Die schöne Betrügerin
James schüttelte den Kopf. »Er mag ja gut aussehen, Denny, aber der arme Kerl kann kaum atmen, so hoch wie ihm die Halsbinde an die Ohren reicht.«
Phillip löste sich aus Dennys zupfenden Händen und sagte: »Es sind nur die Kleider, fürchte ich. Da sieht jeder äh, männlich aus, wenn er Button in die Hände gefallen ist.«
»Hm.« Denny zupfte wieder an James’ Halsbinde herum »Button, Button, Button. Man könnte meinen, er sei der einzige Kammerdiener im ganzen Königreich.«
»Denny!«, schnitt James ihm das Wort ab. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, heute Abend ein Auge auf Robbie zu haben? Agatha wollte ihn eigentlich nehmen, aber sie fühlt sich in letzter Zeit nicht ganz wohl.«
»Mylady? Oh, du meine Güte.« Denny sah ernstlich besorgt aus. »Ach, bitte nicht Mylady!« Denny schniefte in seiner typisch pessimistischen Art. »Es ist sicher die Influenza. Hat sie schon nach dem Doktor geschickt? Nicht, dass es etwas helfen würde -«
Denny lief auf den Gang hinaus und spann im Gehen seine Leidensgeschichten weiter.
Phillip sah ihm nach, dann drehte er sich wieder um. »Vielleicht sollten wir nicht ausgehen, wenn Ihre Schwester so krank ist.«
James grinste. »Netter Versuch. Zum Glück für Ihren Ballkalender ist meine Schwester wohlauf. Oder wird es, wie ich vermute, zumindest in acht Monaten wieder sein.« Phillip riss die Augen auf. »Ist sie -«
James nickte, während er sich umdrehte und sich kritisch im Spiegel betrachtete. »Sarah, die Köchin, sagt das jedenfalls, laut Pearson, dem Butler, und Button hat es bestätigt.«
»Ja, du meine Güte. Welch… hoffnungsvolle Aussichten… für Mylady.«
Phillip hatte einen seltsamen Ausdruck in den Augen, fast so etwas wie… Neid? »Was ist denn, Flip? Sehnsucht nach eigenen ehelichen Freuden?«
Phillip sprang förmlich auf. »Was?«
»Nun, wenn Sie sich ernsthaft häuslich niederlassen wollten, trifft es sich gut, dass wir die Trapp-Mädchen begleiten, Ich habe in meinem ganzen Leben noch keine Mädchen gesehen die so darauf erpicht gewesen wären, in den Hafen Ehe einzulaufen.« Phillip zuckte zusammen, und James grinste über den entsetzten Ausdruck in seinem Gesicht.
»Ich w-will
nirgendwo
einlaufen.«
James lachte laut auf. »Dann gehen Sie besser nicht an Bord, Mann.«
Er legte Phillip kameradschaftlich die Hand auf die, Schulter. Phillip erstarrte unter der Berührung. Ah, ja. Er hatte nicht an den empfindlichen Jungmännerstolz gedacht,
»Wollen wir gehen? Wir müssen die Damen in Kürze abholen. Nicht, dass sie fertig wären, natürlich. Ich sehe uns schon mindestens eine dreiviertel Stunde im vorderen Salon, auf einer unbequemen Polsterbank sitzen und mit Mrs. Trapp parlieren.«
Phillip zwinkerte, sagte aber nichts. Komisch, er hatte so gut wie gar nichts mehr gesagt, seit sie beide mit der Arbeit an der Fibel fertig waren. Hatte er dem jungen Mann Angst gemacht? Je mehr er darüber nachdachte, desto sicherer warf er.
In der Kutsche entschloss er sich, Phillip zu beruhigen. »Sehen Sie, Flip… ich hoffe, Sie sagen es mir, wenn Sie irgendetwas brauchen – egal, worum es sich handelt. Und denken Sie nicht, ich könnte verärgert reagieren.«
Phillip zupfte nervös an seinen Manschetten. »Nein. Ich brauche nichts.
»Hm. Hören Sie, Phillip… vertrauen Sie mir?«
Phillip drehte sich weg. James konnte im trüben Licht nur ein grünes Blitzen erkennen. »Ich denke schon. Warum?«
»Weil ich möchte, dass Sie mir einen Gefallen tun.«
»Ja?«
»Ich möchte, dass Sie sich richtig anstrengen… nun… wie soll ich es ausdrücken? Seien Sie… männlicher.«
Es folgte eine kurze Stille. »Sie halten mich nicht für männlich?«
Phillip hörte sich absolut entrüstet an. James zog eine Grimasse. »So habe ich das nicht gesagt. Was ich meine, ist, falls Sie mehr so wirken möchten, könnte ich Ihnen behilflich sein. Ihnen ein paar Sachen beibringen, verstehen Sie?«
Von der anderen Seite der Kutsche war ein leises Glucksen zu hören. Verdammt, jetzt hatte er den Jungen verletzt. »Ich weiß, dass es nicht Ihre Schuld ist, Flip.«
»Nein, das ist es wirklich nicht.«
»Ich meine, Sie hatten vielleicht kein männliches Vorbild, dem Sie nacheifern konnten.«
Schweigen trat ein. James wartete ab, wusste, dass er sich auf unsicherem Boden bewegte.
»Stimmt. Ich kann aufrichtig sagen, dass ich nie einem männlichen Beispiel gefolgt bin.«
James lächelte erleichtert. »Also, dann. Wir können gleich morgen
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