Die Schöne des Herrn (German Edition)
du wirst verzweifelt sein, wenn ich nicht mehr da bin, natürlich, und du wirst an Selbstmord denken, und du wirst in tiefer Trauer nach Genf zurückkehren. Und was wird dort geschehen? Dort, meine Liebe, wirst du bestimmt Christian Cuza wiedersehen, du erinnerst dich doch, meinen letzten Kabinettschef, ich habe ihn dir vorgestellt, der schöne Christian, lässig und verträumt und rumänischer Prinz noch dazu. Ja, du wirst ihn wiedersehen, denn ich habe dir mit viel Sympathie von ihm erzählt und dir gesagt, dass er mich ehrlich gern hatte. Und du wirst dir seine Gegenwart gefallen lassen, weil du mit ihm über mich reden kannst, weil nur Cuza dich verstehen, als Einziger verstehen kann, welchen Schatz du verloren hast. Kurz, das süße Gefühl, an deinem Kummer Anteil zu nehmen, die Stunden der Freundschaft, der Gemeinsamkeit in der lieben Erinnerung, die Fotos des Verstorbenen, die man gemeinsam auf einem Sofa betrachtet, nebeneinander, aber ein verdächtiger Abstand von zehn Zentimetern zwischen euch beiden, zehn Zentimeter Schamgefühl, die nichts Gutes verheißen! Was sagst du dazu? Du spielst die Tote? Wie du willst! Und eines Sommerabends, mit Hitzeblitzen am Himmel und gurgelndem Donner, wirst du plötzlich laut aufschluchzen, in der Erinnerung an irgendeine lebendige Geste des armen Abgekratzten, und dann wird Cuza dich trösten, dir sagen, er sei dein Bruder, und du könntest dich auf ihn verlassen. Er wird es auch glauben, denn er ist ein ehrlicher Junge, und er hing wirklich an mir. Und dann wird er dich um die Taille fassen, um besser zu fühlen und dich fühlen zu lassen, dass du dich auf ihn verlassen kannst. Und du hörst nicht auf zu schluchzen! Und plötzlich, weil der gute Cuza seine Wange genähert hat, um dich zu trösten, plötzlich Küsse mit dreifacher Turbinenkraft und Volldampf, die gleichen wie für mich, aber durch Tränen verschönert! (Um diese Küsse nicht zu sehen, schloss er die Augen und öffnete sie dann wieder.) Diesen aufrichtigen Heulkrampf hat dein Unterbewusstsein ausgelöst, um den allzu zögerlichen Christian auf Touren zu bringen! Du glaubst mir nicht? Wie du willst! Und das Schrecklichste ist, dass du Cuza nicht nur deinen Körper geben wirst, womit ich mich noch abfinden kann, sondern auch deine Zärtlichkeit, was mir unerträglich ist! Aber so sind die Frauen. Das Süßeste und Kostbarste, das sie haben, schenken sie nur einem, der es ihnen richtig besorgen kann, und nachdem er dies ausgiebig getan hat! Arme Leiche Solals, so schnell vergessen!«
Er warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. Ja, sinnlich, leider! Das bewies schon ihre stets so züchtige Haltung außerhalb ihrer Zungenrauschzustände, dieses schamhafte Gebaren vor den anderen Männern, dieses Rührmichnichtan-Getue, Zeichen der Angst vor den anderen Männern, allesamt gefährlich, sofern im Dienstalter, im Alter, ihr zu dienen. Unerträglich ihre Zurückhaltung, unerträglich diese Bescheidenheit, mit der sie da jetzt auf dem Stuhl saß und die Knie unerträglich zusammenpresste! Mit welchem Recht spielte sie die Anständige, da sie doch mit Cuza von den Tränen zur Verschmelzung der Zungen übergehen würde, während er, der arme unterirdische Hahnrei, sich ganz allein zwischen vier Brettern langweilen würde! Natürlich, sie würde Gewissensqualen verspüren, diesen Luxus leisteten sich ja alle Aubles, gewiss, aber sie würde sich schon irgendeine edle Rechtfertigung für ihr Gestrampel auf einem Grab einfallen lassen und es so einrichten, dass der arme Tote ihr noch behilflich wäre, wenn sie ihm Hörner aufsetzte! Er, mein geliebter Solal, unser Solal hat uns zusammengeführt, würde sie sagen, und alles wäre in bester Ordnung, und sofort danach würde sie Cuza die gleichen Worte sagen, die sie ihm, dem früheren Lebenden, gesagt hatte. Ich liebe es, wenn du mich ausziehst, ich liebe es, wenn du mich nackt siehst, würde sie ihm sagen. Oh, genug, es tut zu weh.
»Übrigens ist es gar nicht nötig zu warten, bis ich tot bin«, fuhr er traurig lächelnd fort, ohne zu bemerken, dass sie am ganzen Körper zitterte. »Wenn ich das meine dazu beitrage, wirst du mich auch zu meinen Lebzeiten zu betrügen wissen! Ich brauche dich nur zu zwingen, eine ganze Nacht nackt in einem schmalen Bett mit einem nackten Athleten zu verbringen, und dann werden wir schon sehen! Oh, wie die beiden da liegen! O dieses schmale Bett! Und ich meines Unglücks Schmied! Gewiss, du wirst der Versuchung widerstehen, gewiss, du
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