Die Schöne des Herrn (German Edition)
der Dienstreise in ein superschickes Restaurant einladen, nur sie beide, wie zwei alte Kumpel, ohne Ariane, ein richtiges Junggesellendiner! Schwedische Vorspeisen, Räucherlachs, Belonaustern, warme Waldschnepfenpastete, oder
foie gras en brioche
, oder Galantine von der Ente mit Madeira, oder Hummer-Soufflé, na ja, man würde sehen, auf jeden Fall aber Crêpes Suzette als Nachspeise, und vertrauliche Gespräche über die Liebe! Und so viel Champagner Brut Imperial Rosê, wie der Boss will! Herr Ober, noch eine Magnum! Und den Kaffee lange vor dem Nachtisch bestellen, denn die Zubereitung eines wirklich guten Kaffees braucht mindestens zwanzig Minuten. Und wenn man dann beim Cognac wäre, Fine Napoléon, um die Wirkung des Champagners zu vervollständigen, ein paar sehr amüsante Witze, und dann würde er ihn versuchsweise auch einmal duzen. Jemandem, den er duzte, konnte er endlich auch sagen, was er von der Inkompetenz Vauvaus hielt. In der Form höfliche, in ihrer Wirkung aber vernichtende Kritik. Übrigens würde Vauvau bald in Pension gehen. Also! Und wenn er jetzt schon eine Anspielung auf Vauvaus letzten Schnitzer machte, nachdem der U.G.S. ihm alles über diese Himalayafrau erzählt hatte? Nein, zu früh.
Chi va piano va sano
. Lieber bis nach der Reise warten. Für den Augenblick das Terrain vorbereiten und sich ein Höchstmaß an Sympathien sichern. Wenn er also gleich zurückkommen und ihm von dieser großen Liebe erzählen würde, ganz Ohr sein, den Verständnisvollen spielen, sich gerührt zeigen, ihn zum Weiterreden ermutigen, eine ganz geruhsame Arbeit also. Aber nicht ständig lächeln, bevor sie vertraut wurden, hatte er zu viel gelächelt, und es hatte keinen Wert, wenn man andauernd lächelte. Alle drei bis vier Minuten ein kleines Lächeln, um zu zeigen, dass man Anteil nahm, dass man sympathisierte, aber als unabhängiger Mensch, als Gleichgestellter. Oh, schon Viertel vor zehn! Jetzt müsste er bald wieder in seinem Schlafrock auftauchen. Schlafrock, perfekt, auch der bürgte für persönliche Beziehungen.
»Sieh mal an, der Untergeneralsekretär wird dem ersten indischen Delegierten Hörner aufsetzen!«, prustete er leise mit seinem nasalen Lausbubenlachen.
Kurz darauf klingelte das Telefon, und Solal trat eiligst ins Zimmer, nahm den Hörer ab und sagte, die Dame möge heraufkommen. Kaum hatte er aufgelegt, lachte er, tänzelte, strahlte vor Freude, machte ein paar Tanzschritte, eine Hand auf der Hüfte, mit halboffenem Schlafrock, der seine Nacktheit entblößte.
»Ay, mi paloma«,
murmelte er und blieb stehen. Er wandte sich dem Ehemann zu, fasste ihn an den Armen, küsste ihn auf die Schulter und strahlte vor Freude.
»Das ist meine Schöne aus dem Himalaya«, sagte er.
XXXV
»Wo ist mein Mann?« fragte sie, als sie eingetreten war, während er sie begrüßte, die Hand an den Lippen und dann an der Stirn.
»Er ist gerade ins Palais gefahren. Ich werde es Ihnen erklären. Aber erklären Sie mir bitte nichts, denn ich weiß Bescheid. Ich weiß, es graut Ihnen davor, mich zu sehen, Sie sind nur gekommen, um ihm keinen Kummer zu machen, und Sie haben ihm nur deshalb nichts von meinem unverzeihlichen Betragen erzählt, weil Sie seine Karriere nicht durch einen Skandal gefährden wollten. Weißt du, Schatz, es hat gut geklappt mit dem Boss, er duzt mich und nennt mich ›Adrien‹. Das wird er Ihnen sagen, wenn Sie wieder mit ihm allein sind. Seien Sie also beruhigt. Woran denken Sie?«
»Dass Sie ein Scheusal sind.«
»Das ist wahr«, sagte er und lächelte liebenswürdig. »Und jetzt werde ich es Ihnen erklären. Als man mir Ihr Kommen meldete, hat Ihr Mann angeboten, mich mit dieser Dame aus dem Himalaya allein zu lassen. Ich bat ihn zu bleiben, aber er wollte diskret sein und versicherte mir, er habe noch eine dringende Arbeit zu erledigen. Ich wiederholte meine Bitte, er möge bleiben, aber da sagte er, er erlaube sich, mir nicht zu gehorchen. Was sollte ich tun? Nguyen hat ihn hinausgelassen, ohne dass er Ihnen begegnete. Und da wir nun allein sind, werde ich Sie verführen.«
»Sie sind widerwärtig.«
»Gewiss«, sagte er lächelnd. »Aber in drei Stunden werden Sie Augen wie Setzeier machen, wie ich es Ihnen versprochen habe. Ja, verführt mit den erbärmlichen Mitteln, welche die Frauen so lieben und die Sie verdienen, Ausstecherin von Greisenaugen. An dem Tag, an dem ich den Alten spielte, war ich bereit, Sie auf dem Pferd, das unten wartete, zu entführen, aber heute
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