Die schöne Ballerina (German Edition)
Haustür aufgeschlossen.
Lindsay setzte den Wagen aus der Einfahrt zurück und machte sich auf den Heimweg. Sie stellte das Radio an. Monika hatte recht, dachte sie, die Straßen sind wirklich schrecklich.
Obgleich die Scheibenwischer mit Höchstgeschwindigkeit arbeiteten, konnte Lindsay kaum drei Meter weit sehen. Ihr Wagen kroch förmlich den Weg entlang, und sie konzentrierte sich darauf, nicht ins Rutschen zu kommen.
Sie war eine gute Fahrerin und kannte die Straßen, aber heute war ihr nicht sehr behaglich zu Mute.
Warum habe ich Monikas Einladung nicht angenommen? dachte sie. Jetzt komme ich in ein dunkles, verlassenes Haus und werde mich sehr einsam fühlen.
Einen Augenblick zögerte sie, weiterzufahren, und dachte daran, umzukehren. Bevor sie sich jedoch entschieden hatte, tauchte plötzlich vor ihr auf der Straße ein großer schwarzer Schatten auf. Sie erkannte einen Hund und versuchte instinktiv zur Seite auszuweichen, um das Tier nicht zu überfahren.
Der Wagen kam ins Schleudern, drehte sich um die eigene Achse. In ihrer Angst wollte Lindsay leicht bremsen und gegensteuern. Vergebens. Es krachte.
Lindsay durchzuckte ein scharfer Schmerz, und dann wurde es dunkel um sie.
Formen rannen ineinander, wichen zurück und begannen sich von Neuem zusammenzuschließen.
Langsam kehrte Lindsays Bewusstsein zurück. Als Erstes erkannte sie Seth, der sich mit besorgter Miene über sie beugte. Sie spürte seine Finger an ihrer Schläfe, dort, wo sich der Schmerz konzentrierte. Ihr Mund fühlte sich trocken an, und als sie zu sprechen versuchte, klang ihre Stimme krächzend.
»Was machst du denn hier?«
Er hatte die Augenbrauen finster zusammengezogen. Jetzt hob er eines ihrer Augenlider und sah ihr prüfend in die Pupille.
»Ich hatte dich eigentlich immer für einigermaßen vernünftig gehalten.«
Lindsay war noch zu benommen, um zu merken, dass er wütend war. Sie versuchte sich aufzurichten, aber Seths Hand hielt sie an der Schulter zurück. Sie entdeckte, dass sie auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer lag.
Im Kamin prasselte ein Feuer, es roch nach verbranntem Holz, und die Flammen warfen dunkle Schatten, denn der Raum wurde nur von zwei kleinen Lampen beleuchtet.
Lindsays Kopf ruhte auf einem handbestickten Kissen, und sie bemerkte, dass sie immer noch ihren Mantel anhatte. Sie versuchte zu begreifen, wie sie hierher gekommen war.
»Der Hund!«, rief sie plötzlich. »Habe ich den Hund überfahren?«
»Was für einen Hund meinst du?«
»Den Hund, der mir fast in den Wagen gerannt wäre. Ich glaube, ich konnte noch ausweichen. Aber genau kann ich mich nicht daran erinnern.«
»Willst du damit sagen, du bist gegen einen Baum gefahren, um einem Hund auszuweichen?«
Wenn Lindsay klar bei Verstand gewesen wäre, hätte sie endlich gemerkt, wie zornig Seth war. Aber sie griff nur mit der Hand an die Schläfe und meinte: »Bin ich vor einen Baum gefahren? Mir kam es eher wie ein ganzer Wald vor.«
»Bleib still liegen!«, befahl Seth und verließ das Zimmer.
Lindsay richtete sich mühsam zu einer sitzenden Position auf. Zuerst drehte sich alles um sie und die Schläfen schmerzten noch mehr, aber dann wurde es besser. Befriedigt lehnte sie den Kopf gegen die Sofalehne und schloss die Augen. Langsam kam die Erinnerung an das, was geschehen war, zurück.
»Ich sagte doch, du sollst still liegen!«
Lindsay schlug die Augen auf und lächelte Seth matt an. »Es geht mir besser, wenn ich den Kopf nicht so tief liegen habe. Wirklich. Was ist das?«
Seth hatte ihr ein Glas in die Hand gedrückt und ein paar Tabletten.
»Hier, Aspirin«, stieß er zwischen den Zähnen hervor. »Nimm sie!«
Sein Ton passte Lindsay überhaupt nicht, aber sie fühlte sich zu schwach, um zu widersprechen. Seth achtete genau darauf, dass sie die Tabletten herunterschluckte, bevor er aufstand und einen Brandy ins Glas goss.
»Warum, zum Teufel, bist du nicht bei Monika geblieben?«
Lindsay zuckte mit der Schulter. »Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich mich das gerade selbst gefragt, als der Hund vor mir auftauchte.«
»Und dann hast du bei glatter Straße gebremst, um ihn nicht zu überfahren!«
Jetzt merkte selbst Lindsay, wie wütend er war. »Nein, ich versuchte nur zur Seite zu fahren. Aber im Endeffekt läuft es wohl auf dasselbe hinaus. Ich konnte einfach nicht anders. Ich habe ihn doch nicht überfahren? Und mir ist ja weiter nichts passiert.«
»Weiter nichts passiert?« Seth drückte ihr brüsk den Brandy in die
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