Die schöne Betrügerin
heiraten. Um Himmels willen, er hält mich für einen Mann!«
»Aber er mag Sie. Und Sie wohnen doch eh schon hier. Wenn Sie ihn bitten, wird er Sie wahrscheinlich heiraten.«
Phillipa schloss die Augen. Wie sollte sie all das einem Kind erklären, das offenbar keine Ahnung hatte, wie die Welt der Erwachsenen funktionierte? »Robbie, wenn eine Frau einen Mann heiraten möchte, dann bittet sie ihn nicht. Sie muss warten, bis er sie um ihre Hand bittet. Aber ich will gar nicht, dass Mr. Cunnington mich bittet.«
Robbie zwinkerte sie an. »Sind Sie eine von den Ladys, die keine Männer mag? Haben Sie deshalb Hosen an?«
Meine Güte, wie konnte Robbie von einer Lebensform wissen, von der sie selbst kaum etwas ahnte? Sicher, sie hatte von derartigen Damen gehört, und in manchen Gesellschaften lebten diese Frauen das offen, wenn auch unauffällig…
Sie schüttelte den Kopf. Robbie brachte sie ganz durcheinander. »Ich bin mit Sicherheit keine von diesen Ladys, Robbie. Eines Tages heirate ich vielleicht tatsächlich, ich bin ja wirklich noch nicht so furchtbar alt. Aber Mr. Cunnington ist viel zu -« Mysteriös. Hinreißend. Unerreichbar. »Er ist viel zu einflussreich, um sich für jemanden wie mich zu interessieren«, sagte sie mit fester Stimme. »Und ich bin auch nicht an ihm interessiert.«
Lügnerin.
Robbie schien nicht recht überzeugt, aber er zuckte die Achseln. »Wie Sie meinen.« Er wandte sich zum Gehen. Dann drehte er sich wieder um. »Wenn Sie mit Miss Trapp tanzen -«
»Ich weiß, ich weiß. Das Führen nicht vergessen.«
Er grinste und verließ das Zimmer. Einen Moment lang?; konnte sie hinter seiner dünnen kleinen Gestalt den gut aussehenden Mann erkennen, der er einmal sein würde. Robert Cunnington, Herr von Appleby…
Es machte sie ganz wirr im Kopf. Auch wenn sie bezweifelte, dass er das Klettern jemals ganz bleiben lassen konnte.
»Der kleine Snob wird irgendwann einer von diesen vermögenden Dilettanten sein, die mit Gepäckwagen und Trägern auf die Berge steigen«, murmelte sie. Sie lächelte bei der Vorstellung, doch ihr Lächeln schwand, als ihr wieder Robbies Phantasien in den Sinn kamen. Genau genommen waren es nicht Robbies Phantasien, die sie so durcheinander brachten, sondern die Art, wie ihr Herz bei der Vorstellung gehüpft war.
Natürlich hatte sie nicht die Absicht, Mr. Cunnington zu heiraten. Sie war nicht im Geringsten verliebt, und sie hatte sich geschworen, nie ohne Liebe zu heiraten. Die Liebe, die ihre Eltern füreinander empfunden hatten, hatte ihr gezeigt, was eine wirkliche Ehe war, und sie würde sich nicht mit weniger zufrieden geben. Und für James Cunnington hegte sie derartige zärtliche Gefühle nicht.
Obwohl er absolut männlich war. Seine breite Statur kitzelte ihre animalisch weiblichen Instinkte, wie es kein asketischer Jüngling je vermocht hatte. Wenn sie die Hitze spürte, die sein breiter harter Körper verströmte, dann war ihr, als könne sie nur noch ihn spüren, ihn hören, ihn sehen – und keinen anderen mehr.
Ein Zauber. Das war es. Wenn er im Zimmer war, verfiel sie seinem Zauber. Damit war ihre Verwirrung überaus beledigend erklärt, bis auf einen Punkt. Sie glaubte nicht an Zauberei.
James zerrte an seiner Halsbinde. Denny schlug ihm die Hand weg und zog die Halsbinde gerade. Das könnte Ihnen so passen! Mit einer schief sitzenden Halsbinde ausgehen«, murmelte Denny. »Und mir nicht erlauben, sie aufzubügeln. Sie würden glatt in Unterhosen das Haus verlassen, Sie schon. Aber ich habe einen Ruf zu wahren, Sir!«
James lachte. »Sie haben zu viel Zeit mit Button verbracht, Denny. Falls Sie der Kammerdiener eines modischen Trendsetters sein wollen, befinden Sie sich, fürchte ich, im falschen Haushalt.«
Es klopfte an der Schlafzimmertür. Es war Phillip, der in seinen neuen Sachen wirklich elegant aussah. »Flip! Schnell, schaffen Sie mir Denny vom Hals. Ich ersticke noch an seinen Diensten!« Phillip lachte zwar nicht über den Scherz, aber sein Erscheinen lenkte Denny wenigstens von James ab.
»Mr. Walters!« Denny umrundete den jungen Hauslehrer und nickte widerwillig. »Ich sehe, Sie haben nicht die dumme Angewohnheit, sich ständig mit der Hand durch die Haare zu streichen. Und Sie haben dem Hemd einen schönen Faltenkniff verpasst.« Denny nahm Phillip an den Schultern und schob ihn vor James. »Sehen Sie, Sir. So sieht ein wahrer Gentleman aus.«
Phillip schluckte schwer, sein Gesicht überzog sich mit einem verstörten Rot.
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