Die Schöne des Herrn (German Edition)
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»Geliebter, hören Sie auf. Warum wollen Sie alles zerstören? (Er brach in verzweifeltes Gelächter aus. Sie war also auch eine Antisemitin!) Geliebter«, flehte sie ihn an. (Oh, sie mit ihrem ewigen »Geliebter«, der sehr wohl auch ein anderer hätte sein können!) »Geliebter, lassen Sie das. Wollen Sie mir nicht lieber aus ihrer Kindheit erzählen, von ihrem Onkel, den Sie so lieben? Wie ist er? Beschreiben Sie ihn mir.«
»Sehr hässlich«, schnitt er ihr das Wort ab. »Nichts zu machen.«
Wie sehr es sie alle nach Schönheit verlangte! Neulich hatte sie zu ihm gesagt, »Ihre schönen Augen«. Sollte er jetzt auf seine Augen eifersüchtig sein? »Ihre schönen Augen«, das bedeutete doch nur, später, mein Lieber, wenn sie matt sind und triefen, ist es aus zwischen uns! Er erhob sich.
»Ja, engelhafte Verräterinnen sind sie alle, die plötzlich wehmütig entdecken, dass sie nicht mehr lieben! Und dann machen sie es wie die Spinne! Das alte Lied der Spinne! Mein lieber Rumpfmann, sagen sie zu dem armen Paket auf seinem Tisch, warum soll ich dich anlügen, wenn ich dich nicht mehr liebe? Mein Mund und meine Seele sollen rein bleiben und nicht durch unnötige Beschimpfungen die edle Erinnerung an vergangenes Glück beschmutzen! (Sie biss sich auf die Lippe, um einen traurigen Lachkrampf zu unterdrücken, als sie sich die Dichterin vorstellte, die mit solchen Worten zu ihrem verstümmelten Liebhaber sprach.) Wie die Spinne! Aber wer weiß«, fuhr er melodisch fort, »vielleicht werden Sie mich immer noch lieben, auch wenn ich nur noch ein Rumpf bin, was übrigens noch schlimmer wäre. Denn dann wären Sie die Heldin, die sich für ihren Rumpfmann opfert, die sich bemüht, in der Nähe des Rumpfes nicht zu tief einzuatmen, weil er so stinkt, die ihn wäscht, die ihn trägt, die ihn liebevoll auf die Klobrille setzt und dabei wie eine Heilige lächelt. Aber in Wirklichkeit kotzt er Sie an, dieser Drecksrumpf! Und hinter Ihrem heroischen Bewusstsein wünscht sich Ihr vernünftiges Unterbewusstsein, dass dieser unnütze Fleischwürfel endlich abkratzt und es ein Ende hat! So ist es, liebe Freundin, so ist es!«
Selbstsicher und hochgewachsen in seinem langen roten Schlafrock, verschränkte er herausfordernd die Arme über der Brust und erwartete ihre Erwiderung, auf die er sofort eine vernichtende Antwort bereit haben würde. Doch sie schwieg, den Kopf gesenkt. Daraufhin ließ er die Arme wieder sinken und begann in liebenswürdig süßlichem, leicht professoralem Ton:
»Es gibt noch ein anderes Problem, das wir gestern Abend nicht erörtert haben. Ich werde mir erlauben, es dir vorzutragen.«
»O nein, ich bitte dich, genug! Schau mich an, ich liebe dich, das weißt du. Warum quälst du mich, warum quälst du dich? Geliebter, küss mich.«
Sie küssen, ja, auf die Wangen, und sie fest an sich drücken, dazu hatte er plötzlich Lust, unbändige Lust. Aber nach den Küssen gäbe es immer noch die Musik da unten und sie beide allein mit ihren Dominosteinen. Zärtlichkeit war keine Beschäftigung, in der man aufging, und mit Küssen konnte man nicht gegen den Beifall nach dem Tango ankämpfen, mit dem die Glücklichen seine Wiederholung erklatschten. Er musste also weitermachen.
»Das Problem ist deine Sinnlichkeit«, sagte er.
Vielsagend nickend, betrachtete er sie. Gewiss, in letzter Zeit war sie hier in Agay nur theoretisch sinnlich gewesen, hatte sich bemüht, es zu sein, ohne zu merken, dass sie es immer weniger war. Aber in Genf, als er neu gewesen war, ganz neu, da war sie wahnsinnig sinnlich gewesen! Und daher durchaus imstande, es mit einem anderen Neuen ebenfalls zu sein! O ihre Küsse in Genf, die sie ihm so gerne gegeben hatte, mit kreisender Zunge, wirbelnde Propeller!
Sie immer noch betrachtend, sah er sie wieder in ihren Nächten der Anfänge, röchelnd, zustimmend, plötzlich kühn in Worten, in Bewegungen, in Lendenstößen. Und selbst hier in Agay manchmal. Eines Abends nach einer Szene, als er ihr gesagt hatte, es sei aus, und sie dann um Verzeihung gebeten hatte, hatte sie ihre Zunge so stürmisch kreisen lassen wie damals. O ja, eine Szene machte ihn zu einem Neuen, wenn auch nur für ein, zwei Stunden. »Folglich«, murmelte er und warf ihr einen irren Blick zu. Sie befeuchtete ihre Lippen. Nicht protestieren, ihn reden lassen, ihm nicht widersprechen.
»Sinnlich, und daher zur Untreue verdammt!«, verkündete er. »Folglich wird es hoch hergehen, wenn ich tot sein werde! O ja,
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