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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einsprach, und dachte: O Gott, wie hohl ist das alles. Wie aufgeblasen. Wie pfauenhaft. Es ist wirklich ein Wunder, daß die Männer nicht krähen und die Frauen nicht gackern.
    Die Party mit dem kalten Büffet ging vorüber. Kurt Holtmann wurde nicht mehr mit Fragen belästigt, es hatte sich herumgesprochen: Der Schwiegersohn in spe ist noch unmöglicher als der Sohn Sassens.
    Nur einmal noch wurde Kurt mit der ›Lage‹ konfrontiert. Fritz Sassen ging an ihm vorüber, blieb kurz stehen, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Du gefällst mir, Junge.«
    »So?«
    »Du hast die Gesellschaft ganz schön durcheinander gebracht. Generaldirektor Dr. Vittingsfeld behauptet, nur knapp einem Herzinfarkt entgangen zu sein. Aber du hast genau das gesagt, was ich denen auch schon oft ins Stammbuch schreiben wollte. Aber dann fehlte mir immer der Mumm dazu. Ich bin froh, daß du jetzt eingesprungen bist. Bravo!«
    Vor der Weinprobe winkte Dr. Ludwig Sassen verstohlen Kurt zu und bat ihn in die Bibliothek. Holtmann nickte. Nun kracht es, dachte er. Mein lieber Schwiegervater, ich habe noch ganz andere Sachen auf der Pfanne! Im Pütt ist es nicht so ruhig, wie ihr alle glaubt. Im Pütt gärt es.
    Dr. Sassen war aber diplomatischer, als es Holtmann erwartete. Kein Wort des Vorwurfes, keine Ermahnungen, gar nichts sagte er von dem Vorfall. Er schenkte Kurt und sich einen Kognak ein und prostete ihm zu.
    »Ein gelungener Abend, mein Junge!« sagte er sogar. »Sabine ist glücklich, und auch Veronika akzeptiert dich. Davor hatte ich Angst.«
    »Davor hatte ich auch Bammel, aber Angst kann man das nicht nennen.«
    Dr. Sassen sah Kurt lächelnd an.
    »Du hast wohl nie Angst, was?«
    »Nein! Angst und unsere Arbeit vor Ort, das paßt nicht zusammen. Wer an der Kohle steht, kennt keine Angst.«
    »Ich habe für dich einen Auftrag. Eine große Aufgabe.«
    »Bitte …«
    »Ich habe mit den maßgebenden Herren eben gesprochen. Du sollst nach Brüssel gehen, in das Sekretariat der beratenden Kommission der Montanstaaten. Natürlich erst nach der Hochzeit, mein Lieber. Ihr werdet in einem Vorort von Brüssel einen entzückenden Bungalow bewohnen –«
    »Danke.« Kurt Holtmann legte die Hände auf den Rücken. »Davon verstehe ich nichts.«
    »Man hat sich in wenigen Wochen eingearbeitet. Du bist doch ein intelligenter Bursche.«
    »Mit anderen Worten: Ich sitze in Brüssel und habe nichts zu tun. Aber hier störe ich nicht mehr. Stammt der Gedanke von Generaldirektor Dr. Vittingsfeld?«
    »Eine Anregung, die ich aufnahm.« Dr. Sassen wiegte den Kopf hin und her. »Aber du siehst das falsch. Du kennst noch nicht die Verquickungen in der Großindustrie, mein Junge. Vittingsfeld ist eine Schlüsselfigur an der Ruhr. Er sitzt in allen Aufsichtsräten, er hat Aktienpakete, dreimal den Dr. h.c., wenn er seufzt, fallen auf den Börsen die Kurse! Das muß man wissen, aber das lernst du noch alles.«
    »Man muß auch wissen, daß ein Mann wie Vittingsfeld durch die Arbeitskraft seiner Leute an der Sonne gehalten wird.«
    »Und die Arbeiter verdienen durch seine Unternehmerinitiative.«
    »Was nützt ihm alle Initiative, wenn er keinen hätte, der für ihn die Dreckarbeit macht? Mit dem Gedanken allein, jetzt mache ich Rundstahl, ist noch keiner weit gekommen. Es sind immer welche nötig, die am Hochofen stehen und an den Walzen. Beide Seiten sind aufeinander angewiesen. Die einen stehen vor der Kohle und brechen sie, die anderen verkaufen sie über Tage. Wenn eine Seite ausfällt, was bleibt dann? Und ich glaube nun doch wieder, daß mein Platz vor der Kohle ist.«
    »Darüber sprechen wir noch.« Dr. Sassen sah auf seine Uhr. »Ich muß die Weinprobe anlaufen lassen.«
    »Ich würde gerne nach Hause gehen«, sagte Kurt Holtmann.
    »Sabine würde dir das sehr übelnehmen.« Dr. Sassen ging zur Tür der Bibliothek. »Es ist eigentlich ihr Abend. Revolutionär sein, mein Junge, ist ganz schön und gut. Aber der wahre Kämpfer teilt nicht nur aus, sondern ist auch stark genug, Streiche einzustecken. Man muß stehen können, länger als der Gegner. Man siegt nicht, indem man kneift.«
    Dr. Sassen stieß die Tür auf. Arm in Arm traten sie unter die wartenden Gäste.
    Das Fußballspiel am Sonntagmorgen überstieg nicht nur alle Erwartungen, sondern setzte sogar das Interesse an den Bundesligaspielen vorübergehend außer Kraft. Wenn sonst am Sonntag die männlichen Bewohner Buschhausens sternförmig ausschwärmten, um den Spielen ihrer großen Vereine

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