Die Schockwelle: Thriller (German Edition)
dem Wartburg blieb er stehen und ging in die Hocke. Mit den Fingerspitzen fuhr er leicht über den Boden und dann über einige Spritzer an der Wagentür.»Hier ist ebenfalls Blut. Haben sie Frey im Haus gefunden und dann hierher gebracht? Ist der Stasi-Offizier das Opfer der gleichen Verhörmethoden geworden, die er selbst bei anderen angewandt hat?«
Riku starrte auf den Stuhl, auf den Boden und auf das Auto. Offensichtlich war hier ein Mensch gefoltert worden.
»Hier ist eine Art Luke«, sagte Elina. Sie war in die Scheune nachgekommen und stand nun in einer Ecke. Riku eilte zu ihr und sah eine Falltür mit Griff, die früher unter den Bodenbrettern verborgen gewesen sein musste. Nun hatte sie jemand mit Axtschlägen freigelegt.
Riku bückte sich und zerrte an dem Griff, aber die Luke ließ sich nicht bewegen. Sebastian half ihm, und als sie gemeinsam mit aller Kraft zogen, gelang es ihnen, sie etwas anzuheben.
»Die Eisenstange«, keuchte Riku und nickte in Richtung Wand. Sebastian griff nach der Stange, die dort lehnte, und schob sie in die schmale Öffnung unter die Luke. Schließlich schafften sie es, die Luke hochzustemmen. Riku richtete das Licht der Taschenlampe in eine leere Kammer mit Betonmauern. Sie war niedrig, nur gut einen halben Meter tief.
Draußen hörte man das Krachen einstürzender Balken.
»Man sieht das Feuer sicher schon von Weitem, bald werden Leute kommen«, sagte Sebastian.
Sie liefen nach draußen, wo der tote Mann im Schein des Feuers gespenstisch erleuchtet dalag. Sebastian durchsuchte rasch die Taschen der Leiche, wobei er die Hand mit einem Papiertaschentuch bedeckte, bevor er der Reihe nach Portemonnaie, Autoschlüssel und Handy zum Vorschein brachte und auf die Erde legte.
Riku registrierte, wie selbstverständlich Sebastian darauf achtete, keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Er sah zu Elina hinüber, ihre Blicke trafen sich. Riku bückte sich nach dem Portemonnaie und bedeckte seinerseits die Finger mit dem Hemdzipfel.
»Schwarz, Melker. Erdener Straße 16, Blankenfelde. Prägt euch das ein. Was ist mit dem Telefon?«
»Ist eingeschaltet«, antwortete Sebastian. »Ich nehme es mit, damit wir es uns genauer ansehen können.«
»Nein, wir schauen uns nur rasch seine beiden letzten Gespräche und SMS-Nachrichten an. Wenn man uns aus irgendeinem Grund anhält, will ich wirklich nicht, dass die Polizei bei uns das Handy eines Mannes findet, den du kurz zuvor erschossen hast.«
Sebatian reagierte nicht auf Rikus vorwurfsvollen Ton, sondern nannte die Nummern der jüngsten Telefonate, und Elina schrieb sie auf. Textmitteilungen waren keine gespeichert.
Riku bückte sich und legte das Portemonnaie zurück in die Tasche des Toten. »Ich nehme den Schlüssel; wir sehen uns seinen Wagen an.«
Sie eilten die Straße hinunter. Zweihundert Meter von ihrem Geländewagen entfernt sahen sie einen kleinen Škoda stehen.
»Ich werfe rasch einen Blick hinein. Ihr könnt mich dann auflesen«, sagte Riku und rannte weiter.
Er streckte die Hand mit dem Schlüssel aus und drückte die Fernbedienung der Zentralverriegelung, worauf die Scheinwerfer des Škoda kurz aufleuchteten. Beim Öffnen der Tür bedeckte er wieder die Hand mit dem Hemdzipfel. Im Innenraum des Wagens war nichts Besonderes zu erkennen. Im Kofferraum lag jedoch eine Plastiktüte. Sie enthielt Unterlagen und ein Buch mit schwarzem Einband, dessen Seiten von Hand beschrieben waren, es sah aus wie ein Tagebuch. Riku glaubte zu erkennen, dass es sich um dieselbe Handschrift handelte wie auf der Rückseite der Tankquittung. Um die Schrift von Gerhard Frey.
Dann hielt auch schon der Landrover neben ihm. Er nahm die Plastiktüte aus dem Kofferraum und warf den Autoschlüssel auf den Fahrersitz des Škoda.
47
»Verdammter Mist«, murmelte Feliks vor sich hin.
Er stand im Wohnzimmer seiner Wohnung in Ullanlinna und umklammerte das Telefon. Warum hatte sich Schwarz immer noch nicht gemeldet?
Unruhig machte er ein paar Schritte, dann blieb er wieder stehen, versuchte sich zu beruhigen, auch wenn er wusste, dass ihm das nicht gelingen würde.
Was war in Freys Haus geschehen?
Bei den Vorbereitungen für Meteor hatte Gerhard Frey großen Eindruck auf Feliks gemacht. Kennengelernt hatte er den Deutschen in Karlshorst, dem größten Stützpunkt des KGB außerhalb der Sowjetunion, wo die Stasi all ihr relevantes Wissen abgeliefert hatte. Frey war damals »Offizier im besonderen Einsatz« gewesen. Er war der Sohn eines
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