Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
denn seinen Tipps hatten sie mehrere spektakuläre Festnahmen zu verdanken.
»Keine Sorge. Niemand weiß, dass ich hier bin.«
Der Russe schien jedoch immer wütender zu werden. »Vielleicht weiß es bei der Polizei niemand, aber was ist mit Bykow? Begreifst du nicht, dass dein Auftauchen hier mein Todesurteil sein kann?«
Widerwillig kehrte Sergej hinter seinen Schreibtisch zurück und ließ sich in dem schwarzen Ledersessel mit der hohen Rückenlehne nieder. An der Wand hinter ihm hing eine Weltkartemit dem Logo der Spedition. Auf seinem Gesicht wechselte der Ausdruck zwischen Nervosität und Unmut.
»Was willst du?«, fragte er.
Riku setzte sich auf einen Stuhl und legte gelassen die Hände auf die Armlehnen. »Was hast du mit den Informationen gemacht, die ich dir privat habe zukommen lassen?«
»Hab ich dir doch gesagt. Ich brauchte sie zur Tarnung.«
»Ich habe den bösen Verdacht, dass sie weitergegeben wurden.«
»Nein. Die werden nicht weitergegeben.«
»Wenn diese Informationen in die falschen Hände geraten, stehe ich in den Augen meiner Kollegen sehr schlecht da. Einer von ihnen gibt derzeit mehr Details weiter, als für Beschlagnahmungen nötig wären.«
»Ich verstehe nicht, wovon du sprichst.«
Über den Raum legte sich eine angespannte Stille.
»Der Mörder von Vera Dobrina ist Andrej Nowikow«, sagte Riku schließlich. »Ich war gezwungen, bei der Festnahme auf ihn zu schießen. Bevor er starb, hat er mir etwas Interessantes gesagt.«
Sergej beugte sich vor, weil Riku die Stimme senkte.
»Ich will wissen, wo ich Bykow finde«, forderte er.
Sergej lachte heiser. »Warum das denn?«
»Er weiß, wer der wahre Verräter bei der Polizei ist.«
»Und das erzählt er dir?«
Riku sah dem Russen in die Augen. »Wo wohnt er?«
»Du weißt, dass ich dir so etwas nicht sagen kann.«
Riku schob die Hand in die Jacke, zog ein Foto heraus und legte es auf den Tisch. Es zeigte zwei Männer in einem Wald. Der eine war Sergej.
»Ihr seid leicht zu erkennen, du und Sokolow. Das Gleiche gilt für das Erdversteck, in dem mehr als drei Kilo Amphetamin gefunden wurden. Nur Sokolow wurde erwischt. Bei der KRP wären manche sehr an diesem Foto interessiert.«
»Willst du mich erpressen?«
Riku stand auf, Sergej ebenso.
»Die Mühe muss ich mir gar nicht machen«, erklärte Riku. »Ich muss nur in Umlauf bringen, dass du ein V-Mann bist. Das genügt, und bevor du dich versiehst, hast du eine Kugel im Kopf.«
Sergej versuchte mit einem verzweifelten Sprung, an das Foto heranzukommen, aber Riku zog die Hand weg. Daraufhin schlug Sergej mit der Faust nach Rikus Gesicht, doch Riku wich aus und versetzte dem Russen einen Magenschwinger. Um Atem ringend sank Sergej zu Boden.
»Wolltest du das Foto hier haben?«, fragte Riku und hielt es Sergej vor die Nase. »Du hättest nur schön darum bitten müssen.«
Er ließ das Bild neben dem Russen auf den Boden fallen.
»Das Original ist sicher aufbewahrt. Und innerhalb von fünf Minuten bei der Polizei, wenn du mir nicht Bykows Adresse gibst.«
»Er wohnt in Sankt Petersburg.«
Die Antwort war unangenehmer, als Riku erwartet hatte. Er war davon ausgegangen, dass sich Bykow in Finnland oder Estland aufhielt.
»Du lügst«, sagte er zu Sergej.
»Warum sollte ich lügen?«
Riku fluchte innerlich. Er nahm Stift und Papier. »Die Telefonnummer und die genaue Anschrift!«
26
Mit widersprüchlichen Gefühlen fuhr Mira Jalava auf das Grundstück des großen, modernen Hauses in Espoo. Sie gab sich Mühe, ihre Nervosität unter Kontrolle zu halten, stellte den Motor ab, blieb aber im Wagen sitzen.
Was wusste sie letzten Endes von Riku? Und was hatte sie ihm nicht alles erzählt … War vielleicht doch er die undichte Stelle, die Ermittlungsergebnisse an Kriminelle durchsickern ließ?
Mira musste an ihre erste Begegnung außerhalb der Arbeitszeit denken. Sie hatte auf Rikus Fragen hin offen von den Fortschritten ihres Teams erzählt. Hatte er sie ausgehorcht?
Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Spielte Riku sein eigenes Spiel, zu dem es auch gehörte, dass er Mira eigene Erkenntnisse »enthüllte«, um im Gegenzug echte Informationen von ihr zu erhalten? War sie ihm an den Haken gegangen?
Mira schüttelte den Gedanken ab. So etwas wollte sie nicht glauben, jedenfalls noch nicht in diesem Stadium. Riku war ein ausgezeichneter Polizist, der sich nun gefährlich im Netzwerk seiner Informanten verstrickt hatte. Sie empfand eine starke Zuneigung für ihn,
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