Die Schöne des Herrn (German Edition)
legitim, auf Vernunft gegründet und überaus amüsant war.«
»Ja, meine Getreuen«, sagte Michael, »alle Frauen lechzen nach dem Ritt, heftig und unmissverständlich und von langer Dauer, und selbst die königlichen Prinzessinnen lechzen danach!«
»Lüge!«, schrie Salomon aus seinem Heu. »Sie sind rein und tugendhaft!«
»Sie haben alle einen Hintern!«, erwiderte Michael.
»Und mit allem, was dazugehört!«, höhnte Eisenbeißer.
»Schändliche Verleumdung!«, schrie Salomon. »Schämt euch, ihr Niederträchtigen!«
»Hör mir zu, du kleiner Wicht«, sagte Michael, »hör mir gut zu, denn ich werde dir erzählen, was ein König alles mit seiner Königin treibt, wenn er sie in alle Richtungen dreht!«
»Weiche von mir, du Teufel!«, brüllte Salomon, der aus seinem Heuschober hervorgekrochen war und mit dem Fuß aufstampfte. »Ich bin empört und habe es endgültig satt, für alle der Prügelknabe zu sein! Heute früh die fliegende Maschine! Heute Nachmittag im Hotel hat Eisenbeißer sich einen Spaß daraus gemacht, mir von all den Krankheiten zu erzählen, die ich vielleicht später einmal haben werde, oben und unten und in der Mitte meines Körpers, und all den Operationen, die die Chirurgen vielleicht einmal an mir vornehmen werden, und wie ich schließlich sterben und welche Grimassen ich unmittelbar davor schneiden werde! Das ist zu ungerecht, wo ich doch immer zu allen höflich bin! Und jetzt ist es noch schlimmer, jetzt sagt dieser niederträchtige Michael Schamlosigkeiten, vor denen Gott uns bewahre! Was habe ich getan, dass man so böse zu mir ist? Höre, Michael, du Niederträchtiger, du Neger, du unseres heiligen Volkes Unwürdiger, du Schande Israels, höre mich an, wenn du mit deinen Unanständigkeiten fortfährst, so wisse, dass ich in die Nacht und die Abgründe entfliehen werde, zu den hinter den Bäumen versteckten Räubern, und es ist mir gleich, ob ich ermordet werde, aber ich bleibe nicht länger hier, um mir deine Schändlichkeiten anzuhören! Es lebe die Tugend und die guten Sitten und die Keuschheit der Ehefrauen, das sage ich! Ätsch bätsch! Und ich werde alles Onkel Saltiel erzählen, und er wird sich für dich schämen und dich sogar verfluchen! Recht geschieht dir! Und wisse, dass seine Flüche wirken, denn er ist ein heiliger Mann, ein echter Israelit, während du ein Muselmann bist, jawohl! Und falls du es wagen solltest, unsere Synagoge zu betreten, so werde ich dich hinauspeitschen!«
»O du kleiner Mann«, sagte Michael, riss einen Grashalm ab, zerkaute ihn und lächelte Erinnerungen zu. »O Tugendhafter«, fuhr er fort, »da du so entrüstet bist, so sage mir, wie es kommt, dass du Kinder hast, und durch welches Wunder sie im Leibe deiner Ehefrau erschienen sind!«
»Wir haben das Licht ausgemacht«, sagte Salomon errötend und zu Boden blickend. »Und hat uns der Ewige, gelobt sei sein Name, nicht gesagt, seid fruchtbar und mehret euch? Da muss man doch wohl. Und es ist schließlich anständig, es gehört zur Ehe.«
Nach einem langen Schweigen, das nur von Gähnen unterbrochen wurde, denn es war spät, erklärte Eisenbeißer, da es ja nichts Interessantes mehr zu diskutieren oder zu essen gebe, würde er, bis die Heidin erschiene, ein gesundheitsförderndes Nickerchen machen.
Er streckte sich auf dem Gras aus, den Zylinder über die großen Füße gestülpt, um sie vor Schlangenbissen zu schützen, und schlief ein, alsbald mit Rosen bekränzt von der Königin von England, die ihm ins Ohr flüsterte, sie habe ihn zum Nachfolger ihres Mannes auserwählt, dem gerade beim Spazierengehen im Schlosspark ganz plötzlich vom mittleren Balkon des Buckingham Palace ein Blumentopf auf den Kopf gefallen sei.
LXXVI
»Immerhin«, sagte Mattathias, »ist es bereits zehn Minuten nach Mitternacht, und das schamlose Weibsbild, die Tochter Belials, des Oberteufels, ist noch nicht gekommen, und dort steht dieser Wagen der Geldverschwendung in entsetzlichem Warten. Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, zeigte die Uhr der Barauslagen bereits zweiundvierzig helvetische Franken. Diese Frau verdient es, gesteinigt zu werden. Ein herzloses Geschöpf fürwahr. Zweiundvierzig Franken in achtzehnkarätigem Gold! Mehr als acht Taler!«
»Das ist nicht wichtig, der Herr hat mir genügend Geld gegeben«, sagte Michael.
»Ausgegebenes Geld tut mir weh«, sagte Mattathias. »Selbst das Geld eines anderen.«
»Ich glaube, was unseren Mattathias über den Tod hinwegtröstet, ist, dass er dann
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