Die schöne Betrügerin
immer die Lady davontragen. »Also tun wir nichts?« Phillip knirschte mit den Zähnen. »Ich würde ihn am liebsten zu Mus schlagen.« Er sah auf seine ganz offenkundig zarten Hände. »Aber ich kann nicht.«
»Gott, nein. Wenn der Kerl eine solche Bestie ist, hätten Sie keine Chance!« Phillips Lippen zuckten. »Danke für Ihr Vertrauen.« Aber er schien nicht wirklich beleidigt zu sein, James nahm Bittys Hand und betrachtete sie nachdenklich. »Bitty, Sie sind meine Freundin und waren am heutigen Abend meine Schutzbefohlene. Was soll ich tun?« Bitty betupfte sich mit dem Taschentuch die Nase.
»Also das mit dem Mus hat sich gut angehört…«
»Das lässt sich arrangieren.«
Sie sah ihn mit zusammengezogenen Augen an. »Nein, wenn wir Ihnen sagen, wer es war, dann unternehmen Sie irgendetwas Ehrenhaftes, und alles wird nur noch schlimmer.«
James seufzte. »Das trifft wohl zu.« Kitty setzte sich zu ihrer Schwester. »Also, dann machen wir mit Plan A weiter.« James runzelte die Stirn. Das hörte sich gar nicht gut an. »Und der wäre?« Phillip grinste. »Ach, nichts, worüber Sie sich Sorgen machen müssten, James. Sehen Sie nur zu, dass Sie Kitty nicht noch einmal verärgern.«
James entschied, dass es besser war, die Einzelheiten nicht zu erfahren. »Und Kitty verspricht mir, dass sie vorsichtig sein wird. Ich möchte nicht, dass Ihnen dasselbe passiert.«
Bitty schüttelte den Kopf. »Kitty nicht. Sie würde sich nie auf einen verlassenen Balkon locken lassen. Außerdem hat sie immer ein Messer dabei.«
James zwinkerte und wandte sich der drallen, hübschen Kitty Trapp zu. Sie erwiderte sein Lächeln süßlich und klimperte züchtig mit den Wimpern. Mit einer Bewegung, die zu schnell für das Auge war, förderte sie eine schmale silberne Klinge zutage. James erkannte verstört eines jener klassischen Manöver wieder, wie der unvergleichliche Kurt sie im Repertoire hatte. »Wo haben Sie das gelernt?«
Kitty ließ ihre Grübchen sehen, und das Messer verschwand, so blitzartig wie es gekommen war. »Tante Clara. Sie hat uns beiden eines zum Geburtstag geschenkt, aber Bitty meint, das würde sich für eine Lady nicht ziemen. Ihr Lächeln schwand. »Oh, Bitty. Ich wollte dich nicht -«
Bitty reckte das Kinn vor. »Nein, du hast ganz Recht. Man muss immer danach streben, sich wie eine Lady zu benehmen, aber eines weiß ich jetzt: Man kann sich nicht darauf verlassen, dass jeder Mann sich wie ein Gentleman benimmt.«
»Das kann man tatsächlich nicht«, stimmte Phillip zu. »Aber wir sollten die Mädchen jetzt nach Hause bringen, James. Mrs. Trapp ist noch im Ballsaal. Sie wundert sich vermutlich schon, wo wir abgeblieben sind. Lenken Sie sie einen Augenblick lang ab. Ich hole unsere Umhänge. Kitty, richten Sie Ihre Schwester soweit her, dass Ihrer Mutter nichts auffällt. Dann bringe ich Sie beide zur Kutsche, und bis Ihre Mutter zu uns stößt, haben wir Bitty schon gut zugedeckt. Bitty hat sich erkältet. Kitty, Sie erklären sich bereit, sie ins Bett zu bringen, und kümmern sich ein paar Tage lang um sie.«
Kitty nickte, und selbst Bitty richtete sich bei so viel Tatendrang wieder auf. Phillip wandte sich an James. »Geben Sie mir zehn Minuten, dann kommen Sie mit Mrs. Trapp nach.«
James nickte und begleitete Phillip hinaus. Als der Kleine sich entfernte, ging James auf, dass er gerade den Befehlen eines Burschen gehorchte, den er mit einer Hand hochheben konnte. Er schüttelte den Kopf und lachte kurz. Sollte bloß keiner sagen, dass Phillip keine Befehle erteilen konnte!
Während James sich seinen Weg durch die schrumpfende Menge bahnte, ging er noch einmal Kittys Geschichte durch. Phillip hatte auf unbekanntem Terrain schnell und entschieden reagiert, um einem Mädchen, das er kaum kannte, ein böses Schicksal zu ersparen. Clever, rasch und bis ins Mark ehrenhaft. James würde die Liste mit Phillips Talenten weiter verlängern müssen.
Soweit James das beurteilen konnte, war Phillip der geborene Liars. James würde morgen mit der Ausbildung beginnen, ob Phillip es nun wusste oder nicht.
14. Kapitel
Es war noch zu früh am Morgen für Überraschungen. »Was soll das sein?« Phillip sah sich um und unterdrückte ein Gähnen. Sie waren gestern Abend mit Kitty und Bitty lang aus gewesen, und sie wäre liebend gern noch ein bisschen im Bett geblieben. Ein Frühstück wäre jetzt schön, aber als sie den durchdringenden Schweißgeruch in der ansonsten sehr schönen Halle wahrnahm, überlegte
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