Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
Orten prüfen, die auf der Liste nicht markiert sind …«
Erneut drückte Riku die Tasten des Navis.
»Wieder keine Ortschaft. Aber in der Nähe liegt Kossa.«
»Kossa«, wiederholte Elina. »Dort befindet sich einer der DDR-Bunker, deren Verwendungszweck noch immer unklar ist.«
Sebastian streckte die Hand nach hinten aus, und Elina reichte ihm das Blatt, sodass auch Riku den Text sehen konnte.
Wie Elina gesagt hatte, waren nur die Koordinaten von Ramstein und Bärenstetten eingekreist.
»Falls Meteor etwas mit Ramstein zu tun hat, dann muss auch Bärenstetten eine Bedeutung dafür haben«, sagte Sebastian. »Also fahren wir über Bärenstetten nach Berlin zurück.«
Elina stutzte bei Sebastians Vorschlag, widersprach aber nicht, als sich der Wagen wieder in Bewegung setzte. Dass Sebastian einen Mann erschossen hatte, ließ ihr keine Ruhe, aber anderseits wuchs auch ihre Neugier immer mehr.
»Woraus schließt du, dass Frey gefoltert worden ist?«, fragte sie Sebastian nach einer Weile.
»Aus den Blutflecken.« Die Antwort kam zögernd, weshalb sie Riku sofort aufgriff.
»Wahrscheinlich hast du bei deinen Fotoreportagen allerhand gesehen und gelernt.«
Sebastian wirkte mürrisch und hatte eindeutig nicht die Absicht zu antworten.
Elina kamen die Verhör- und Foltermethoden in den Sinn,die von der Stasi mithilfe deutscher Ingenieurskunst grausam und effektiv perfektioniert worden waren. Nach dem Krieg hatte die DDR ehemalige Gestapo-Mitarbeiter in den Dienst der Stasi genommen. Zu deren Know-how kam all das hinzu, was man vom großen Bruder im Osten lernte. Am Ende wusste die Stasi bestens darüber Bescheid, wie man einen Menschen brechen konnte. Häftlinge wurden auf unbestimmte Zeit in enge Zellen gesperrt, teils in Isolationszellen von anderthalb Quadratmetern. In manchen Zellen gab es Metallwände und Rohre, die eiskaltes Wasser verspritzten. Außerdem folterte man die Gefangenen durch Lärm, Licht, Demütigungen, durch die Misshandlung von Angehörigen vor ihren Augen oder durch Scheinhinrichtungen. Sie wurden gewürgt, unter Wasser getaucht, man gab ihnen Elektroschocks. Dann bot man ihnen eine Zigarette und Kaffee an, bis unvermutet wieder die Schinderei einsetzte. Noch heute gab es Tausende von Stasi-Opfern, die ihre psychischen Verletzungen nicht verwunden hatten. Sie würden sich nie ganz davon erholen.
Feliks saß blass auf der Couch in seinem großen Wohnzimmer in Helsinki. Es brannte lediglich eine Stehlampe. Er wagte es nicht, erneut die Nummer von Schwarz zu wählen. Stattdessen hatte er bereits Kontakt mit seinem zweiten Vertrauensmann in Berlin aufgenommen, mit Wolfgang Ruhe, und diesen gebeten, unverzüglich zu Freys Haus zu fahren.
Ruhe gehörte dem »Stabkreis« an, einer Vereinigung, die ehemalige Stasi-Offiziere nach dem Zusammenbruch der DDR gegründet hatten. Feliks passte es nicht, dass Ruhe zu diesem Kreis gehörte, er bediente sich normalerweise nur einsamer Wölfe, die er entweder persönlich kannte oder über die er in allen Einzelheiten informiert war. Nachdem er den KGB verlassen hatte, war er über die alten Netzwerke auf zahlreiche brauchbare, verbitterte Ex-Offiziere gestoßen. Ein KGB-Offizier, der unmittelbar vor dem Zerfall der Sowjetunion denRang eines Hauptmanns innehatte, verdiente ebenso viel wie der Leiter einer Fabrik oder einer Forschungseinrichtung. Als Jelzin aber fast ein Drittel der KGB-Stellen abgeschafft hatte, waren all diese Männer arbeitslos. Ihnen blieben nur Wut und Depression.
Solche Männer waren leicht zu engagieren, weshalb sich die KGB-Netzwerke bald in die kriminellen Kreise und in die Wirtschaft hinein ausgebreitet hatten. Kirill Rischnikow, Feliks’ Kollege aus der Desinformationsabteilung, hatte wie viele andere die Chance erkannt, die sich nun bot, da die einfache Bevölkerung den Wert der Privatisierungskupons staatlicher Betriebe nicht verstand.
Feliks war nicht verbittert darüber, diese Chance nicht selbst ergriffen zu haben. Ihm genügte der gut bezahlte Job in Kirills Firma. Er beneidete Kirill nicht um seine Verantwortung und schon gar nicht um seine Gegner, deretwegen Feliks in den Anfangsjahren rund um die Uhr Personenschutz für Kirill und seine Familie organisiert hatte. Als TerraEnergo mit den Jahren immer mehr gewachsen war, hatte Feliks als Sicherheitschef Hunderte von Mitarbeitern für verschiedene Wach- und Sicherheitsaufgaben in den Häfen, Raffinerien und in der Verwaltung einstellen müssen.
Am Drogenhandel waren
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