Die Schöne des Herrn (German Edition)

Abend missfallen Sie mir. Außerdem sehe ich Ihre beachtliche Nase jetzt im hellen Licht und bin entsetzt.«
    »Grobian«, sagte sie.
    »Ich schlage Ihnen eine Wette vor. Wenn Sie in drei Stunden nicht verliebt sind, ernenne ich Ihren Mann zum Abteilungsleiter. Ich gebe Ihnen mein Wort als Edelmann und schwöre es beim Haupte meines Onkels. Nehmen Sie an? Falls Sie lieber gehen wollen, steht es Ihnen frei«, fügte er nach kurzem Schweigen hinzu und deutete auf die Tür. »Hier der Ausgang der Nase, sie wird ohne Mühe hindurchpassen, hoffe ich.«
    »Flegel«, sagte sie mit verkrampftem Kiefer.
    »Also, gehen Sie, oder nehmen Sie die Wette an?«
    »Ich nehme die Wette an«, sagte sie und blickte ihn unverwandt an.
    »Sie ist selbstsicher«, sagte er lächelnd. »Ich stelle allerdings eine Bedingung. Bis um ein Uhr morgens müssen Sie schweigen. Einverstanden?«
    »Ja.«
    »Ehrenwort?«
    »Das habe ich Ihnen nicht zu geben. Mein ja bedeutet ja.«
    »Und Ihr nein auch. Also um ein Uhr morgens werden Sie Augen wie Setzeier machen, und um ein Uhr vierzig, Sie und ich Bahnhof zur trunkenen Abreise Meer Sonne. Woran denken Sie? Natürlich, das musste kommen. Na sagen Sie schon, was Sie sagen wollen. Los, schnell, solange noch Zeit ist. Denn um ein Uhr morgens wirst du mich mit ekstatischen Blicken anhimmeln. Also, sagen Sie es.«
    »Drecksjude«, sagte sie mit dem plötzlichen Blick eines bösen Kindes.
    »Ich danke Ihnen im Namen Ihres Christus, der an seinem achten Tag beschnitten wurde. Es macht mir übrigens nichts aus. Wir verachten eure Verachtung. Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, der du uns unter allen Völkern auserwählt und über alle Nationen erhoben hast. Das sagen wir am Abend unseres Osterfestes. Mein Schlafrock schockiert Sie? Im allgemeinen finden meine Schlafröcke bei den Frauen Gefallen. Sie sind toleranter als die Männer, weil weniger gesellschaftlich verpflichtet, besonders die jungen. Und dann haben sie noch ein Gutes: Sobald sie in Leidenschaft entflammen, werden sie philosemitisch. Sie werden sehen. Bis gleich. Inzwischen pudern Sie sich Ihre Nase. Sie glänzt.«

***

    Als er wiederkam, mit wirrem Haar, hochgewachsen und schlank, in einem weißseidenen Smoking, trat er vor den Spiegel, band sich die Krawatte der Ehrenlegion um, gefiel sich und wandte sich ihr zu, um die Wirkung zu sehen. Da sie sich nicht rührte, täuschte er ein unterdrücktes Gähnen vor und legte ein gefaltetes Stück Papier auf das Tischchen.
    »Das ist die Ernennung, die Sie Ihrem Mann im Falle meiner Niederlage übergeben werden. Leiter der Abteilung für Abrüstung. Dort wird er ebenso gut wie jeder andere nichts tun. Ich beglückwünsche Sie, Ihre Nase glänzt nicht mehr. Dieser Smoking steht mir gut, glaube ich, nicht wahr? Ja, er steht mir gut, danke.«
    Er nahm eine Rose, atmete tief ihren Duft ein und warf sie hinter sich. Dann ging er mit einem Rosenkranz aus Sandelholz in der Hand im Salon auf und ab, trat wieder vor den Spiegel und betrachtete seine Brust. Die sicherste Stelle liegt im Winkel von Brustbein und drittem Interkostalraum. Doch wenn es soweit ist, wenn man den Abzug drückt, ist ein Irrtum nicht ausgeschlossen, weil ja doch die Erregung des Abschieds mitspielt. Also vorher die sichere Stelle markieren, sich einen blauen Punkt tätowieren lassen. Plötzlich das Telefon. Er nahm den Hörer ab.
    »Guten Abend, Adrien. Nein, Sie stören mich nicht. Ja, ich brauche auch Ihre Kommentare. Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Nein, ich sagte doch, Sie stören mich nicht. Ich habe noch nicht begonnen, sie zu verführen. Übrigens vergessen Sie in Ihrem Roman nicht die vorweggenommene Verachtung von Don Juan. Wie ich Ihnen bereits sagte, empfindet er diese Verachtung, weil er weiß, dass, wenn er nur will, diese stolze Dame der Gesellschaft, die jetzt so würdevoll in ihrem Sessel sitzt, weil er weiß, dass, wenn er nur will, sie in drei Tagen oder sogar schon in drei Stunden wie ein Täubchen gurren und im Bett Stellungen einnehmen wird, die kaum mit ihrer jetzt zur Schau gestellten Würde vereinbar sind. Es ist nur eine Frage der Strategie. Also bringt er ihr von vornherein keinen großen Respekt entgegen und findet es eher komisch, wie sie da in ihrem Sessel sitzt und die Hochanständige spielt, findet es komisch, dass sie an seinem Schlafrock Anstoß nimmt. Ja, komisch, denn er weiß, dass sie, wenn er sich nur ein bisschen bemüht, bald die üblichen Karpfensprünge machen wird, keuchende und