Die schöne Betrügerin
hingerissen. Wie frei Männer doch waren!
Sie hatte sich gerade entschlossen, die Flucht zu ergreifen, als zwei junge Männer in ihr Versteck kamen und einen Blick über die Schulter warfen, während sie sich unter die Palme duckten. Phillipa verschwand auf die andere Seite der gigantischen Palme, bevor man sie entdeckte. Nein danke, für heute hatte sie von Männern genug.
Sie zog die Weste glatt und wollte gerade gehen, um sich von der Gastgeberin zu verabschieden, als ihr der Bruchteil eines geflüsterten Gesprächs zu Ohren kam.
»… sobald ich sie auf dem Balkon habe, zählst du bis fünfzig, und dann holst du Mrs. Wint.«
»Warum denn ausgerechnet diese alte Schachtel? Die könnte sogar einem Elefanten das Ohr abquasseln!«
»Genau das will ich ja. Es darf niemand sein, der aus Rücksicht auf die Familie des Mädchens den Mund hält. Ich muss von jemandem gestört werden, der die Kleine ruiniert, wenn sie mich nicht postwendend heiratet.«
»Ich weiß nicht recht, Tuttle. Bist du dir denn sicher, dass du sie heiraten willst? Was, wenn sie irgendwann wie ihre Mutter aussieht?«
»Was kümmert mich, wie sie aussieht? Ihr Erbe wird mir die Gläubiger vom Hals halten, und ihr Papa ist auch immer für einen Treffer gut.« Dann folgte ein leises Kichern. les, was ich je von einer Frau wollte.«
»Aber Tuttle, haben die nicht einflussreiche Freunde?« »Noch ein Grund für eine schnelle Eheschließung in aller Stille. Tu einfach, was ich dir gesagt habe, und hör auf zu denken. Dazu fehlt dir das Talent.«
Die jungen Männer duckten sich durch die Palmwedel in den Ballsaal zurück und waren sofort im Getümmel verschwunden.
Phillipa packte die kalte Wut, als ihr aufging, was die beiden vorhatten. Eine ganz und gar öffentliche Kompromittierung, um eine junge Frau dazu zu zwingen, sich aus Angst vor der Schande zu verheiraten und ihr Erbe dieser verschuldeten Schlange zu übereignen! Phillipa wünschte, sie hätte die beiden höchstpersönlich vermöbeln können, doch sie musste daran denken, dass sie ja nun in Wirklichkeit kein Mann war. Sie konnte nur versuchen, die beiden aufzuhalten. Aber wie?
Phillipa umrundete den gigantischen Blumentopf mit der Palme und eilte durch den Ballsaal, ohne sich um ihre unziemliche Hast zu scheren. Verdammt. Wo war James? Dieser Tuttle war ein Hüne. Phillipa konnte ihn nicht allein aufhalten. Auf der anderen Seite des Ballsaals blitzte ein blonder Haarschopf auf. Kitty. Phillipa lavierte sich durch die Tanzenden, bis sie Kitty erreicht hatte. »Kitty! Kennen Sie einen Burschen namens Tuttle?«
»Meinen Sie John Tuttle? Wenn Sie John suchen, brauchen Sie nur nach Bitty Ausschau zu halten; sie sind gerade zu einem Spaziergang durch den Saal aufgebrochen.« Kitty deutete vage nach rechts.
O nein. Nicht Bitty.
Phillipa packte Kitty an der Hand und zerrte das verblüffte Mädchen hinter sich her, während sie Tuttle und Bitty nachlief. Von dem Pärchen war nichts zu sehen. Phillipa änderte abrupt die Richtung.
Der Balkon.
13. Kapitel
Phillipa zog Kitty in den schmalen Gang zum Salon. Die kichernde Tochter des Hauses hatte ihr vor einer Weile den Balkon und die angrenzenden Räume gezeigt. Der kleine Salon war dunkel. Kitty räusperte sich leise. »Phillip? Meine Schwester ist nicht -«
Phillipa hielt Kitty unverwandt fest und zerrte sie zu den Balkontüren. Sie öffnete eine der Türen und entdeckte Bitty, die sich gegen einen großen jungen Mann zur Wehr setzte. Sie hörte Stoff reißen.
»John, bitte! Sie tun mir weh! Hören Sie auf!« In Bittys Stimme lag ehrliche Angst.
Phillipa vernahm, wie sich an der Tür zum Ballsaal der Riegel bewegte. Ach je! Das war Merrick mit der Zeugin! Wer uns beide auseinander halten kann, und sei es nach langer Bekanntschaft, muss ein außergewöhnlicher Bursche. sein… Phillipa riss ihre Tür instinktiv weit auf, schupste die stolpernde Kitty auf den Balkon, riss Bitty aus den Armen des verblüfften John Tuttle und schob das Mädchen in den dunklen Salon. »Still«, befahl sie dem schluchzenden Mädchen, schloss die Tür und beobachtete das höchst interessante Szenario.
John stand in einem Rechteck aus goldenem Licht und gaffte mit offenem Mund die sittsame, untadelig gekleidete Version des Mädchens an, das er gerade eben noch geschändet hatte. Unter der offenen Balkontür standen der naive Merrick und eine stämmige, missmutige Witwe.
Die Frau schniefte. »John Tuttle, was machen Sie hier allein mit diesem Mädchen?«
Nichts
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