Die Schöne des Herrn (German Edition)
Ihren
Don Juan
«, sagte Solal schließlich und nahm eine Zigarette, die Adrien sogleich mit gezücktem Feuerzeug anzündete. »Was wird er in Ihrem Roman tun?«
»Nun ja, er wird verführen«, sagte Adrien geistreich und gratulierte sich zu dieser schlagfertigen Antwort. (Aber zu kurz vielleicht? Sollte er noch ein paar Einzelheiten über den Charakter Don Juans hinzufügen? Elegant, witzig, zynisch? Aber vielleicht entsprach das nicht der Vorstellung, die der U.G.S. von Don Juan hatte. War seine Antwort vielleicht als zu unverschämt empfunden worden?) »Falls Sie einen Rat für mich haben, Monsieur, wäre ich Ihnen natürlich sehr dankbar. Zum Beispiel irgendein Charakterzug, den Sie für wichtig erachten.«
Solal lächelte über den Armen, der sich solche Mühe gab zu gefallen. Werfen wir dem Hund einen kleinen Knochen zu.
»Haben Sie an die vorweggenommene Verachtung gedacht?«
»Eigentlich nicht, nicht wirklich«, erwiderte Adrien. (Er wollte gerade fragen: »Was verstehen Sie genau unter vorweggenommener Verachtung?« Doch diese Frage schien ihm zu unumwunden, und er entschloss sich zu einer weniger direkten Formulierung.) »Was wäre unter dieser vorweggenommenen Verachtung zu verstehen?«, fragte er einschmeichelnd, um jeden eventuellen Eindruck von Respektlosigkeit wiedergutzumachen.
»Don Juan begegnet allen tugendhaften Frauen, denen er vorgestellt wird, mit wenig Achtung«, begann Solal.
Er unterbrach sich, griff sich an die Nase, und Adrien nahm die Haltung eines faszinierten Zuhörers an. Er streckte den Hals vor, um die Perlen, die sich nun über ihn ergießen würden, besser aufzufangen, schärfte den Blick durch halbgeschlossene Augenlider, um konzentriert zu wirken wie jemand, der die Worte gierig aufsaugt, stützte das Kinn auf die rechte Hand, um nachdenklich zu erscheinen, schlug die Beine intellektuell übereinander, sein Gesicht wirkte durch die Anspannung gleichsam gealtert, und alles an ihm, sogar die respektvolle Rundung seines Gesäßes und die Spitzen seiner Schuhe kündeten von gespannter Aufmerksamkeit, fiebriger Erwartung, bereits überzeugtem und mit Zustimmung geladenem Verständnis und einem vorweggenommenen geistigen Genuss sowie von bedingungsloser amtlicher Ergebenheit.
»Wenig Achtung«, fuhr Solal fort, »weil er weiß, dass diese anständige Dame der Gesellschaft, wenn er es wünscht, sich ihm leider hingeben wird, mit Hüftverrenkungen und diversen Karpfensprüngen im Bett. Und wieso weiß er das?«, fragte er Adrien, der ein wissendes und bedeutungsvolles Gesicht machte, sich jedoch hütete, darauf zu antworten. »Genug. Zu grässlich und im Übrigen völlig uninteressant.«
Adrien räusperte sich mehrmals, um seine Verlegenheit loszuwerden. Hüftverrenkungen und Karpfensprünge! Er trug ziemlich dick auf, der Boss. Das war bestimmt der Champagner.
»Sehr interessant«, sagte er schließlich und tat sein Bestes, um Feuer in seinen Blick zu legen. »Sehr, wirklich sehr«, fügte er hinzu, da es ihm unmöglich war, eine bessere Motivierung für seine Zustimmung zu finden. »Diese Hinweise, die Sie mir liebenswürdigerweise gegeben haben, werden mir sicher wertvoll sein.«
Beinahe hätte er noch gesagt, mit verbindlichem Dank, eine Formulierung, die tief in seine Seele eingemeißelt war und mit der er stets den Empfang der von den Kolonialministerien gesandten Statistiken bestätigte, die in seinen Briefentwürfen immer als sehr interessant bezeichnet wurden und die er unverzüglich und für immer in seinen kleinen Friedhof einschloss, da diese Statistiken meist ungenau waren und stets Rechenfehler enthielten.
»Uninteressant«, wiederholte Solal. »Und außerdem, was ist schon dran an einer Frau? Ihre Brüste? Lächerliche Dinger, außerdem hängen sie immer. Diese ganze Reklame in den Zeitungen für diese Apparate, diese Bruststützen, wie nennt man sie noch, diese Dinger?«
»Büstenhalter, Monsieur.«
»Alle tragen sie! Vertrauensmissbrauch! Was meinen Sie, Adrien?«
»Na ja, also, äh …«
»Genau das dachte ich mir«, sagte Solal. »Und außerdem sind sie so erbärmlich mit ihren bekloppten Hütchen und ihrem Gestelze auf ihren hohen Absätzen und ihren wippenden Hintern und ihrer Lebhaftigkeit, wenn sie unter sich von Kleidern sprechen! ›Stell dir vor, sie hat sich ein Kostüm machen lassen, von einer Schneiderin! Ein wahrer Graus, ich habe mich richtig für sie geschämt! Ein Kostüm ist so etwas Heikles, besonders die Jacke, das ist doch
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