Die Schöne des Herrn (German Edition)
gähnend. »Könnte einer von euch mir bitte ein paar noch übriggebliebene Pistazien geben?«
»Nein«, rief Salomon, »nein, ich bin sicher, dass sie ihren Mann nicht verlassen wird! Wenn sie schön ist, ist sie bestimmt auch tugendhaft! Sie ist doch verheiratet, zum Teufel, was will sie denn noch mehr?«
»Den honigsüßen Reiz der Versuchung«, sagte Michael.
»Oi, oi, oi«, seufzte Salomon, »warum tut man mir das an, und was muss ich hören? War es nicht genug, dass ich heute durch die Luft fliegen musste, und so hoch, dass die Seele mir aus dem Munde wich? Oi, oi, oi!«
»Hör doch auf mit deinem oi, oi, mir werden davon noch Würmer in den Ohren wachsen!«, sagte Eisenbeißer.
Salomon konnte nicht mehr. Zuerst diese Reise durch die Luft, wo er die Augen geschlossen und sich sämtliche Psalmen vorgesagt hatte, zwei tödliche Stunden mit verkrampften Eingeweiden, ständig in dem bangen Gefühl, der Pilot könnte ohnmächtig werden oder die Flügel könnten sich lösen, und wozu das alles? Um Widerwärtigkeiten zu vernehmen, schlimmer als Babylon!
»Aber dann wird doch der arme Ehemann seine Frau verlieren, seine ganze Wonne und seinen Glauben?«, fragte er und spreizte seine Händchen.
»Krepieren soll er!«, sagte Michael, sich den Halbmond seines Schnurrbarts rundend. »Die Ehemänner verdienen es nicht besser.«
»Das ist nicht wahr!«, schrie Salomon.
»Und falls er der Reizenden Schwierigkeiten macht, reiße ich ihm die Hörner aus und ramme sie ihm in seinen nutzlosen Unterleib!«
»Schande über dich, Niederträchtiger!«, schrie Salomon. »Ich bin für Anständigkeit! Basta! Und ich nehme Zuflucht zum Ewigen, der meine Kraft und mein Turm ist! Und er ist ein heiliger Gott fürwahr! Und der Herr Solal benimmt sich wahrhaft schlecht! Warum macht er solche Sachen, er, der so intelligent ist, er, der Sohn des Großrabbiners und Nachkomme Aarons? O meine Freunde, was gibt es Schöneres als Ehe und Treue? Du blickst dein Weib an, lächelst ihr zu, hast keine Gewissensbisse, und Gott ist zufrieden! Wenn du Ärger hast, erzählst du es ihr, wenn du nach Hause kommst, und sie tröstet dich, sagt dir, du sollest dir keine Sorgen machen, du seist ein Dummkopf. Und du bist beruhigt. Und ihr werdet gemeinsam alt, alle beide, lieb und häuslich. Das ist Liebe. Was gibt es Schöneres, o meine Freunde, sagt es mir!«
»Umso mehr«, fiel Mattathias ein, »als all diese ehebrecherischen Personen dich zu Ausgaben für Blumensträuße zwingen.«
»Zum Glück weiß der arme Onkel nichts von der Sünde seines Neffen«, sagte Salomon. »Gott hat ihm in seiner Güte eine Gelbsucht beschert, um ihn von hier fernzuhalten.«
»Genug des nutzlosen Geredes!«, befahl Michael. »Was der Herr tut, ist wohlgetan, und die Tugend taugt nur für die Kleinnasigen! Und ich wäre gern an seiner Stelle, denn die Frau ist ein wahrer Hauch von Jasmin und gesund wie das Auge des Hahns!«
»Imposanter als ein englischer Panzerkreuzer«, sagte Eisenbeißer um der Schönheit dieser Worte willen und weil er sich langweilte.
»Und frisch wie eine Kirsche«, fügte Salomon unlogisch hinzu.
»Sie hat eine Wange, die ich auch ohne Hunger essen würde«, sagte Eisenbeißer, »nur mit ein paar Gurken.«
»Ich«, sagte Mattathias, »finde sie weder wie das Auge des Hahns noch frisch wie eine Kirsche, außerdem ziehe ich Gurken ohne Wange vor. Und ich sage euch, dass das alles noch am Galgen enden wird.«
»Es stimmt, dass der Ehemann sehr wohl mit Pistolen hier auftauchen könnte«, sagte Eisenbeißer mit einem Seitenblick auf Salomon, der sich sofort erhob, seine Tennishose abstaubte und seinen kleinen gefütterten Ziegenfellmantel anzog.
»Freunde«, sagte er, »ich friere ein bisschen, und außerdem habe ich Kopfschmerzen, und deshalb möchte ich mich jetzt verabschieden und in unser Hotel zurückkehren.«
»O das furchtsame Küken!«, rief Michael.
»Jawohl, furchtsam und stolz, es zu sein!«, erwiderte Salomon mit tapfer geballten Fäustchen. »Und ich tue gut daran, denn die Angst macht mich auf die Gefahren aufmerksam und hält mich am Leben! Und was gibt es Schöneres als das Leben! Ich habe es euch bereits gesagt, meine lieben Freunde, lieber im Gefängnis, aber am Leben! Und du, Michael, wisse, dass die Furchtsamen immer freundlich und gutherzig und gottgefällig sind, während du mit deinen Pistolen und der Statur eines Schlächters nichts weiter als ein Muselmann bist, so, jetzt weißt du es! Und wisse ferner, dass ich
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