Die-Schnaeppchenjaegerin
(es war schon wieder jemand in ihr Büro gekommen). Außerdem kommt sie auch zu der Hausmesse.
Und 4. Ich habe den Vorfall mit Luke Brandon geistig völlig ad acta gelegt. Wen interessiert schon Luke Brandon?
Als ich mich morgens fertig mache, bin ich also in ziemlich positiver, ja fast ausgelassener Stimmung. Ich ziehe meinen neuen grauen Cardigan an, einen kurzen schwarzen Rock und meine neuen Stiefel von Hobbs - dunkelgraues Wildleder -, und ich muss schon sagen, ich sehe verdammt gut aus in dem Outfit. Mann, ich liebe neue Klamotten! Ich glaube, wenn alle Menschen jeden Tag neue Klamotten tragen könnten, hätte niemand mehr Depressionen.
Gerade, als ich die Wohnung verlassen will, fällt ein Stapel Briefe für mich durch den Schlitz. Einige davon sehen wie Rechnungen aus, und einer ist - wieder mal! - von der Endwich Bank. Aber ich habe eine richtig gute Lösung für diese Art von Post gefunden: Ich lege sie einfach in die oberste Schublade meiner Wäschekommode und mache die Schublade zu. Mir bleibt gar keine andere Wahl, wenn ich mich nicht bis zum Herzinfarkt stressen lassen will. Und es funktioniert. Schon auf dem Weg von der zugeschobenen Schublade zur Wohnungstür habe ich den Stapel Briefe vergessen.
Bei der Veranstaltung ist schon richtig was los, als ich dort erscheine. Ich melde mich namentlich beim Pressechef an der Rezeption an und bekomme eine große, glänzende Tüte mit dem HSBC-Logo darauf überreicht. In der Tüte finde ich eine enorme Pressemappe samt Foto von den Organisatoren der Veranstaltung, wie sie sich gerade mit Sektgläsern zuprosten (ja, klar, als ob wir das neben unserem Bericht abdrucken würden!), außerdem einen Gutschein für zwei Getränke am Stand von Sun Alliance, ein Tombolalos, mit dem man tausend Pfund gewinnen kann (angelegt in einem Investmentfonds meiner Wahl), einen großen Werbelolli von Eastgate Insurance und mein Namensschild, auf dem dick und fett Presse steht. In einem weißen Umschlag befindet sich die Einladung zum Sektempfang bei der Barclays Bank, und die hebe ich natürlich sehr sorgfältig auf. Dann klemme ich mir das Namensschild gut sichtbar ans Revers und stürze mich in die Arena.
Normalerweise wirft man das Namensschild ja weg, sobald man es bekommen hat. Aber bei Veranstaltungen wie dieser überschlagen sich die Leute fast dabei, jeden, der von der Presse ist, mit kostenlosem Werbematerial zu beglücken. Meistens sind das zwar nur langweilige Broschüren über irgendwelche Investmentfonds, aber manchmal gibt es auch richtige kleine Geschenke oder sogar etwas zu essen. Nach einer Stunde habe ich zwei Kugelschreiber eingeheimst, ein Papiermesser, eine Minischachtel Ferrero Rochers, einen mit Gas gefüllten Luftballon, auf dem Save & Prosper steht, und ein vorne mit einem Cartoon bedrucktes T-Shirt von einem Mobilfunkunternehmen. Außerdem habe ich zwei Cappuccinos getrunken, ein Pain au chocolat verzehrt, einen von diesen starken englischen Cidres (bei Somerset Savings), eine Minipackung Smarties und meine beiden Drinks bei Sun Alliance. (Ich habe noch kein Wort in mein Notizbuch geschrieben, geschweige denn, auch nur eine einzige Frage gestellt. Aber was soll’s. Wozu habe ich die Pressemappe?)
Ich habe gesehen, dass ein paar Leute ganz niedliche silberne Schreibtischuhren mit sich herumtragen. So eine hätte ich auch ganz gern, also mache ich mich auf den Weg und versuche auszukundschaften, aus welcher Richtung die Leute mit den Uhren kommen. Da höre ich jemanden rufen:
»Becky!«
Ich sehe auf - Elly! Sie steht mit zwei Typen in Anzügen am-Wetherby’s-Stand und winkt mich zu sich herüber.
»Hü«, sage ich ehrlich erfreut. »Wie geht’s dir?«
»Prima!«, sagt sie und strahlt mich an. »Es läuft wirklich richtig gut.« Was man ihr auch ansieht. Sie trägt ein mohnrotes Kostüm (bestimmt von Karen Milien) und richtig schöne Schuhe mit eckiger Kappe und hat das Haar zurückgebunden. Das Einzige, was mir nicht gefällt, sind die Ohrringe. Warum trägt sie denn auf einmal Perlenohrringe? Vielleicht aus Gründen der Anpassung.
»Mann, ich fasse es immer noch nicht, dass du jetzt eine von denen bist!«, raune ich ihr zu. »Du bist meine nächste Interviewpartnerin!« Ganz ernst neige ich den Kopf zur Seite. »>Ms. Granger, wären Sie wohl so freundlich, mir die Ziele und Grundsätze von Wetherby’s Investments zu erläutern?^
Elly muss lachen, dann greift sie in einen Karton neben sich.
»Hier, bitte schön!«, sagt sie und reicht mir
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