Die Schöne des Herrn (German Edition)
Sie habe ich gelitten. Schnell.
Triumphmarsch der Liebe und Freude der jagenden Schritte. Es war so einfach, glücklich und klar, heute Abend würde sie ihn sehen, und in Gedanken begrüßte sie ihn schon mit dem Schwert, erzengelhaft, und ihr Dank stieg himmelwärts wie ein Flug von Turteltauben. Oh, heute Abend! Heute Abend seine Augen sehen und seine Ungeduld und seine plötzlichen Volten, um sie tief und warm anzublicken, und dann würde sie weder ein noch aus wissen und dahinschmelzen. Oh, heute Abend! Heute Abend seine Hand ergreifen, das so rührend schmale Handgelenk umfassen, und dann sie an ihn geschmiegt, und die Lippen, und dann die Brüste, und dann nackt und betrachtet. O Wunder, betrachtet und schön gefunden zu werden.
Triumphmarsch der Liebe. Oh, heute Abend, o die Weihe und das gesegnete Gewicht auf ihr, und das geliebte Gesicht über sie gebeugt, und die Ruhepausen, in denen sich die Lippen wiederfanden, und endlich ihr Jubel und ihr Schluchzen. Seine Frau, sie war seine Frau, und sie betete ihn an, seine Frau, seine Nonne, seine Dienerin und Vikarin, überglücklich, ihm ihre Tiefe zu geben, dass er in ihr sei, glücklich in ihr, die verzückt war vor Glück über den Geliebten in ihr, der klösterlichen Magd ihres Herrn. Oh, sie liebte, liebte endlich. Auf der Eisscholle war der Heckenrosenstrauch erblüht.
Triumphmarsch der Liebe. Sie ging mit raschen Schritten, reich und ruhig, mächtig und nicht weniger glücklich als die Königin von Saba. Oh, heute Abend, oh, ihm gefallen und ihm zuhören, und plötzlich würde er nichts mehr sagen, und sie wäre wahnsinnig vor Angst, weil er so gleichgültig wäre, aber dann würde er wieder lächeln und sie vor Zärtlichkeit sterben angesichts dieser Anmut, die seine Schönheit noch übertraf. O sein Lächeln, o seine Zähne, o der Beste der Menschensöhne! Ein wenig boshaft auch zuweilen, was nicht weiter störte. »Du wirst für immer meine Liebe sein«, sagte sie zu ihm. »Der Tod? Kenne ich nicht!«, schrie sie.
Triumphmarsch der Liebe. Diese Büsche waren herrlich, und diese Gendarmerie auch und diese andere Kuh, die ihr Kalb mit schaufelbreiter Zunge leckte. Und dieser Wald war unheimlich und lieblich dieses Tal, und alles war herrlich, sie vor allem. »Ich bin wunderbar«, sagte sie und ging noch schneller.
Triumphmarsch der Liebe. Ja, wunderbar, da er sie unter allen Frauen auserwählt hatte, auserwählt beim ersten Schlag ihrer langgeschwungenen Wimpern, er, der Schönste und Närrischste, o Wunder seiner Verkleidung als Greis, als der Verzweifeltste aller Menschen, o seine Worte am Abend im Ritz, Pfeile böser Wahrheit, und doch der Liebendste, der Traurigste, o seine Augen, der Lachendste, o seine Lippen, der Verachtendste und der Zärtlichste, der Einsamste, ein König ohne Volk.
Triumphmarsch der Liebe. Ja, ja, wunderbar. Anmaßung? Ja, heute war ein Tag der Anmaßung. Nur die Hässlichen sind bescheiden. Ja, der ersten Frau, die ihr über den Weg lief, zurufen! Meine Zähne sind vollkommen, ihr zurufen! Trau dich, mir deine zu zeigen, ihr zurufen, und trau dich, mir den zu zeigen, den du liebst, ihr zurufen, wenn du dich traust, dich seiner nicht zu schämen! Ein heiserer Hahn krähte in der Ferne, und sie blieb stehen, fragte sich, ob die Hühner wohl auch manchmal niesten, lachte, weil sie liebte, und ging weiter.
Triumphmarsch der Liebe. Zu dieser Stunde der hoch am Himmel stehenden Sonne ging sie, triumphierend, die Lippen halb geöffnet zu einem statuenhaften Lächeln, während sie ihre Vorzüge besang, von denen ihr bei jedem Schritt mehr einfielen. Die anderen, was konnten sie schon tun, die anderen? Sich enthaaren oder sich Büstenhalter mit Formbügeln anziehen, um ihre Schande zu verbergen, oder sich die Zähne plombieren lassen, oder blöken, sie hätten Weltschmerz, oder sich die Nägel grässlich rot lackieren, um grässlichen Männern zu gefallen, oder einen Roman lesen, um darüber reden und sich den Anschein geben zu können, sie seien gebildet? Übrigens lasen sie meist nur die Kritiken, um sie dann in den Salons nachzuplappern. Und welche Frau auf der Welt hatte je ein solches Telegramm erhalten? O der Geliebte, der ohne sie nicht leben konnte und der sich vor Sehnsucht verzehrte! »Auch ich verzehre mich«, sagte sie zu ihm. Mit ausgebreiteten Armen lief sie dem Wind entgegen und schrie, panisch vor Glück. »Liebste!«, rief sie sich selbst zu.
Triumphmarsch der hochgewachsenen Nymphe, die mit
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