Die schöne Ballerina (German Edition)
Die Küchengeräte waren eingebaut. Überall glänzten rostfreier Stahl und Chrom. Die Arbeitsflächen bestanden aus wasserabstoßendem Holz. Der Geschirrspüler machte beim Laufen nur ein kaum hörbares Geräusch, und in einem offenen Herd flackerte ein kleines Feuer. Sonnenlicht drang durch die Fenster und fiel auf die gekachelten Wände und den hölzernen Fußboden.
»Wie schön!«, rief Lindsay unwillkürlich aus.
Worth richtete sich langsam von dem großen Tisch in der Mitte auf, wo er gerade damit beschäftigt gewesen war, Fleisch zu klopfen. Das Jackett hatte er gegen eine weiße Schürze eingetauscht. Sein Gesicht drückte Erstaunen aus, bevor es sich in die gewohnt ausdruckslosen Falten legte.
»Kann ich etwas für Sie tun, Miss?«
»Was für eine herrliche Küche!«, gab Lindsay ihrer Begeisterung Ausdruck und ließ die Tür hinter sich zufallen.
Worth stand regungslos auf seinem Platz. Lindsay wanderte herum und bewunderte die schimmernden Kupferkessel und Pfannen, die über seinem Kopf hingen. »Wie geschmackssicher muss Mr Bannion sein, um zwei Welten so perfekt miteinander zu verbinden.«
»Gewiss, Miss«, kam die knappe Antwort. »Haben Sie sich verirrt?« Er wischte die Hände an einem weißen Tuch ab.
»Nein. Ich bin nur ein bisschen herumgewandert.« Lindsay ließ sich durch Worth, der nun wieder stocksteif auf der Stelle stand, nicht beirren. »Küchen haben mich schon immer fasziniert«, erzählte sie. »Sie sind der Mittelpunkt des Hauses, nicht wahr? Leider habe ich nie richtig kochen gelernt. Das hat mir immer leidgetan.«
Sie erinnerte sich an ihre kärglichen Mahlzeiten aus Salaten und Joghurt, die während ihrer Tänzerinnenzeit nur gelegentlich von Gerichten in französischen oder italienischen Restaurants ergänzt wurden. Nicht einmal den Kühlschrank in ihrem Apartment hatte sie regelmäßig benutzt. Essen war etwas, das man in der Hektik des Tages meist vergaß. An Kochen war gar nicht zu denken.
»Ich bin schon froh, wenn es mir gelingt, eine Thunfischdose zu öffnen, ohne mir in die Finger zu schneiden«, gestand sie. »Aber Sie sind gewiss ein ausgezeichneter Koch. Das sieht man Ihnen gleich an.« Lindsay stand gerade neben einem der Fenster, und das Sonnenlicht umspielte ihr fein geschnittenes Profil und schmeichelte ihrer makellosen Haut.
»Ich tue, was ich kann, Miss. Darf ich Ihnen Kaffee im Salon servieren?«
Nun begriff Lindsay endlich, dass ihre Anwesenheit an diesem Ort unerwünscht war. Sie unterdrückte einen Seufzer. »Nein, vielen Dank, Mr Worth. Ich glaube, ich gehe jetzt lieber zurück und schaue, ob Mr Bannion sein Telefongespräch beendet hat.«
Kaum hatte sie den Satz beendet, als die Tür aufging und Seth erschien. »Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.« Die Tür schloss sich geräuschlos hinter ihm.
»Ich bin, ohne mir etwas dabei zu denken, in deine Küche eingedrungen.« Mit einem entschuldigenden Blick in Richtung Worth kam Lindsay auf Seth zu. »Seit ich zuletzt hier war, hat sich einiges geändert.«
Eine unausgesprochene Botschaft schien zwischen den beiden Männern ausgetauscht zu werden, bevor Seth sie am Arm nahm und aus der Küche herausführte.
»Und? Gefällt es dir?«
Sie sah zu ihm auf und meinte: »Bevor ich ein endgültiges Urteil fälle, sollte ich wohl besser noch den Rest sehen. Aber ich bin jetzt schon ganz hingerissen. Und es tut mir leid, dass ich so gedankenlos in die Küche spaziert bin. Das war unhöflich Worth gegenüber.«
»Er hat eine ganz bestimmte Meinung, was Frauen in seiner Küche angeht«, erklärte Seth.
»Ja«, stimmte Lindsay ihm zu. »Das habe ich zum Schluss endlich kapiert. Seiner Meinung nach haben also Frauen in der Küche nichts verloren.«
»Genau«, antwortete Seth mit einem breiten Lächeln.
Sie besichtigten die anderen Räume im Erdgeschoss – die Bibliothek, wo die alte Holztäfelung restauriert und von Hand gewachst worden war, das noch nicht fertig tapezierte Wohnzimmer und zum Schluss Worths Zimmer, die von spartanischer Einfachheit und blitzsauber waren.
»Der Rest der unteren Räume wird erst im Frühjahr in Angriff genommen«, kommentierte Seth, während sie die Treppe zum Obergeschoss hinaufstiegen.
Lindsay ließ ihre Finger über das Geländer gleiten.
»Das Haus ist grundsolide gebaut, und eigentlich gibt es sehr wenig zu reparieren und umzubauen«, fuhr Seth fort, während Lindsay dachte: Wie viele Hände mögen dieses Treppengeländer wohl schon berührt haben? Und dann
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