Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
Vom Netzwerk:
allen Ehren erhaltenen Anweisungen«, sagte Michael. »Ich werde es später erklären, denn jedes Ereignis muss der Reihe nach und zu seiner Zeit erzählt werden. Also eine Bettaffäre mit einer charmanten Dame, die über einen Gehörnten verfügt.« (Salomon hielt sich die Ohren zu, aber nicht ganz.)
    »Das hast du bereits gesagt!«, unterbrach ihn Eisenbeißer. »Bring deine Geschichte voran, und spiel dich nicht so auf!«
    »Als ich ihn durch das Privileg der Freundschaft allein in seinen Gemächern sah, vertraute er mir an, dass er ein geheimes Rendezvous mit der entzückenden Person habe, und zwar heute Abend um neun Uhr. Ich flehte ihn an, mich ihm anschließen zu dürfen, denn ich bin ganz versessen auf derartige Unternehmungen. Habe ich ihm übrigens nicht in seiner Jugend dazu verholfen, eine hohe und breite Konsulin für sich zu gewinnen?«
    »Zur Sache!«, rief Eisenbeißer.
    »Ich fand Gnade in seinen Augen, denn er hat eine große Schwäche für mich und erwies mir die Ehre, mich mitzunehmen. Kurz nach neun Uhr kamen wir also in seinem langen und weißen Wagen, der sich mit unglaublicher Geschwindigkeit fortbewegt, an diesem Ort an, und ich begleitete ihn zu einer nahen Tür, die ihr jedoch nicht sehen könnt, da sie hinter Bäumen verborgen ist. Und nun hört, genau in dem Augenblick, als er sich anschickte, den Klingelapparat erklingen zu lassen, da öffnete sich die Tür und die Entzückende erschien, wohlversehen mit ihren vorderen und hinteren Teilen, was ja auch unerlässlich ist. Nachdem ich meinen Schnurrbart gehörig gezwirbelt und respektvoll ein paar leidenschaftliche Blicke auf die anmutig Schöne, wahre Tochter eines Paschas, geworfen hatte, zog ich mich diskret zurück, aber nicht zu weit, so dass ich mit meinen Augen noch sehen und mit meinen Ohren noch hören konnte, wenn ich mich auch taub und blind stellte. Zuerst gab es einen Kuss, der mir zur Kategorie der sogenannten Doppelkolombine mit innerem Überschlag zu gehören schien, aber dafür kann ich nicht garantieren. Und dann redete die Bezaubernde, erklärte Erklärungen, und ich hörte alles. O meine Freunde, was für eine melodische Stimme!«
    »Und was sagte sie mit dieser Stimme von himmlischer Musik?«, fragte Salomon, der sich nicht mehr die Ohren zuhielt.
    »Diese Listenreiche, wahrhaftige Tochter Satans wie alle ihresgleichen, erklärte, da sie das Geräusch des pferdelosen Wagens vernommen und folglich die Ankunft des Lieblings ihrer Seele und ihrer Glieder erraten habe, habe sie ihrem Abscheulichen sofort gesagt, sie würde ihm jenes Getränk der Gojim zubereiten, das man Tee nennt. Und dann sei sie, unter dem Vorwand, in die Küche zu gehen, in den Garten gelaufen, den wir gerade betreten hatten! Das war die Erklärung, die ich hörte, ohne mir anmerken zu lassen, dass ich sie gehört hatte«, schloss Michael und begann seine Zähne mit Hilfe eines Streichholzes zu reinigen, um die Spannung seiner Zuhörer zu steigern.
    »Los, schnell, fahre fort, im Namen der Propheten!«, forderte Eisenbeißer. »Fahre fort, denn ich sitze auf weißglühenden Kohlen!«
    »Also, nach einem neuerlichen Kuss, den ich in der Dunkelheit leider nicht sehr deutlich sehen konnte, der aber wahrscheinlich eine gefütterte Terz mit folgender Einrollung war, sagte die Reizende, sowie sie der Überwachung ihres Jammerlappens aus Pech und Teer entkommen könnte, würde sie sich morgen mit ihrem Teuersten mittels der Worte befördernden Leitung in Verbindung setzen, damit sie gemeinsam auf einem Lager aus Seide die Lust ihrer Körper genössen.« (Salomon hielt sich wieder die Ohren zu.)
    »So hat die Teufelin sich ausgedrückt?«, fragte Eisenbeißer.
    »Nein, sie bediente sich sehr schicklicher und poetischer Worte, aber ich sage euch, was sie in den Tiefen ihres Gehirns dachte. O liebe Vettern, wie erfinderisch sind doch diese Damen Europas eines Mannes wegen, der über das, was für die Vergnügungen der Nächte vonnöten ist, verfügt!«
    »Verschone uns mit deinen allgemeinen Betrachtungen!«, fuhr Eisenbeißer ihn an. »Fahr fort mit deiner besonderen Geschichte!«
    »Als sie ihn dann fragte, wer ich sei, rief er mich durch ein Zeichen herbei und stellte mich als seinen getreulichen Freund und Konfidenten vor.«
    »Heute redest du aber gut«, sagte Eisenbeißer.
    »Das ist das Aroma der Jugend, das mir in die Zunge steigt. Derart vorgestellt, kniete ich nieder und küsste den Saum ihres Kleides, worauf sie mir sogleich ein bezauberndes Lächeln

Weitere Kostenlose Bücher