Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
große Zechentor … die Namen der Geretteten, der Verletzten.
    Aus der wartenden stummen Masse bröckelten Teile ab. »Er lebt!« gellte ein Schrei. »Hubert ist draußen!« Eine Frau drückte ihre drei Kinder an sich und weinte laut. »Vati ist gerettet!« schluchzte sie. »Kommt, er ist im Krankenhaus. Er lebt! Er lebt!«
    Eine alte Frau kniete plötzlich nieder, warf sich in den Staub und betete. Der Name ihres Sohnes stand auf der Liste. Ihre welken Lippen bewegten sich im stummen Gebet.
    Eine andere Frau, jung und schwanger, wurde von zwei alten Männern gestützt und abgeführt. Sie konnte nicht mehr gehen, ihre Beine wollten ihr den Dienst versagen. Aber ihr Gesicht leuchtete, ihre Augen glänzten, ihr Mund lachte.
    Er lebt … er lebt …
    Die anderen warteten weiter, hoffend und stumm. Die nächste Liste. Würde er draufstehen? Oder blieb er unten, in der brennenden Hölle? Sie standen da, wieder eng zusammengedrückt, eine kompakte Masse Leid und Anklage. Sie wich nur ein wenig zur Seite, als eine Autokolonne aus Gelsenkirchen vorfuhr und in das Zechengelände eingelassen wurde. Generaldirektor Vittingsfeld mit einigen Herren des Konzerns war eingetroffen. Er begab sich sofort ins Betriebsführerbüro und verlangte Dr. Sassen.
    »Ist eingefahren«, sagte der Ingenieur, der am Telefon saß und die Verbindung mit der 6. Sohle aufrechterhielt. Um Dr. Vittingsfelds Mundwinkel zuckte es nervös.
    Sassen ist unten, dachte er mit einem fatalen Druck im Magen, Vater und Sohn sind unten. Ob das Sinn hat, ob sie hier oben nicht wichtiger wären, spielt keine Rolle, sie stehlen jedenfalls die Schau, man wird von ihnen sprechen, die Zeitungen werden voll sein von ihren Heldentaten, man wird sie feiern. Zum Kotzen das, dachte Dr. Vittingsfeld.
    »Haben Sie Sprechverbindung mit Dr. Sassen?« fragte er den Ingenieur.
    »Ja.«
    »Geben Sie mal her!« Vittingsfeld setzte sich an den Apparat. »Sassen!« rief er in den Hörer. »Hier Vittingsfeld. Ich bewundere Ihren Mut, aber was soll das? Kommen Sie sofort rauf! Es ist notwendig, daß wir hier oben die Ruhe aufrechterhalten. In zehn Minuten kommt die Bergkommission, um ihre Untersuchung einzuleiten. Die Staatsanwaltschaft hat sich auch schon gemeldet, warum, das weiß ich nicht. Irgendein Idiot soll ihr erzählt haben, daß die Sicherheitsvorkehrungen auf Emma II nicht stimmten. Sie müssen sofort rauf und das richtigstellen!«
    Dr. Ludwig Sassen stand neben seinem Sohn am Telefon des Obersteigers und lächelte grimmig.
    »Hören Sie, Vittingsfeld«, rief er nach oben, »ich gehöre hierhin zu den Kumpels, verstehen Sie mich! Ich bleibe so lange unten, bis alle Rettungsmaßnahmen abgeschlossen sind. Das ist meine menschliche Pflicht. Was Ihre Sicherheitsdebatte angeht, so überlasse ich es Ihnen, sie zu führen. Ich bin theoretisch nicht mehr im Amt, man hat mir einen Tritt in den Hintern gegeben, weil ich die Wahrheit erkannte, wenn auch ziemlich spät. Nun halten gefälligst Sie den Kopf hin, der meine ist nicht mehr zuständig. Das ist alles. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.«
    »Sassen!« Dr. Vittingsfeld schlug mit der Faust neben dem Telefon auf den Tisch. »Wer war der verantwortliche Direktor von Emma II? Ich oder Sie? Na also. Man wird Sie zur Rechenschaft ziehen! Sie, nicht mich! Wenn wirklich etwas nicht stimmte mit der Bewetterung, haben das Sie auszubaden!«
    Dr. Sassen sah seinen Sohn grimmig an. Er hängte ohne eine Antwort ein und lehnte sich gegen die Wand der Steigerkabine.
    »Hast du gehört?« sagte er zu Fritz. »Sie wälzen alles auf mich ab. Sie schieben mir die alleinige Schuld zu. Sie werden versuchen, mich zum Mörder von 400 Bergmännern zu stempeln.« Dr. Sassen legte beide Hände auf die Schulter seines Sohnes. »Wir müssen uns wehren, sonst gelingt ihnen das.«
    Das Schlagwetter, wie war es gekommen?
    Zwei Stunden vorher, als sich das Unglück noch nicht ereignet hatte, aber unmittelbar vor der Tür stand, hatte sich der Hauer Bruno Bandeski zurückgezogen und saß in einer Felsnische, um einen Schluck aus der Blechflasche zu trinken und einen Bissen von Helenes Butterbroten zu verzehren. Die Grubenlampe stand neben ihm, und da Helene die Brote immer in die Morgenzeitung einwickelte, versprach es wie jeden Tag ein angenehmes zweites Frühstück zu werden. Ein Bissen, ein Schluck und die Schlagzeilen der Zeitung das führte sich Bandeski immer gemeinsam zu Gemüte, eins nach dem anderen.
    Hauer Bruno Bandeski, Vater von vier Kindern,

Weitere Kostenlose Bücher