Die Schöne des Herrn (German Edition)
mich für dich, kleiner Deume.
Bald würde sie zurückkommen mit den Platten, ihren erbärmlichen Platten. Was sollte er tun, um sie am Leben zu erhalten? Hinuntergehen, die Forbes anflehen, die Unschuldige wenigstens einmal einzuladen? Ein einziges Mal, Madame, damit sie nicht auf die Idee kommt, sie wäre meinetwegen ausgestoßen. Danach werden wir gehen, das Hotel wechseln, und Sie werden uns nie wiedersehen. Sie ist alles, was ich jetzt habe, ich will, dass sie mich weiterhin liebt. Haben Sie Erbarmen mit ihr, Madame, sie ist keine Jüdin, sie ist es nicht gewohnt. Im Namen Christi, Madame.
Wahnsinn, Wahnsinn. Er würde sie vergeblich anflehen, diese beiden, sie würden bleiben, was sie schon immer waren, sich ihrer Wahrheiten gewiss, sich bewusst, die Mehrheit und die Regel zu sein, gewappnet mit gesellschaftlichem Zugehörigkeitsgefühl, ohne Herz und ohne Fehltritte und ohne Ängste, und natürlich an Gott glaubend. Schwein in jeder Hinsicht, sogar das, sich für gut zu halten.
Trotzdem hingehen? Sie anblicken, sie anlächeln, sie mit Tränen in den Augen anlächeln, ihnen sagen, dass die Zeit ihres Lebens kurz sei und dass sie sie nicht mit Hass vergeuden sollten? Wahnsinn, Wahnsinn. Nicht einmal Christus war es gelungen, sie zu ändern. Genug, Schluss damit. Bald würde sie zurück sein. Was tun, um ihr zu verheimlichen, dass er ein Paria, ein Verlierer war? Was tun, um sich ihre Liebe zu erhalten? Denn das war alles, was ihnen blieb, ihre Liebe, ihre armselige Liebe.
LXXXVI
Ein weiteres Mal frisch gebadet, frisch rasiert, ein weiteres Mal im edlen seidenen Schlafrock. Ja, unerlässlicher denn je, schön zu sein. Ein Paria kann sich nur noch auf das Biologische verlassen. O Eisenbeißer, o Salomon, o Saltiel. Auf seiner Hand küsste er die Wange seines Onkels. Fliehen, mit ihnen leben?
Draußen Nacht. Zehn Uhr. Die Bedauernswerte war seit Stunden allein, sie hatte sich nicht getraut, ihn zu stören, da er angeblich Kopfschmerzen hatte, sie hatte ihm ihre Rückkehr auf einem Zettel, den sie unter der Tür durchgeschoben hatte, mitgeteilt, sorgfältig geschrieben, in einer Handschrift, die schön sein sollte. »Ich bin bereit, ich erwarte Sie, aber kommen Sie nur, wenn Sie sich besser fühlen. Ich habe die sechs Konzerte gefunden.« Ganz allein mit ihren Platten, in Erwartung, sie ihm vorzuspielen, in Erwartung, dass er seinen guten Willen zeigte. Seine Geliebte, seine Geliebte, in was, in was, ja, in was hatte er sie da nur hineingezogen? Seine Unschuldige, in was, in was? Ja, er musste jetzt gehen, er musste seine Pflicht tun. Er blieb vor dem Schrank stehen.
»Ich hab’s«, sagte er zum Spiegel.
Als er in ihr Zimmer trat, ertönte ein unerbittliches Brandenburgisches Konzert. Da stand sie in einem Abendkleid, die Hand auf der Höllenmaschine, und lächelte, die Unglückliche. Er heuchelte also Begeisterung und lauschte konzentriert diesen Nervensägen und Gottverkitschern. Als die Platte ihre Drehungen beendet hatte, schaltete er das Licht aus und sagte, er müsse mit ihr reden. Nein, nichts Schlimmes, mein Liebling.
Im Dunkeln küsste er ihr die Hand, als sie sich neben ihn gelegt hatte, und dann sprach er. Also, er habe beschlossen, ganz und gar und für immer mit allem zu brechen, was nicht er und sie sei, mit dem Draußen und mit den Leuten von draußen. Nur eins zähle, ihre Liebe. Ach, wie wenig überzeugend ist das, dachte er und drückte sie fester an sich, um sie seinen Worten geneigt zu machen.
»Das findest du doch auch, nicht wahr?«
»Ja«, hauchte sie.
»Ich will, dass uns nichts von unserer Liebe ablenkt«, fuhr er mit leiser Stimme fort. »Die einzige Gefahr für uns hier ist diese Forbes, die bald wieder zum Angriff übergehen wird. Ich habe dem vorgebeugt. Ich habe vorhin diesen Huxley getroffen. Er hat mich sehr liebenswürdig begrüßt. (Er schämte sich dieser Worte, die ihm da entschlüpft waren, dieser Worte eines Untergebenen, des Untergebenen, der er geworden war.) Er wollte mich seiner Cousine vorstellen. Ich habe gleich erkannt, was folgen würde, wenn ich akzeptiere. Einladungen, Tennispartien oder Bridge, unserer Liebe gestohlene Zeit.«
»Und?«
»Und so habe ich ihn gebeten, uns bei seiner Cousine zu entschuldigen, aber sie könne für diese Tennispartie nicht mit uns rechnen. War das falsch von mir? Bist du verstimmt?«
»Aber nein, durchaus nicht. Sie wird sich ärgern und uns nicht mehr grüßen, aber das macht nichts. Was zählt, sind wir.«
Gerettet. Er
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