Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
ein, wonach er über erstklassige Beziehungen zu Vertretern des Ministeriums für elektrotechnische Industrie verfügte. Von den Mitarbeitern dieses Ministeriums waren viele in der Praxis nichts anderes als Technologiebeschaffer der Streitkräfte, des Militärgeheimdienstes und des KGB. Es ist möglich, dass die Sowjetunion Ralf Tanner für einen bedeutenden Vermittler von Hochtechnologie hielt. Sie hatte dringenden Bedarf an westlicher Technologie, das war eine Existenzfrage.«
»Wurde Ralf Tanner dann von den USA oder von der UdSSR zum Schweigen gebracht?«, fragte Jalava.
Vatanen überging die spitze Bemerkung ausdruckslos. Stattdessen wollte er wissen: »Wo hast du die Akten her?«
»Sie lagen bei seiner Exfrau in der Garage. Aber wie es aussieht, hat sie vom Treiben ihres Mannes in der Sowjetunion nichts gewusst.«
»Gibt es etwas Neues von seinem Sohn?«
»Vorläufig nicht.«
»Du hast im Fall Dobrina mit der Abgeordneten Laaksonen gesprochen?«, mischte sich Pesola ein, der schräg hinter Jalava im Sessel saß.
Markku drehte sich zu ihm um und merkte, dass er seinen wütenden Blick nicht unter Kontrolle hatte.
»Sie hat es selbst erzählt«, meinte Pesola, bevor Jalava fragen konnte, woher diese Information stammte.
»Ihr Name stand in Dobrinas Notizheft, wie auch der von Ralf Tanner«, erklärte Jalava. »Sie hat zugegeben, dass Vera Dobrina sie angerufen hatte, um ein Treffen zu vereinbaren. Allerdings hatte die Dobrina nicht verraten, um was es ging – jedenfalls behauptet Frau Laaksonen das. Unsere Abgeordnete kennt auch Andrej Nowikow aus seiner Zeit in der russischen Botschaft in den Achtzigerjahren. Sie scheint mir im Zusammenhang mit diesem Fall eine ziemlich interessante Figur zu sein.«
»Ich drücke mich nun möglichst deutlich aus«, sagte Pesola. »Überlass die Laaksonen uns. Wir kümmern uns um sie.«
Angespannte Stille machte sich breit.
Erst jetzt verstand Markku, dass Pesola nur wegen Frau Laaksonen an diesem Gespräch teilnahm. Die SiPo wollte die Abgeordnete mit all ihrer Autorität schützen. Also mischte sich die hohe Politik doch in die Verbrechensermittlung ein.
»Ich glaube, diese Besprechung ist hiermit zu Ende«, erklärte Markku und stand auf.
»Kannst du uns freundlicherweise die Ordner zukommen lassen?«, sagte Vatanen in seinem Rücken.
Markku erwiderte nichts, sondern marschierte zur Tür hinaus.
37
Sebastian betrat das spanische Restaurant in der Berliner Goethestraße. Die Tische waren mit rot-weiß karierten Tüchern gedeckt, an den grob verputzten Wänden hingen Knoblauchbündel. Zwei junge Männer in Jeans füllten sich am Mittagsbüffet die Teller.
Kurz zuvor war Sebastian am Arbeitsplatz von Rainer Bauer bei der Firma CMP Technik gewesen, wo ihm der Pförtner gesagt hatte, Bauer esse gerade in seinem Lieblingsrestaurant zu Mittag.
Sebastian ging durch den Raum und blickte sich um. Er hatte ein Foto von Bauer auf der Homepage der Firma gesehen und glaubte, den vierzigjährigen blonden Ingenieur wiederzuerkennen. Der Homepage zufolge entwickelte CMP verschiedene Automationssysteme für den industriellen Gebrauch.
An einem Tisch saßen vier Männer, die ihre Jacketts über die Stuhllehnen gehängt und die Hemdsärmel aufgekrempelt hatten, und lachten laut. Einer von ihnen sah aus wie der Mann, den Sebastian suchte. Sebastian ging zu dem Tisch hinüber.
»Sind Sie Rainer Bauer?«
Der Mann sah ihn überrascht an. »Ja«, antwortete er.
»Ich muss mit Ihnen reden.«
»Worum geht es?«, fragte Bauer unsicher.
»Ich möchte mich lieber unter vier Augen mit Ihnen unterhalten.«
Bauer musterte Sebastian kurz argwöhnisch, stand dannaber dennoch auf und folgte dem Fremden in eine Ecke im vorderen Teil des Lokals.
»Sie kennen doch einen Mann namens Peter Richter?«
Bauers Miene verfinsterte sich. »Wer sind Sie eigentlich?«
»Richter ist ein ehemaliger Ingenieuroberst der Stasi. Ich möchte Informationen über ihn.«
»Ich habe Ihnen nichts zu berichten.« Bauer wandte sich ab.
»Sie beide haben hinter den Kulissen miteinander zu tun. Wollen Sie, dass Ihr Vorgesetzter davon erfährt?«
Bauer blieb stehen und drehte sich langsam wieder zu Sebastian um. »Ich kenne keinen, der so heißt. Ich habe mit Ihnen nichts zu bereden.«
Zornig marschierte er an seinen Tisch zurück.
Sebastian sah ihm nachdenklich hinterher.
Mira stand in der Kalevankatu vor dem Gebäude des Verlags Dynamo und versuchte sich ein Bild der Ereignisse zu machen. Elina Aro hatte
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