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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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bedeute, sich lieben, nicht wahr, sagte sie lächelnd, und ihre Lider flatterten noch entzückender. Sir John sei ja so sympathisch und Lady Cheyne eine so prachtvolle, so gütige Frau! Eine ihrer Nichten habe sich gerade mit einem Cousin zweiten Grades der lieben Lady Cheyne verlobt! Ihre Lider waren plötzlich zu Schmetterlingsflügeln geworden, und sie ergriff Arianes Hand. Aber natürlich, jetzt erinnere sie sich, ihr Cousin Bob Huxley vom Generalsekretariat, den Madame Solal doch sicher kenne, habe ihr im vergangenen Jahr so viel von Monsieur Solal erzählt, und mit so großer Bewunderung! Nein so was, wie interessant! Ihr Mann würde sich freuen, Monsieur Solal kennenzulernen, denn er interessiere sich auch sehr für den Völkerbund!
    Auf eine liebenswürdige Frage Arianes, die jetzt lebhaft und lebendig war wie eine in ihr heimatliches Gewässer zurückgekehrte Forelle, erwiderte Mrs. Forbes, sie sei seit vorgestern in Agay, aber ihr Mann komme erst heute Nachmittag und vielleicht in Gesellschaft des lieben Bob. Ja, er habe noch einen Umweg machen müssen, um seinen lieben Freund Tucker zu besuchen, ja, Sir Alfred Tucker, den Unterstaatssekretär im Foreign Office, der leider zur Zeit in einer Genfer Klinik in Behandlung sei, ja, in Genf. »Ein sehr lieber Freund«, schloss sie wehmütig und leicht schamhaft. Sie sei jedoch so erschöpft, dass sie nicht den Mut gehabt habe, den Umweg über Genf zu machen. Nach den Strapazen des römischen Gesellschaftslebens habe sie nur noch einen Gedanken gehabt: so schnell wie möglich in das gute alte Royal zurückkehren, an das sie gewohnt sei, obwohl die Gäste hier weder besonders sympathisch noch besonders interessant seien, mit Ausnahmen natürlich, wie sie zärtlich lächelnd hinzufügte, das aber so wunderbar gelegen sei, in einer wahrhaft göttlichen Umgebung. Von einem gewissen Standpunkt aus sei es sogar ein Vorteil, in einem Hotel zu wohnen, dessen Gäste einem ganz anderen Milieu angehörten, denn so könne man wenigstens die Einsamkeit genießen. Ja, nach dem so anstrengenden gesellschaftlichen Leben in Rom freue sie sich ganz besonders, endlich ein bisschen auszuspannen und wieder einmal nur auf den Körper zu hören, meinte sie mit einem intellektuellen Lächeln. Oh, wenn sie könnte, wie sie wollte, würde sie mit Freuden das mondäne Leben aufgeben, um ein Eremitendasein in der Einsamkeit zu führen, in der Betrachtung der geliebten Natur, wo man Gott näher sei, und mit ein paar guten Büchern als Gesellschaft. Aber die Ehefrauen offizieller Persönlichkeiten hätten nun mal die Pflicht, sich zu opfern und in gewisser Weise die Mitarbeiterinnen ihrer Männer zu sein, nicht wahr, sagte sie und lächelte ihrer Kollegin im offiziellen Ehestand zärtlich zu. Und neben diesem schrecklichen und so strapaziösen gesellschaftlichen Leben müsse man sich ja auch noch auf dem laufenden halten, was die intellektuellen Dinge beträfe, wie Vernissagen, Konzerte, Vorträge, soziale Probleme, die Bücher, über die man spricht, ganz abgesehen von den entsetzlichen Personalschwierigkeiten, wenn man wie sie die Verantwortung für einen großen Haushalt trage. Ja, wirklich, sie freue sich darauf, während dieser zwei Wochen nur noch Körper zu sein, im guten alten Mittelmeer zu schwimmen und jeden Tag Tennis zu spielen. Ach, übrigens, hätte Madame Solal nicht Lust, morgen eine Partie mit ihnen zu spielen? Und vielleicht wolle Monsieur Solal sich ihnen ebenfalls anschließen?
    Es wurde vereinbart, sich morgen Vormittag um elf vor dem Hotel zu treffen. Scharf gemacht durch die Zurückhaltung und das gute Benehmen dieser charmanten Untergeneralsekretärsgattin, verabschiedete sich Mrs. Forbes mit hervorstehenden, aber herzlich zugeneigten Zähnen und entfernte sich, gefolgt von ihrem Hündchen und hocherfreut über ihren Fang.

LXXXV

    Am nächsten Tag, kurz vor vier, gingen sie zum Tee in den kleinen Salon des Hotels hinunter und setzten sich an das auf die Terrasse gehende Fenster, das Ariane öffnete, um die so milde Luft zu genießen. Als sie sah, dass er mit den Augen zwinkerte, zog sie die Vorhänge zu, um ihn vor der grellen Sonne zu schützen. Nach der ersten Tasse sagte sie, man könnte meinen, es sei April und nicht November. Dann herrschte Schweigen. Um etwas zu sagen, bat er sie, den in Cannes gekauften Kleidern Noten zu geben. Das brachte das Gespräch sofort in Fahrt, und sie waren sich einig, dem Abendkleid, dessen dunkelrosa Farbe wirklich herrlich war, die

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