Die Schöne des Herrn (German Edition)
granatroten Meeres und betrachtet die Sonne, die in einer Menge poetischer und ermutigender Farbtöne untergeht, und da, und da wird diese Frau, die nur für mich lebt und fest davon überzeugt ist, ihr blumengeschmücktes Haupt auf die sonnengebräunte glänzende Schulter des Zimmerkellners oder des Rabbiners legen, der ihr Herr und Gebieter geworden ist, ganz wie ich, ihr Mann in der warmen Nacht und im Duft der Mangrovenbäume.
›Twoja schena‹
, wird sie zu ihm sagen!«, rief er und ging ans Fenster.
Die Stirn an die Scheibe gepresst und die Augen geschlossen, sah er sie, wie sie ihren Kopf an eine gewaltige und glatte Männerbrust lehnte. Da war sie nun auf ihrer duftenden Insel und hatte ihn völlig vergessen! Und dann tauschte sie mit diesem Kerl die gleichen Küsse wie mit ihm in den ersten Tagen! Vielleicht sogar noch viel schlimmere, wegen des Klimas, Zungenküsse nach Herzenslust und von seltener Obszönität! Schon begann er sie zu begehren, als er sich umdrehte und die Unglückliche am Boden liegen sah, zuckend, schluchzend, den Kopf auf dem Teppich.
Er nahm sie in seine Arme, hob sie auf, legte sie auf das Bett und bedeckte sie mit einem Pelzmantel, denn sie klapperte mit den Zähnen. Auf Zehenspitzen ging er ins Badezimmer, kam mit einer heißen Wärmflasche zurück und schob sie unter den Pelz. Er schaltete den Kronleuchter aus, knipste die Nachttischlampe an, kniete nieder, traute sich nicht, ihre Hand zu küssen, flüsterte, sie solle ihn rufen, wenn sie ihn brauche, und ging, wenig stolz auf sich, auf Zehenspitzen hinaus.
Im Salon blieb er in der Nähe der behutsam geschlossenen Tür, kam und ging, lauschte auf Geräusche, betrachtete ihr armseliges Leben, rauchte Zigaretten und drückte sich manchmal ihr glühendes Ende auf die Brust. Endlich entschloss er sich, öffnete vorsichtig die Tür, trat an das Bett, beugte sich über die Unschuldige, die jetzt der Schlaf von ihrem Unglück befreit hatte, seine Frau, die er so quälte, sie, die ihm ihr Vertrauen geschenkt hatte, die verzauberte Tänzerin aus dem Ritz, die begeistert aufgebrochen war, um für immer mit ihm zu leben, die Naive, eines ewigen Glücks so Sichere, seine Abgezehrte. Auf Knien, die Wangen von Tränen erleuchtet, wachte er über seine Unschuldige, die schlief wie ein Kind, seine Frau, die er so quälte. Nie mehr, nie mehr, nie mehr werde ich dir weh tun, gelobte er ihr im Stillen, mit all meinen Kräften werde ich dich lieben, und du wirst glücklich sein, du wirst sehen.
LXXXIX
Am nächsten Morgen, nach einer melancholischen Rasur, zündete er sich eine Zigarette an, um zum Optimismus zurückzufinden, und zwang sich zu einem Lächeln, um zu glauben, er habe die Lösung gefunden. Ja, das Gesellschaftliche, mit dem sie in ständiger Tuchfühlung lebten und das sie ihre Einsamkeit der Verbannung, das Eingemauertsein in ihre Liebe nur noch mehr spüren ließ, endlich aus ihrem Leben entfernen. Wenn sie ein eigenes Heim hätten, fern von den Menschen, wenn es den Kontrast nicht mehr gäbe, die Erinnerung an das Leben draußen, dann wären sie in ihrer eigenen Welt, und da sie niemanden sähen, würden sie auch niemanden brauchen. Und aus diesem Heim würde er ein Refugium machen, zu machen versuchen, wo er ihr ein Leben in vollkommener Liebe bieten könnte.
Absurd, doch wenn man sich die Liebe einmal eingebrockt hatte, musste man sie auch auslöffeln, und jetzt kam es darauf an, sie glücklich zu machen, sagte er sich, als er, den Rosenkranz um den Finger wirbelnd, um begeistert und entschlossen zu wirken, bei ihr hereinschneite. Er küsste sie sofort auf die Stirn, die Augen und die Hände, um sie mit seiner Hoffnungsfreudigkeit anzustecken.
»Sei gegrüßt, mein Engel, meine Geliebte! Jetzt ist Schluss, weißt du, jetzt bin ich geheilt, keine Szenen mehr, nie mehr! Alles ist neu, und Ehre sei Gott in der Höhe! Und jetzt noch etwas«, verkündete er mit gut gespielter Begeisterung, ihre beiden Hände ergreifend. »Also hör zu. Möchtest du nicht, dass wir ein Haus für uns haben? Dasjenige, das dir vor ein paar Tagen so gefallen hat?«
»Das in der Nähe von La Baumette? Das zu vermieten ist?«
»Ja, Liebling.«
Sie schmiegte sich an ihn mit jenem undefinierbaren, leicht zitternden Lachen aus dem Ritz. Ein Haus für sie und ihn! Und das einen so schönen Namen hatte, Belle de Mai! Er sah sie an, gerührt von dieser Elastizität, dieser jungen Fähigkeit zu hoffen. Sie sprang aus dem Bett.
»Ich will es sofort sehen!
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