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Die Schnelligkeit der Schnecke

Die Schnelligkeit der Schnecke

Titel: Die Schnelligkeit der Schnecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Malvaldi
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hinhängen?«
    »Gegebenenfalls. Aber sie sind an den Wänden, und an den Wänden bleiben sie auch. Ich geh jetzt. Wir sehen uns morgen, denke ich.«
    »Ja, Chef. Bis morgen. Danke.«
    Als er auf dem Kommissariat ankam, wurde er unverzüglich ins Büro des Dott. Comm. geführt, in dem sich, neben dem Verantwortlichen für Recht und Ordnung, ein Mann um die sechzig und eine etwas jüngere Frau befanden, Letztere blond und sehr dünn. Sie saß auf der äußersten Kante des Stuhls, das ganze Gewicht auf den Fußspitzen, die Muskulatur der Beine angespannt, als sei sie bereit, jederzeit aufzuspringen. Der Mann hingegen hatte sich angelehnt, die Hände im Schoß gefaltet, aber das fortwährende Zittern der Zeigefinger ließ auf eine gewisse Nervosität schließen. Beide Männer waren aufgestanden, als Massimo eingetreten war, während die Frau im Startblock geblieben war und ihm nur den Kopf zugedreht hatte, mit einem entschlossenen, aber wenig überzeugenden Versuch eines Lächelns auf dem Gesicht.
    »Guten Tag, Signor Viviani. Professor Marchi und Signora Ricciardi. Der Professor ist der wissenschaftliche Leiter des Kongresses, die Signora ist die Vorsitzende des Organisationskomitees«, sagte Fusco, während Professor Marchi sich mit einem Kopfnicken und einem höflichen und etwas glucksenden »Guten Tag« zu erkennen gab.
    »Ich habe Sie rufen lassen«, begann Fusco wieder zu sprechen, nachdem Massimo sich gesetzt hatte, »weil wir ein Problem haben. Sie werden sich erinnern, dass vor zwei Tagen ein japanischer Professor, der am Kongress teilgenommen hat, überraschend verstorben ist. Und jetzt«, fuhr Fusco fort und warf Massimo einen Blick zu, der absichern sollte, dass ihm nichts herausrutschte, was auf die Tatsache hindeuten könnte, dass er die ganze Geschichte bereits kannte, »haben wir ein Problem.«
    »Worum geht’s denn?«, fragte Massimo und beruhigte Fusco mit einer Kopfbewegung, von der er hoffte, dass die anderen beiden sie nicht wahrnehmen oder verstehen konnten.
    »Leider konnte der Arzt den Totenschein nicht ausstellen. Ja, es sind sogar ziemlich augenfällige Beweise zum Vorschein gekommen, die klar darauf hinweisen, dass der Tod des Professors keiner natürlichen Ursache zuzuschreiben ist. All dies macht es erforderlich, offizielle Ermittlungen einzuleiten«, sagte Fusco, wobei er den Ton bei dem Wort »erforderlich« etwas verschärfte, als wollte er jemanden der im Raum Anwesenden darauf hinweisen, dass er nur seine Pflicht tat und dass es nicht seine Schuld war, wenn sich die Chemiker auf ihren Kongressen gegenseitig umbrachten. Professor Marchi nickte, um zu zeigen, dass er verstand.
    »Erforderlich, aber nicht schmerzlos«, setzte der Professor mit jener glucksenden Stimme hinzu, die nicht so recht zu seiner eleganten, nonchalanten Erscheinung und dem dichten, grau melierten Bart passen wollte. »Das heißt, wir sind uns im Klaren darüber, dass, wenn die Dinge so liegen, wie Dottor Fusco gerade dargestellt hat, eine Untersuchung erforderlich ist. Und damit sind wir auch einverstanden. Gleichzeitig befinden wir uns in einer schwierigen Lage. Ich bin sicher, Sie werden das verstehen«, sagte Marchi im liebenswürdigen Tonfall eines Menschen, der gewohnt ist, seine Stimme nicht erheben zu müssen, um Gehör zu finden. »Wir organisieren einen Kongress, was bedeutet, dass wir Verantwortung für unsere Gäste übernehmen.« Pause, damit die Zuhörer sich mit der Vorstellung vertraut machen können. »Es war schon ziemlich schmerzlich, vom Tod eines von ihnen zu erfahren. Jetzt wird uns eröffnet, dass möglicherweise ein Zweiter verhaftet werden könnte. Und das beunruhigt uns, da wir in gewissem Sinne für unsere Gäste verantwortlich sind.«
    »Niemand hat vom Verhaften gesprochen«, sagte Fusco und trommelte dabei mit dem Stift auf den Schreibtisch. »Aber wir sehen uns gezwungen, Vernehmungen durchzuführen. Ich habe Sie aus reiner Rücksichtsnahme einbestellt, um Sie zu benachrichtigen und Sie nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen. Mir ist absolut klar, dass die Situation außergewöhnlich ist, und ich bitte Sie, mir zu glauben, dass sie aus meiner Sicht sogar katastrophal ist. Um die Lage zusammenzufassen, ich sehe mich gezwungen, eine große Anzahl von Personen als potenzielle Zeugen zu vernehmen. Der größte Teil dieser Personen wird diesen Samstag Italien verlassen, was bedeutet, dass ich drei Tage habe, um sie zu vernehmen, denn es ist vollkommen unmöglich, für zweihundert Leute

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