Die schöne Betrügerin
anfangen.«
Wieder Schweigen. »Anfangen, womit?«
»Nun, Sie ein wenig zäher zu machen, damit. Ich mache noch einen richtigen Mann aus Ihnen, Sie werden schon sehen.«
»Oh. Das ist sehr… freundlich von Ihnen.« Phillips Stimme klang seltsam erstickt.
»Wenn Sie wollen, fangen wir schon heute Abend an.
Nehmen wir zum Beispiel diesen Ball. Es wird wahrscheinlich eine Art Rauchsalon geben, ein Spielzimmer und richtige Drinks, nicht nur irgendeine laue Limonade.«
»Hört sich unterhaltsam an. Männlich, vermute ich.«
»Exakt. Sie müssen mehr Zeit mit ausgewachsenen Männern verbringen, Flip. Und ich werde dafür sorgen, dass Sie das auch tun.«
»Wie kann ich Ihnen je dafür danken?«
»Jetzt übertreiben Sie nicht«, sagte James überschwänglich. »Es ist mir eine Freude, helfen zu können.«
12. Kapitel
Phillipa saß starr und im Zustand schieren Entsetzens in der Dunkelheit auf der anderen Seite der Kutsche. Er wollte einen Mann aus ihr machen? Wie? Und würden dabei enorme Mengen Schweiß fließen?
Wurde von ihr erwartet, dass sie unziemliche Geräusche von sich gab oder vielleicht sogar – Gott behüte –
spuckte
?: Oh, das war wirklich schrecklich.
Sie spielte im Geiste unzählige furchtbare Szenarien durch, bis die Kutsche vor einem bezaubernden Haus in einer teuren Gegend zum Stehen kam. Phillipa war froh, an etwas,
irgendetwas
anderes denken zu können, und wollte schon eine Bemerkung über die hübsche Gartenanlage in der Mitte des Platzes fallen lassen, als ihr einfiel, dass sie Mr. Cunnington damit womöglich zu weiteren Anstrengungen in Sachen »ein Mann werden« inspirierte.
Nun gut, keine Gartengespräche also. Worüber redeten die Männer? Politik? Sie wusste nur wenig vom Kriegsgeschehen, ihre persönlichen Erfahrungen ausgenommen. Sie glaubte kaum, dass ihre Ansichten zum beklagenswerten Benehmen französischer Soldaten im Haushalt fremder Leute von großem Interesse waren und wollte auch keine Neugier wecken, was ihre Vergangenheit betraf.
Sie ließ sich die Sache durch den Kopf gehen, während sie das Haus betraten.
Der vordere Salon der Trapps war recht komfortabel und sehr hübsch. Genau wie James es prophezeit hatte, dauerte es fast eine volle Stunde, bis die jungen Damen nach unten kamen, um ihre Begleiter zu begrüßen.
Bitty und Kitty schienen sehr nette Mädchen zu sein, wenn auch noch etwas jung. Plötzlich wurde Phillipa mit Erstaunen klar, dass sie kaum zwei Jahre älter war als die Zwillinge. Seit wann war sie so abgeklärt?
Seit der Zeit in der kleinen Zelle neben dem Kamin, entschied sie. Seit sie stundenlang in der Stille gekauert und auf eine Erlösung gewartet hatte, die nie gekommen war.
»Sie scheinen sehr in Gedanken, Mr. Walters. Sie müssen ein sehr ernsthafter junger Mann sein«, meinte eines der beiden Mädchen.
Phillipa vergaß nicht, sich zu verbeugen. »Ich bitte um Vergebung, Miss Trapp.« Das Mädchen war ihr als Miss Trapp vorgestellt worden, musste also die Ältere der beiden sein, wenn auch nur sehr kurze Zeit. Das andere Mädchen, Miss Kitty Trapp, sah Phillipa durchdringend an.
»Meine Güte, wie konnten Sie wissen, dass Sie mit Bitty sprechen?«
James schaute zwischen den Zwillingen hin und her. »Stimmt. Woher wussten Sie das? Ich kann die beiden unterscheiden, aber ich kenne sie auch schon eine Weile. Trotzdem gerate ich manchmal durcheinander, wie ich zugeben muss.«
Phillipa blinzelte. »Nun, für mich sehen sich die beiden kaum ähnlich.«
Miss Kitty Trapp gab Phillipa mit dem Fächer einen neckischen Schlag auf den Arm. »Keine Ähnlichkeit? Nun geben sie es schon zu, Sie haben einfach nur richtig geraten, nicht wahr?«
Phillipa fragte sich, ob sie etwas falsch gemacht hatte.
Sollte sie Verwirrung vorspiegeln? Wozu? »Natürlich sehe ich eine Ähnlichkeit, aber es gibt auch viele Unterschiede. Miss Kitty Trapp ist etwas größer als Miss Trapp. Miss Trapps Haar ist eine Nuance heller, während das Blau von Miss Kitty Trapps Augen um eine Spur dunkler ist.«
Mr. Cunnington starrte Phillipa lange nur an, während die Mädchen sie überschwänglich für ihre Beobachtungsgabe lobten. Offenkundig waren sie von der Vorstellung, doch unterschiedlich auszusehen, recht begeistert. Aber warum trugen sie dann identische Frisuren und Kleider?
»Sie haben unsere aufrichtige Zuneigung gewonnen, Mr. Walters«, schwärmte Bitty, die darauf bestanden hatte, dass Phillipa sie beim Vornamen nannte – natürlich, als ihre Mama gerade nicht
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