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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Machsmirnochmal vor, bis sie beide weiße Bärte haben, ich sag, das ist nicht richtig, das ist kein Leben, und für einen Mann ist es ungesund, ein Mann hat nicht die Kraft einer Frau, das ist medizinisch erwiesen, und was ich ihr nicht verzeihen kann, ist, dass sie immer so nett zu mir ist, wenn wir allein sind, mir sagt, wie gut ich den Haushalt organisier und wie gut ich Staub wisch, der Staub ist ein Krieg, den wo man täglich führen muss, also dass sie sich für alles interessiert wie eine richtige Dame, aber sowie ihr Schatz auf der Bildfläche erscheint, ist es vorbei, ich bin nur noch eine Kreatur, die wo man verachtet, dann ist sie sofort die antike Statue, ich existier nicht mehr, und was ich auch nicht mag, ist, dass sie sich nie vor mir küssen, als ob sie sagen wollten, du bist nicht würdig, also, ich hatte es mir anders vorgestellt, wenn ich sie nicht so mögen würde, würde ich nicht eine Stunde länger hierbleiben, warum sagen sie sich nie ein nettes Wort vor mir, stattdessen gehen sie in ihren Sarkophag, um die Bischöfe der Liebe zu spielen, und ich sitz wie eine Gefangene in der Küche, während sie sich im Zimmer von Karl dem Großen ihre Rätsel erzählen, und wenn sie da eingeschlossen sind, ständig die Grammophonmusik, sollten sie je ein Kind haben, wird es garantiert ein großer Opernmusiker, und dieses ständige Blindekuhspielen, kommen Sie rein, aber schließen Sie die Augen, ich bin nicht sichtbar, drehen Sie sich um, wenn das Liebe sein soll, kann sie mir gestohlen bleiben, mein Seliger und ich, wir hätten sogar unsere kleinen Geschäfte zusammen verrichtet, um uns nicht zu verlassen, das ist Liebe, sag ich Ihnen, still, da kommen sie.«

XCI

    Die Tage der edlen Liebe folgten und glichen einander. Die beiden Erhabenen sahen sich nie am Vormittag, den Ariane mit ihren häuslichen Pflichten verbrachte. Bestrebt, ihrem Geliebten einen Rahmen der Ordnung und Schönheit zu bieten, gab sie Mariette Anweisungen und wachte über das Saubermachen, die Zusammenstellung der Mahlzeiten, die Bestellungen und die Blumenarrangements. Sie kam und ging in aller Freiheit, denn es war ausgemacht, dass er von dem Augenblick an, da sie zweimal in ihrem Zimmer läutete, nicht mehr herauskommen durfte. Er musste dann ebenfalls zweimal läuten, um zu bestätigen, dass er sie gehört hatte, damit sie nicht Gefahr lief, im entehrenden Zustand ästhetischer Unvollkommenheit überrascht zu werden. So blieb er meist bis zur Stunde des Mittagessens in seinem Zimmer, während Ariane ungebadet und unfrisiert im weißen Kittel im Haus umherlief und gewissenhaft arrangierte und organisierte.
    Nachdem sie am späten Vormittag die letzten Befehle erteilt hatte, zog sie sich in ihr Zimmer zurück, las eine literarische Zeitschrift oder einen von der Kritik gelobten Roman oder ein paar Seiten einer Geschichte der Philosophie. Das alles tat sie für ihn, um ernsthafte Gespräche mit ihm führen zu können. Nach der Lektüre streckte sie sich auf dem Sofa aus, verbannte alle materiellen Sorgen aus ihren Gedanken, schloss die Augen und zwang sich, an ihre Liebe zu denken, um ganz gelöst und ausgeglichen, zwei ihrer Lieblingswörter, zu sein und ganz für ihn da sein zu können, wenn sie ihn wiedersah. Nach dem Bad begab sie sich frisiert und parfümiert zu ihm. Und es begannen ihre hohen Stunden, wie sie sie nannte. Er küsste ihr feierlich die Hand und war sich bewusst, wie falsch und lächerlich ihr Leben war. Wenn er nach dem Mittagessen spürte, dass es moralisch unbedingt notwendig sei, sich sexuell mit ihr zu vereinigen, sagte er, er würde sich gern ein wenig mit ihr ausruhen, weil ein gewisser Stil unverzichtbar war. Sie verstand und küsste ihm die Hand. »Ich werde Sie rufen«, sagte sie mit einem kleinen Triumph im Herzen und ging in ihr Zimmer. Dort schloss sie die Fensterläden, zog die Vorhänge zu, bedeckte die Nachttischlampe mit einem roten Schal, um den Raum in ein angemessen wollüstiges Licht zu tauchen und vielleicht auch, um eventuelle rote Flecke nach dem Essen zu verbergen, zog sich aus, bedeckte ihre Nacktheit mit einem Liebeskleid, einer selbstentworfenen seidenen Schößchenjacke, die nur dazu da war, ausgezogen zu werden, vervollkommnete erneut ihr Aussehen, steckte sich den Ehering aus Platin, den er ihr auf ihren Wunsch hin geschenkt hatte, an den Finger und zog das verdammte Grammophon auf, und die Mozartarie ertönte wie einst im Royal. Darauf trat er ein, Liebespriester wider Willen, und

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