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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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vernarrt in die langgeschwungenen Wimpern, dass ich sie liebe und diejenige liebe, die ich liebe und die mich lieben wird, denn ich liebe sie, wie kein anderer sie je wird lieben können, und warum sollte sie mich nicht lieben, sie, die eine Kröte lieben kann, und sie wird mich lieben, wird mich lieben, wird mich lieben, die Einmalige wird mich lieben, und jeden Abend werde ich ungeduldig die Stunde erwarten, da ich sie wiedersehe, und ich werde mich schön machen, um ihr zu gefallen, und ich werde mich rasieren, mich ganz glatt rasieren, um ihr zu gefallen, und ich werde baden, lange baden, damit die Zeit schneller vergeht, und die ganze Zeit an sie denken, und bald wird die Stunde da sein, o Wunder, o Gesänge im Auto, das mich zu ihr bringen wird, zu ihr, die mich erwarten wird, zu den langen Sternenwimpern, o ihr Blick bei meiner Ankunft, wenn sie mich auf der Schwelle erwartet, hochgewachsen und in Weiß gekleidet, bereit und schön für mich, bereit und um ihre Schönheit bangend, wenn ich mich verspäte, und ihre Schönheit im Spiegel betrachtend, sich vergewissernd, dass ihre Schönheit immer noch da und vollkommen ist, dann auf die Schwelle zurückkehrend und mich liebend erwartend, rührend auf der Schwelle und unter den Rosen, o zärtliche Nacht, o wiedergekehrte Jugend, o Wunder, wenn ich vor ihr stehe, o ihr Blick, o unsere Liebe, und sie wird sich über meine Hand beugen, zur Bäuerin geworden, o Wunder ihres Kusses auf meiner Hand, und sie wird den Kopf heben, und unsere Blicke werden sich lieben, und wir werden lächeln, weil wir uns so sehr lieben, du und ich, und Ehre sei Gott.«
    Er lächelte ihr zu, und sie zitterte und senkte den Blick. Entsetzlich, dieses zahnlose Lächeln. Entsetzlich, diese Liebesworte aus dem leeren Mund. Er tat einen Schritt auf sie zu, und sie spürte die Gefahr nahen. Ihm bloß nicht widersprechen, alles sagen, was er will, und dann soll er gehen, mein Gott, er soll gehen.
    »Hier stehe ich vor dir«, sagte er, »hier stehe ich, ein Greis, der von dir das Wunder erwartet. Hier stehe ich, schwach und arm, mit weißem Bart und nur zwei Zähnen, aber niemand wird dich lieben und kennen, wie ich dich liebe und kenne, niemand wird dich mit solcher Liebe ehren. Nur zwei Zähne, und ich biete sie dir mit meiner Liebe, willst du meine Liebe?«
    »Ja«, sagte sie, befeuchtete ihre trockenen Lippen und versuchte zu lächeln.
    »Ehre sei Gott«, sagte er, »wahrhaftig Ehre, denn hier ist diejenige, die alle Frauen freikauft, hier ist die erste menschliche!«
    Er beugte auf lächerliche Weise das Knie vor ihr, dann richtete er sich auf und ging auf sie zu, zu ihrem ersten Kuss, ging mit seinem schwarzen Greisenlächeln, mit ausgestreckten Händen auf diejenige zu, die alle Frauen freikaufte, die erste menschliche, die jedoch plötzlich zurückwich, zurückwich mit einem heiseren Schrei, einem Schrei des Entsetzens und des Hasses, gegen den Nachttisch stieß, das leere Glas ergriff und es in das alte Gesicht schleuderte. Er fuhr sich mit der Hand über das Lid, wischte das Blut ab, betrachtete das Blut auf seiner Hand, und plötzlich lachte er auf und stampfte mit dem Fuß.
    »Dreh dich um, Idiotin!«, sagte er.
    Sie gehorchte, drehte sich um, rührte sich nicht in ihrer Angst, eine Kugel in den Nacken zu bekommen, während er die Vorhänge öffnete, sich aus dem Fenster lehnte, zwei Finger auf die Lippen legte und pfiff. Dann entledigte er sich des alten Mantels und der Pelzmütze, riss sich den falschen Bart herunter, löste das schwarze Heftpflaster von seinen Zähnen und griff hinter dem Vorhang nach seiner Reitpeitsche.
    »Dreh dich wieder um«, befahl er.
    In dem hochgewachsenen Reiter mit dem wirren schwarzen Haar, dem reinen und glatten Gesicht, dunkler Diamant, erkannte sie den, den ihr Gemahl ihr von weitem flüsternd auf dem brasilianischen Empfang gezeigt hatte.
    »Ja, es ist Solal, und er hat einen miserablen Geschmack«, lächelte er mit blitzenden Zähnen. »Reitstiefel!«, sagte er und schlug sich mit der Peitsche auf den rechten Stiefel. »Draußen erwartet mich ein Pferd! Es waren sogar zwei Pferde! Das zweite war für dich, du Idiotin, und wir wären auf ewig nebeneinander hergeritten, jung und mit all unseren Zähnen, ich habe zweiunddreißig, und sie sind tadellos, du kannst es nachprüfen und sie zählen, ich hätte dich sogar auf der Kruppe mitgenommen, wäre mit dir stolz in das Glück geritten, das dir fehlt! Aber jetzt habe ich keine Lust mehr dazu, und deine

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