily World. Ich weiß, sie gehört zur Boulevardpresse, aber sie lässt sich so leicht lesen, vor allem im Zug. (Ich muss ziemlich wenig Kraft in den Armen haben, denn wenn ich die Times lese, tun sie mir nach einer Weile richtig weh. Außerdem zerknautschen die Seiten immer so hässlich. Ein echter Albtraum.)
Aber Moment mal - die Ressortchefin für Finanzen kenne ich doch. Das ist doch diese rührselige Marjorie. Wer ist also dieser Typ hier?
»Ich habe Sie aber noch nie gesehen«, sage ich locker. »Sind Sie neu?«
Eric Foreman kichert.
»Ich bin schon seit zehn Jahren bei dem Blatt. Aber Finanzen und Wirtschaft sind nicht so ganz mein Ding.« Er senkt die Stimme. »Ich bin bloß hier, um ein bisschen aufzumischen. Die Redaktion hat mich für unsere neueste Serie hergeschickt: >Gütesiegel Nadelstreifen? Finanzbosse unter der Lupe.<«
Der redet ja sogar wie ein Boulevardblatt.
»Hört sich toll an«, sage ich höflich.
»Mal sehen. Ich muss nur irgendwie diesen ganzen finanztechnischen Kram auf die Reihe kriegen.« Er verzieht das Gesicht. »Zahlen waren noch nie meine Stärke.«
»Ach, keine Sorge«, beruhige ich ihn. »So viel Hintergrundwissen braucht man gar nicht. Sie werden ganz schnell dahinter kommen, was wichtig ist.«
»Hoffen wir’s«, sagt Eric Foreman. Er guckt auf mein Namensschild. »Und Sie sind...«
»Rebecca Bloomwood, Successful Saving«, sage ich so netzwerkknüpferisch wie möglich.
»Freut mich, Sie kennen zu lernen, Ms. Bloomwood«, sagt er und fischt eine Visitenkarte aus der Tasche.
»Danke«, sage ich und krame nun meinerseits eine Visitenkarte aus der Handtasche. Ha!, jubele ich innerlich, als ich sie ihm reiche. Ich knüpfe Kontakt zu einer überregionalen Zeitung! Ich tausche Visitenkarten aus!
Die Mikrofone werden mit einem Rückkopplungsschrei eingeschaltet, und eine dunkelhaarige junge Frau am Podium räuspert sich. Hinter ihr befindet sich eine Leinwand, auf die die Worte Sacrum Asset Management vor einem Sonnenuntergang projiziert werden.
Die Frau kenne ich doch. Die war letztes Jahr bei einem Presse-Briefing so unverschämt zu mir. Aber Philip mag sie, weil sie ihm jedes Jahr zu Weihnachten eine Flasche Champagner schicken lässt. Mit anderen Worten, ich werde positive Worte für diesen neuen Altersversorgungsplan finden müssen.
»Meine Damen und Herren«, sagt sie. »Mein Name ist Maria Freeman, und ich freue mich, Sie heute zur Lancierung des Sacrum Asset Management Rentenplans hier begrüßen zu dürfen. Es handelt sich um eine innovative Produktpalette, die vorsieht, Flexibilität und Sicherheit zu kombinieren mit den mehr als ansehnlichen Leistungen, für die der Name Sacrum schon seit vielen Jahren steht.«
Auf der Leinwand erscheint ein Diagramm, auf dem eine rote Linie sich in Auf- und Abbewegungen über einer dünneren schwarzen Linie nach oben schlängelt.
»Wie auf Diagramm 1 zu sehen ist«, erklärt Maria Freeman selbstbewusst, während sie auf die rote Schlangenlinie zeigt, »hat unser Unternehmensfonds deutlich besser als alle anderen Fonds in diesem Bereich abgeschlossen.«
»Hmm«, brummt Eric Foreman in meine Richtung und wirft mit gerunzelter Stirn einen Blick in die Broschüre. »Irgendwas stimmt hier doch nicht. Mir ist gerüchteweise zugetragen worden, dass es Sacrum Asset Management gar nicht so gut geht.« Er tippt auf das Diagramm. »Und dann das. Deutlich besser als alle anderen.«
»Ja, klar«, murmele ich zurück. »Ist nur die Frage, welche anderen gemeint sind. Die schlechten Fonds? Oder die Pleitegeier-Fonds?«
Eric Foreman sieht mich an. Seine Mundwinkel zucken.
»Glauben Sie, die haben ihre Zahlen frisiert?«, flüstert
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