Die-Schnaeppchenjaegerin
Renditen hoch sein, aber alles in allem gibt es nie eine Gewinngarantie. Für den Kleinanleger...«
»Rebecca?« Ich sehe auf. Philip nähert sich mit einem Blatt Papier in der Hand meinem Schreibtisch. Er sieht nicht besonders glücklich aus, und einen schrecklichen Moment lang befürchte ich, dass er mit Jill Foxton bei William Green gesprochen hat, hinter meine Umsattelungsabsichten gekommen ist und mir nun die schriftliche Kündigung vorlegt. Doch als er näher kommt, sehe ich, dass es sich bei dem Papier nur um eine Pressemitteilung handelt.
»Können Sie das hier für mich übernehmen?«, fragt er. »Am Freitag? Ich würde ja selbst hingehen, aber ich muss mich hier mit den Marketingleuten herumschlagen.«
»Oh«, sage ich wenig begeistert und nehme das Blatt Papier in die Hand. »Okay. Worum geht’s?«
»Um die Hausmesse bei Olympia«, sagt er. »Wir berichten immer darüber.«
Gähn. Gähn gähn gähn...
»Die Barclays Bank hält einen kleinen Sektempfang um die Mittagszeit«, fügt er hinzu.
»Ach, so!« Jetzt interessiert mich das alles schon etwas mehr. »Na ja, okay. Hört sich ja ganz gut an. Und was genau -«
Ich werfe einen Blick auf die Mitteilung. Mir bleibt fast das Herz stehen, als ich das Logo von Brandon Communications in der oberen Ecke sehe.
»Im Grunde ist es einfach nur eine große Messe«, sagt Philip. »Alle Bereiche der Finanzwelt sind vertreten. Es gibt Talkrunden, Informationsstände, alle möglichen Veranstaltungen. Sehen Sie sich an, was Ihnen interessant erscheint, und darüber können Sie dann schreiben. Ich lasse Ihnen da völlig freie Hand.«
»Okay«, sage ich nach einer Pause. »Gut.«
Ich meine, ist mir doch egal, wenn Luke Brandon da rumschleicht. Ich kann ihn ja einfach ignorieren. Ich werde ihm genauso viel Respekt zollen, wie er mir entgegengebracht hat. Und wenn er versucht, mit mir zu reden, werde ich eben entschlossen das Kinn anheben, mich auf dem Absatz umdrehen und...
»Wie läuft’s mit den Fahnen?«, erkundigt sich Philip.
»Sehr gut«, sage ich und wende mich sofort wieder der obersten Seite zu. »Bin bald durch damit.« Er nickt und entfernt sich. Ich lese weiter.
»...Für den Kleinanleger wiegen die Risiken, die solche Anlagemöglichkeiten mit sich bringen, in den meisten Fällen schwerer als die Aussichten auf Gewinn.«
Oh, Gott, ist das langweilig. Ich schaffe es nicht mal, mich auf die Bedeutung dieser Sätze zu konzentrieren.
»Von Seiten der Investoren wird daher die Forderung nach höchstmöglicher Absicherung der Performance am Aktienmarkt immer lauter. Eine Möglichkeit ist es, in einen Trackerfonds zu investieren, der automatisch die jeweils hundert besten an der Börse notierten Unternehmen ausfindig macht...«
Hmm. Das bringt mich auf eine Idee. Ich greife nach meinem Filofax, schlage es auf und suche Ellys Durchwahl bei Wetherby’s heraus.
»Eleanor Granger«, höre ich sie ziemlich weit weg und mit Widerhall. Ganz schön schlechte Verbindung.
»Hi, Elly, ich bin’s, Becky«, sage ich. »Sag mal, weißt du eigentlich, was mit den Tracker Schokoriegeln passiert ist? Die sind doch so richtig lecker, findest du nicht? Und ich hab schon seit Ewigkeiten keinen mehr...«
Ein äußerst merkwürdiges, raschelndes Geräusch in der Leitung lässt mich innehalten und überrascht den Hörer ansehen. Ganz weit weg höre ich, wie Elly sagt: »Tut mir Leid. Nur einen kleinen...«
»Becky!«, zischt sie ins Telefon. »Der Apparat war auf Mithören geschaltet! Und unser Chef war gerade bei mir im Büro.«
»Oh, Gott!«, sage ich entsetzt. »Tut mir Leid! Ist er immer noch da?«
»Nein«, seufzt Elly. »Was der jetzt wohl von mir denkt.«
»Ach, komm«, will ich sie trösten. »Er wird doch wohl ein bisschen Sinn für Humor haben, oder?«
Elly antwortet nicht.
»Nun ja«, sage ich verunsichert. »Wie sieht’s aus, hast du Zeit, heute Mittag was trinken zu gehen?«
»Nein, habe ich nicht«, sagt sie. »Tut mir Leid, Becky, ich muss jetzt Schluss machen.« Und damit legt sie auf.
Keiner mag mich. Mir wird kalt und ich zittere ein wenig. Ich versuche, mich auf meinem Bürostuhl zusammenzukuscheln. Oh, Gott, schon wieder so ein furchtbarer Tag. Ich habe keine Lust mehr. Ich will nach Haaaaauuuuse!
Freitag bin ich dann glücklicherweise wieder deutlich besser drauf. Hierfür gibt es mehrere Gründe:
1. Es ist Freitag.
2. Ich muss nicht ins Büro.
3. Elly hat gestern angerufen und sich dafür entschuldigt, dass sie so abrupt aufgelegt hat
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