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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Menschen schüchtern mich immer ein. Und außerdem haben die beiden so viel geredet, dass ich ganz konfus geworden bin, und am Ende habe ich zu allem ja gesagt, nur um aus dem Laden rauszukommen und nicht mehr das ewige ›liebe gnädige Frau‹ hören zu müssen. Eigentlich bin ich feige, ja, einfach nicht für das Leben geschaffen. Nein, nein, ich muss etwas unternehmen, ich muss noch mal zu diesem Schwein gehen. Kämpfen muss ich. Ja, kämpfen für ihn, damit er mich elegant findet. O mein Liebster, ich habe so gelitten, ich wusste ja nicht, was geschehen war. Warum hast du erst so spät telegrafiert? Ja, kämpfen. Aber zuerst genau überlegen, was ich diesem Schwein sagen muss, Argumente haben. Einen Schlachtplan aufstellen, mir vorher alles aufschreiben, um nicht unsicher zu werden, alles aufschreiben in diesem Café, ja, es hilft nichts.«
    Doch kaum war sie eingetreten, verlor sie schon den Mut, als die Kartenspieler sich nach ihr umdrehten. Sie machte kehrt und versetzte der Drehtür einen so heftigen Stoß, dass sie ihr gegen den verlängerten Rücken schlug und sie auf den Bürgersteig hinausschleuderte, wo ihr ausgerechnet eine ehemalige Freundin aus der Zeit vor ihrer Ehe entgegenkam. Um sie nicht begrüßen zu müssen, flüchtete sie sich in ein Schreibwarengeschäft, wo sie, um ihre Anwesenheit zu rechtfertigen, einen Füllfederhalter kaufte. Ein Kätzchen hatte sich ihr genähert, und sie streichelte es, wie es sich gehört, zuerst auf der Stirn und dann unter dem Kinn, erkundigte sich nach seinem Alter und seinem Charakter und dann nach seinem Namen, der leider Minet lautete. Da die Ladenbesitzerin ihr sympathisch war, tauschte sie Katzenerfahrungen mit ihr aus, riet zu roher Leber, die wegen der Vitamine unerlässlich sei, verabschiedete sich von Minet und ging lächelnd hinaus.
    »Eigentlich brauche ich mir gar nichts aufzuschreiben, es genügt, wenn ich mir zurechtlege, was ich dem Schwein sagen soll, also nur eine Generalprobe. Das Wichtigste ist, dass ich auf drei Anproben bestehe, die zeitlich dicht beieinanderliegen müssen. Freitag, der 17., Dienstag, der 21., Donnerstag, der 23., nein, lieber Mittwoch, der 22., um möglichst viel Zeit zu haben, falls irgendetwas schiefgeht. Ganz ruhig darauf bestehen, sich des Erfolgs gewiss sein. Ja, alles hängt von der inneren Haltung ab. Nicht sagen, ich hätte gern, sondern ich wünsche, und das in einem Ton, der keinen Widerspruch duldet. Herr Volkmaar, ich wünsche drei Anproben, und alles muss am Freitag, dem 24., vormittags fertig sein. Lügen, und wenn schon, es ist reine Notwehr. Ja, ihm sagen, unvorhergesehene Umstände und zwingende Gründe ließen mir keine Wahl, ich müsse schon am Freitagabend, am 24. August, also einen Tag früher als vorgesehen, abreisen. Folglich müsse alles unbedingt am Freitagvormittag fertig sein. Ruhig und bestimmt auftreten und dabei dem Dicken direkt in die Augen schauen. Und nicht akzeptieren, dass er nach Cologny liefert, sondern sagen, ich käme selbst am Freitagvormittag, um alles abzuholen. Freitagvormittag komme ich also, angeblich, um im Wagen oder im Taxi die Kleider und Kostüme mitzunehmen, und dann sage ich, als wäre es ein plötzlicher Einfall, ich könnte doch eigentlich, wo ich schon mal da sei, die Gelegenheit nutzen und ein letztes Mal alles anprobieren. Ja, nur Mut. Sie werden nicht wagen, es mir abzuschlagen. So komme ich ganz nebenbei zu einer vierten Anprobe. Angenommen, ich habe bei dieser Anprobe noch etwas auszusetzen, dann verlange ich die Änderungen für Freitagnachmittag, bis spätestens sechs. Falls dann immer noch was zu beanstanden ist, lüge ich wieder, macht ja nichts, und sage, ich würde meine Reise bis Samstagabend aufschieben, Ergebnis, neue Änderungen und perfekte Kleider bis Samstagmittag oder spätestens zwei Uhr. Das Gute an der Ausrede mit der Abreise am Freitag ist, dass ich dann noch vierundzwanzig Stunden Spielraum für letzte Änderungen habe. Natürlich, man soll nicht lügen. Aber, mein Geliebter, ich lüge ja nur für Sie. Und jetzt heißt es, standhaft bleiben und unter keinem Vorwand nachgeben. Ich bin in der stärkeren Position, da ich noch keine Anzahlung geleistet habe. Wenn das Schweinchen nicht will, sage ich, ich mache die Bestellung rückgängig, fliege nach Paris und gehe in diese Luxusmodehäuser, wo sie auch Konfektionskleider haben, schließlich habe ich eine Mannequinfigur, bin also nicht der Gnade des Schweins ausgeliefert. Ach, noch was, das Dekolleté

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