Die Schnapsstadt
ihren, aber kaum hatten seine Lippen die ihren berührt, durchfuhr wieder ein stechender Schmerz seine Zunge. «Aua!», rief er und brachte seinen Mund in Sicherheit.
«Ich werde dich schon nicht beißen …» Sie drehte sich um und fing an, ihn auszuziehen.
Stück um Stück schälte sie den Ermittler aus seinen Kleidern. Wie ein einsamer Reisender, der unter die Räuber gefallen ist, ließ er es widerstandslos geschehen. Erst zog sie ihm den Bademantel aus und warf ihn auf den Boden. Dann zog sie ihm Unterhose und Unterhemd aus und warf sie über den Kronleuchter. Als er zu seiner Unterwäsche hochsah, überfiel ihn plötzlich der starke Wunsch, sie zurückzuholen. «Wer Zwiebeln pflücken will, soll es gleich tun.» Er sprang gut dreißig Zentimeter in die Höhe und konnte die Kleidungsstücke gerade noch mit einer Fingerspitze berühren. Aber seine Füße waren schnell wieder auf dem Teppich. Beim nächsten Sprung stellte ihm die Lastwagenfahrerin ein Bein, und er landete flach auf dem Rücken.
Bevor der Ermittler wieder zu Sinnen gekommen war, hatte sich die Lastwagenfahrerin mit gespreizten Beinen auf ihn gesetzt. Sie packte ihn an den Ohren, hüpfte auf und ab wie ein Gummiball und trommelte mit den Fäusten auf Ding Gou'ers Bauch. Er fühlte, wie seine Eingeweide zu Brei gequetscht wurden, und schrie laut um Hilfe. Darauf griff die Lastwagenfahrerin nach einer stinkenden alten Socke und stopfte sie ihm in den Mund. Sie gebärdete sich weder zärtlich noch weiblich, sondern wild und gewalttätig. Ein Ekel erregender Geschmack füllte Ding Gou'ers Mund. Er wollte laut aufschreien. Sieht so die Liebe aus? Das alles erinnerte ihn eher ans Schweineschlachten. Gerade als sein Bewusstsein seinen Armen den Befehl erteilen wollte, diese Metzgerin von sich zu stoßen, drückte sie seine Handgelenke auf den Boden, als habe sie geahnt, was er vorhatte. Ding Gou'ers Gefühle waren in hellem Aufruhr. Er wollte sich wehren, und zugleich wollte er es nicht. Wir wissen, warum er sich wehren wollte. Und um zu erfahren, warum er es nicht wollte, brauchen wir nur einen Blick zwischen seine Beine werfen, wo er gerade seine Feuerprobe bestand. Also schloss er die Augen und legte sein Schicksal in Gottes und ihre Hand.
Und nun geschah es. Während die Lastwagenfahrerin heiß und verschwitzt über seinem Bauch herumsprang und sich wand wie ein liebeskranker Aal, brach hoch über ihm jemand in hämisches Gelächter aus. Ding Gou'er schlug die Augen auf und wurde von einem Blitzlichtgewitter geblendet. Man hörte mehrmals, wie der Verschluss einer Kamera klickte, und schließlich das Surren des Films beim Zurückspulen. Der Ermittler sprang auf und holte mit der Faust aus. Der Hieb traf sein Ziel genau. Die Faust fiel klatschend auf nacktes Fleisch, und seine Gespielin sank zurück. Ihre Schultern senkten sich langsam auf seine Füße, und ihr nackter Bauch gab unzählige köstliche Geheimnisse preis. Noch mehr Blitzlichter, und die historische Pose, die er und die Lastwagenfahrerin einnahmen, wurde von ihrem Komplizen aus jedem nur erdenklichen Blickwinkel verewigt.
«Schluss jetzt, Genosse Sonderermittler Ding Gou'er. Es ist höchste Zeit, dass wir beide miteinander reden», sagte Jin Gangzuan höhnisch, steckte die Filmspule in die Tasche und ließ sich mit gekreuzten Beinen gemütlich auf dem Sofa nieder. In seiner rechten Backe zuckte ein Muskel, wenn er sprach. Ding Gou'er fand den Anblick Ekel erregend.
Er schob die Frau von sich und versuchte aufzustehen. Aber seine Knie waren weich, und seine Beine schlotterten wie die eines Paralytikers.
«Großartig!», sagte Jin Gangzuan mit zuckendem Backenmuskel. «Das hat uns gerade noch gefehlt. Ein Ermittler, dem die Behörden eine verantwortungsvolle Aufgabe übertragen haben, ist infolge übermäßiger sexueller Anstrengungen von der Taille abwärts gelähmt.»
Ding Gou'er starrte in das gut aussehende, gepflegte Gesicht und spürte, wie Flammen der Wut in seiner Brust tobten und sich über seinen ganzen Körper ausbreiteten. Seine eiskalten Beine fühlten sich an, als wären unter seiner Haut soeben Tausende von kleinen Insekten erwacht. Er stützte sich auf die Arme und blieb schwankend aufrecht stehen. Seine verstopften Arterien öffneten sich, und er konnte sich wieder bewegen. Dabei protokollierte er seine eigenen Handlungen: Der Ermittler steht auf und streckt seine Arme und Beine. Er greift nach einem Handtuch und trocknet sich den verschwitzten Bauch
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