Die schöne Ballerina (German Edition)
Andy.«
»Und lasst euch nicht von fremden Männern ansprechen!«
»Wir werden versuchen, sie vorher näher kennenzulernen.«
Andy grinste, lachte dann laut auf und drückte seine Mutter an sich.
Lindsay sah Mary an und fühlte mit einem Mal einen dicken Kloß im Hals. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie ihrer Mutter um den Hals fiel und schluchzend flüsterte: »Ich liebe dich! Alles, was ich möchte, ist, dass du glücklich wirst, sehr glücklich.«
»Lindsay!« Auch Marys Stimme klang verdächtig nach Tränen. Sie schob ihre Tochter an den Schultern ein wenig von sich und sah sie an. Lindsay konnte sich nicht daran erinnern, dass ihre Mutter sie jemals so konzentriert angesehen hatte, es sei denn, als Tänzerin. »Auch ich liebe dich, Lindsay. Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe, aber ich habe immer nur dein Bestes gewollt, oder jedenfalls das, was ich dafür hielt.«
Lindsay brachte keinen Ton heraus. Mary küsste sie auf beide Wangen und wandte sich dann Andy zu, um sich auch von ihm zu verabschieden.
Carol nahm die Gelegenheit wahr, Lindsay auf Wiedersehen zu sagen. Sie flüsterte ihr zu: »Und lass deinen jungen Mann nicht zu lange warten! Das Leben ist so kurz!«
Darauf ging sie mit Mary in die Wartehalle, die zum Abfluggate führte.
Als Lindsay sich zu Andy umdrehte, hingen immer noch Tränenspuren an ihren Wimpern. Er hakte sich bei ihr unter.
»Ich komme mir vor, als hätte ich gerade meine Mutter verloren«, sagte Lindsay. »Verrückt, nicht?«
»Ja, aber ich komme mir genauso vor. Was meinst du, sollen wir einen Kaffee trinken?«
Lindsay schüttelte den Kopf. »Ich möchte ein Eis. Ein großes Eis mit viel Sahne. Das ist im Augenblick das Richtige für mich. Und ich lade dich ein!«
Schon am späten Nachmittag zeigte sich, dass Carol mit ihrer Wettervorhersage recht gehabt hatte. Eine Stunde, bevor die Sonne unterging, begann es zu schneien.
Die Schülerinnen, die zum Abendunterricht erschienen, verkündeten die Neuigkeit. Lindsay lief zur Eingangstür und sah die ersten Schneeflocken fallen.
Seltsam, dachte sie, dass der erste Schnee immer ein so großes Ereignis ist. Er bringt uns zum Träumen. Später wachen wir dann meist unsanft auf, wenn wir Schnee schaufeln müssen, wenn die Straßen zugeschneit und die Wasserleitungen eingefroren sind.
Während der ersten Unterrichtsstunde dachte sie immer wieder an ihre Mutter und Carol. Bei deren Ankunft in Los Angeles würde es dort noch hell und wahrscheinlich noch warm sein. Jedenfalls viel wärmer als in Cliffside.
In der Pause, während sich die Schülerinnen ihre Spitzenschuhe anzogen, ging Lindsay noch einmal an die Tür. Ein kalter Wind blies ihr den Schnee ins Gesicht.
Es schneite jetzt sehr stark. Schon lagen ungefähr zehn Zentimeter Schnee auf der Straße. Wenn das so weiterging, käme bald der Verkehr zum Stocken.
Lindsay fand, es sei zu riskant, die Mädchen so lang im Studio zu halten.
»Heute fällt der Spitzenunterricht aus«, verkündete sie. »Diejenigen von euch, die nicht mit dem Wagen gekommen sind, müssen sofort zu Hause anrufen, damit sie abgeholt werden.«
Nach kurzer Zeit fuhren Mütter und Väter vor, um ihre Töchter in den Wagen zu verfrachten. Einige der Kleinen wurden von den Großen im Auto mitgenommen und zu Hause abgesetzt. Schließlich waren nur noch Lindsay, Monika und Ruth zurückgeblieben.
Lindsay fragte: »Hast du deinem Onkel Bescheid gesagt? Nicht, dass er sich Sorgen macht.«
»Ich übernachte heute bei Monika. Aber ich habe ihn trotzdem angerufen und gesagt, er solle sich wegen des Schnees keine Sorgen machen, wir würden gleich losfahren.«
»Gut.« Lindsay setzte sich und zog eine Cordhose über ihre Legwarmers. »Ich fürchte, in einer Stunde haben wir den schönsten Blizzard. Bis dahin möchte ich auf jeden Fall zu Hause sein und es mir mit einer Tasse heißer Schokolade gemütlich machen.«
»Hmm, klingt gut«, meinte Monika, die gerade den Reißverschluss ihres daunengefütterten Parkas schloss und die Kapuze über den Kopf zog. »Seid ihr fertig?«
Ruth nickte und schloss sich den beiden anderen Frauen an, als diese das Studio verließen. »Was meinen Sie, Miss Dunne, haben wir morgen wieder Unterricht?«
Sie mussten sich kräftig gegen den Wind stemmen, um zu ihren Autos zu kommen.
»Hör dir nur an, wie ehrgeizig sie ist, Lindsay. Kann einfach nicht genug kriegen, die Kleine«, rief Monika.
In schweigendem Einverständnis gingen alle drei zuerst zu Monikas Wagen, um ihn
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