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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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gesagt, fand es jedoch angebrachter, damit bis morgen, bis zum Tennisspiel zu warten.) Sie sind ja nicht einmal verheiratet. Nicht einmal verheiratet«, wiederholte sie. »Mein Cousin hat mich gründlich informiert. Diese Kreatur ist die Frau eines seiner Kollegen beim Völkerbund. Es hat sich alles sehr schnell herumgesprochen, da der arme Ehemann noch an dem Tag, an dem die Schuldigen durchgebrannt sind, einen Selbstmordversuch gemacht hat. Aber man hat ihn retten können. Und sie hat doch tatsächlich die Stirn gehabt, mir zu erzählen, sie sei die Frau dieses Individuums, wo sie doch einen Ehemann in Genf hat, der putzmunter ist!«
    »Es erstaunt mich, dass man das hier zugelassen hat«, sagte Madame de Sabran.
    »Umso mehr, als sie sich ja gezwungenermaßen mit ihren richtigen Namen einschreiben mussten, wegen der Ausweispapiere. Ich habe mich im Büro des Hotels erkundigt. Aber das ist nicht alles, es kommt noch besser. Stellen Sie sich vor, dieser Kerl hatte eine hohe Stellung im Völkerbund. Und obendrein ist er Israelit.«
    »Was Sie nicht sagen«, sagte Madame de Sabran. »Dieses Pack macht sich überall breit. Sogar am Quai d’Orsay gibt es zwei davon. Schöne Zeiten, in denen wir leben.«
    »Er hatte also eine sehr hohe Stellung.«
    »Die Mafia«, sagte Madame de Sabran mit wissender Miene. »Da ist mir Hitler weiß Gott lieber als dieser Blum. Der Kanzler ist wenigstens ein energischer Mann, der für Ordnung sorgt, ein echter Führer. Ich bin ganz Ohr, Madame.«
    »Also, ich wurde von meinem Cousin Bob informiert, den Sir John sehr schätzt. Vor drei oder vier Monaten wurde dieser Kerl entlassen oder eher zum Rücktritt gezwungen, was ja aufs Gleiche hinauskommt, und zwar wegen, wie sagen Sie,
disgraceful behaviour

    »Wegen schändlichen Betragens«, sagte Madame de Sabran, die genüsslich ihren Speichel einzog. »Das war ja zu erwarten, bei seiner Herkunft. Was genau hat er denn getan?«
    »Darüber hat Bob mir leider keine weiteren Einzelheiten geben können. Dabei ist er in der Regel immer sehr gut informiert, wegen seiner persönlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu Sir John und Lady Cheyne. Aber die Sache wurde geheim gehalten. Anscheinend wissen nur ein paar hochgestellte Persönlichkeiten Bescheid. Der Kerl hat sich jedenfalls etwas so Schlimmes und Unehrenhaftes zuschulden kommen lassen (Madame de Sabran nickte), dass man den Skandal erstickt hat, um nicht den Ruf des Völkerbundes zu beschmutzen! Alles, was man weiß, ist, dass er gefeuert worden ist.«
    »Recht so«, sagte Madame de Sabran. »Wahrscheinlich Hochverrat. Bei einem Glaubensgenossen von Dreyfus muss man auf alles gefasst sein. Ach, der arme Oberst Henry!«
    »Also mit Schimpf und Schande gefeuert. (Madame de Sabran nickte beiläufig.) Und darauf ist er, wie mir mein Cousin erzählte, eiligst nach Genf zurückgekehrt, von wo er dann mit seiner Komplizin geflohen ist. Er ist also nichts mehr.
A nobody
. Und dieses Flittchen hat doch gestern tatsächlich die Stirn gehabt, mich zu einer Partie Tennis einzuladen! Sie hat so darauf bestanden, dass ich ihr aus reinem Mitleid mehr oder weniger für heute Vormittag zugesagt habe, weil ich glaubte, es mit anständigen Leuten zu tun zu haben, Leuten aus unserem Milieu, die Sicherheiten bieten und etwas darstellen. Aber natürlich haben wir gleich, nachdem Bob Huxley uns informiert hat, die Beziehungen abgebrochen. Mein Mann hat heute früh den Kerl angerufen und ihm gesagt, ich fühlte mich nicht wohl. Was wollen Sie, er ist einfach zu gut, das liegt in seiner Natur. Nicht umsonst nennt die Viscountess Layton ihn nicht Generalkonsul, sondern den generösen Konsul! Die liebe Patricia ist ja immer so geistreich, mit einer Spur Schalkhaftigkeit!«
    »Ich finde, Gutmütigkeit sollte Strenge nicht ausschließen«, sagte Madame de Sabran. »Wenn ich Ihr Mann gewesen wäre, so wäre ich sehr deutlich geworden.«
    »Sie können mir glauben, sein Ton am Telefon hat an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig gelassen.«
    »Recht so«, sagte Madame de Sabran.
    Die beiden ehrenwerten Damen, die Feuchte und die Trockene, setzten das Gespräch über dieses ergötzliche Thema fort und pressten noch den letzten Tropfen Saft aus dieser gesellschaftlichen Verbannung, ein um so größeres Vergnügen, als es ihnen das Gefühl gab, untadelig zu sein, würdig, eingeladen zu werden und einzuladen. Von Zeit zu Zeit lächelten sie sich im gegenseitigen Bewusstsein ihrer Rechtschaffenheit zu. Man liebt

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