Die Schöne des Herrn (German Edition)
raumgreifenden Schritten ging und sich dieses Abends sicher und auf ihre Knechtschaft stolz war. Plötzlich blieb sie verwundert stehen. Ja, sie war die Frau eines Mannes, sein Eigentum. O Wunder, die Frau eines Mannes und seine Beute, die schwache Beute eines Mannes zu sein. »Danke, mein Gott«, sagte sie. Sie blieb vor einem Baum stehen, riss ein Stück des vom Stamm rinnenden Harzes ab, atmete seinen männlichen Duft, Duft des Lebens, ein, steckte es zwischen die Lippen, warf es fort, lächelte rätselhaft und stellte sich in die heiße Sonne, schwitzend und glücklich. Das Leben, endlich das Leben!
Triumphmarsch der Liebe, Marsch Arianes, zur Göttin geworden, vor der sich die Ähren des Feldes im heißen Wind verneigten. An der Straßenbiegung erschienen drei Jungfrauen mit honigfarbenen Zöpfen, drei kleine Schweizer Bäuerinnen, die mit dem zugleich kecken und unsicheren Schritt von Bachstelzen immer wieder plötzlich drauflos singend und mit wunderbarer instinktiver Sorglosigkeit daherkamen. Aber als sie sie erreichten, schwiegen sie angesichts der strahlenden Majestät des Glücks, schwiegen und grüßten die Göttin mit dem wogenden goldbraunen Haar, die ihnen zulächelte und weiterging. »Heute Abend!«, verkündete sie wenig später einer fünften Kuh, welche die erstaunliche Nachricht nicht verstand und weitergraste. »Blöde Kuh«, sagte sie zu ihr und setzte erhobenen Kinns ihren Weg fort.
Triumphmarsch, Marsch an der Seite eines Herrn, der größer war als sie. Feierlichen Antlitzes und mit sonnenumkränztem Haar, trunken vor Gesundheit und schönem Wetter, strahlend und mit allen Hormonen der Jugend versehen, ihre Hand in der Hand ihres Herrn, ging sie, hochgewachsene Erscheinung, Schöne ihres Herrn, wehendes und mit zwei Flügeln aufflatterndes Kleid. Das Rascheln ihres wehenden Kleides war das Knattern der Segel eines Segelschiffs auf der Fahrt zu einer außergewöhnlichen Insel, und die Liebe war der Wind, der die Segel bauschte. Das Geräusch ihres Kleides erregte sie, der Wind auf ihrem Gesicht erregte sie, der Wind auf ihrem stolz erhobenen Gesicht.
Triumphmarsch der Liebe. Sie ging, stolz und lächerlich, genial. Hinter ihren Augen drängten sich so viele aufregende Gedanken, die Pfauenräder schlugen, genährt vom Blut des Herzens und sicherlich schön, wenn sie sie sehen wollte. Doch sie hatte keine Zeit. Sie musste sich schön machen, ging dem Geliebten entgegen, stolz und gläubig, und die Gesänge folgten ihr, golden wie sie, ihre große Schwester, glücklich, leicht beschwingt, von frühlingshafter Reinheit, o diese weißen Blumen, die im hohen Gras tanzten, die so liebenden Gesänge, so sicher ihres Zaubers, heiter und anmutig.
Triumphmarsch der Liebe. Erhaben ging sie, bewegt von der Liebe wie einst ihre Schwestern aus längst vergangenen Zeiten, die zahllos den Schlaf der Erde schliefen, ging, unsterblich in ihrem Gehen, geführt wie die Sterne, Legionen, welche die Liebe in ewigen Bahnen führt, feierliche Ariane, ganz leicht lächelnd, begleitet von welcher himmlischen Musik, die Liebe, die Liebe in ihren Anfängen.
LXVIII
Sie lag auf der Wiese im Garten und las noch einmal das Telegramm, während die Vögel im Kirschbaum wie Schulkinder in der Pause Nettigkeiten austauschten, eine Amsel auf dem Dach pfiff und es auf dem Land schöner fand als in der Stadt und ein feister Spatz sich mit zitternden Flügeln ein Staubbad gönnte. »Heute Abend um neun wird er hier sein«, verkündete sie dem pummeligen kleinen Kerl, der vollkommen ungerührt blieb. Nett von ihm, ihr seine Ankunft noch einmal von Paris aus bestätigt zu haben, wo er doch so beschäftigt war. Sehr wichtige Dienstreisen, bestimmt sehr geheim. Er ist eine hohe Persönlichkeit, erklärte sie dem Spatz, der sich aufgerichtet hatte, sich seiner Sauberkeit freute, sie mit Interesse betrachtete und das Köpfchen mitfühlend nach rechts neigte, um sie besser zu verstehen.
»Sie sind mein Herr, das verkünde ich feierlich.«
Aus Vergnügen an dieser Lästerung und weil sie glücklich war, wiederholte sie diese Erklärung ihrer Abhängigkeit nacheinander mit englischem, italienischem und burgundischem Akzent und dann mit der Stimme einer vertrottelten Alten. Sie gähnte und zündete sich mit ihrem letzten Schwefelholz eine Zigarette an. Sehr praktisch, diese französischen Streichhölzer, man konnte sie überall entzünden, selbst an der Schuhsohle, wie ein savoyischer Bauer, und wenn man sie entzündet hatte,
Weitere Kostenlose Bücher