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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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Lächeln eines Gotteskindes, das trotz allem stets zu lieben und zu verzeihen bereit ist. »Willst du mich jetzt bitte allein lassen? Ich bin noch nicht fertig«, fügte sie mit gesenktem und keusch ehebrecherischem Blick hinzu.
    Er schlich auf Zehenspitzen hinaus. Draußen versank er wieder in Gedanken und drehte die Schnurrbartspitzen nach unten, damit sie seinen spärlichen Ziegenbart berührten. Nein, entschieden nein, mit dieser Zange würde er nicht zurechtkommen. Das Beste wäre, Martha in einem Augenblick zu erwischen, in dem sie allein wäre, und sie zu bitten, ihm seine Portion Spargel für morgen aufzuheben.
    »Und ihr könnt Gift darauf nehmen, dass ich sie mir morgen mit den Fingern smecken lassen werde!«

XVII

    Dem schrillen Ruf folgend, trat er ganz verstört in das eheliche Schlafzimmer, wo seine Gemahlin, erneut in der Untertaille, in der Pose der unverdient Leidenden auf dem Bett lag und sich ihr Riechfläschchen an die Nase hielt.
    »Was ist los, mein Ssatz?«
    »Was los ist? Diese Person, in die du so vernarrt bist …«
    »Ich bin vernarrt in eine Person?«
    »Ja, die Aristokratin! Ich komme eben von ihr! Wenn man es so nennen kann, denn sie hat sich nicht herabgelassen, mir ihre Tür zu öffnen! Natürlich spielte sie wieder Klavier! Ich habe höflich angeklopft, und weißt du, was sie mir geantwortet hat? Sie könne mir nicht aufmachen, weil sie nackt sei! Wörtlich! Stell dir vor, sie sitzt völlig nackt da und spielt Chopin! Vielleicht ist das ja in der Genfer Aristokratie so üblich! Nackt, um fünf Uhr nachmittags! So musste ich, Frau Antoinette Deume, geborene Leerberghe, die Demütigung ertragen, durch die verschlossene Tür mit ihr zu reden! Ich habe es im Interesse Didis ertragen, denn du kannst dir ja denken, wenn nicht unser armes Kind davon betroffen wäre, hätte ich mir das nicht bieten lassen, auch wenn sie eine d’Auble ist! Ich habe ihr also sehr nett gesagt (Sie sprach jetzt mit engelhafter Stimme:) ›Werden Sie denn rechtzeitig fertig sein?‹, du kennst ja meinen Charakter, meine Sanftmut, meine Erziehung. Und weißt du, was sie mir geantwortet hat, diese Person, die du ununterbrochen anlächeln musst und die ja ach so reizend ist? (Sie betrachtete sich im Spiegel ihres Kleiderschranks.) Sie hat mir wörtlich geantwortet (Sie machte eine scheußliche Grimasse und sprach mit schriller Stimme:) ›Ich fühle mich nicht wohl. Ich weiß nicht, ob ich heute Abend zum Essen hinunterkommen kann.‹ In einem Ton, den ich gar nicht wiedergeben kann, denn das entspricht nicht meinem Wesen. Na ja, die hochnäsige Prinzessin eben! Dabei gibt es d’Aubles, die in den bescheidensten Verhältnissen leben und bei denen sie übrigens gar nicht empfangen wird! Na ja, eigentlich keine d’Aubles, sondern Cousins, aus dem sogenannten Hochadel! Oh, ich habe ja schon immer gesagt, dass diese Ehe in die Brüche gehen wird! All das Geld, das er für sie ausgeben muss! Die Reisen an die Côte d’Azur! Die Geschenke, die er ihr mitbringt! Verlange ich vielleicht Geschenke? Merk dir, was ich sage, sie wird ihn ruinieren! Denk doch nur an das Badezimmer nur für Madame! Als wir hier eingezogen sind, gab es zwei Badezimmer, eins im ersten Stock für uns und eins im zweiten für das junge Paar, und das hätte doch wohl genügen sollen, meine ich! Aber nein, Madame wollte das Badezimmer nicht mit ihrem Mann teilen, vielleicht ekelt sie sich! Madame wollte ihr eigenes Badezimmer! Prinzessin Rührmichnichtan! Getrennte Schlafzimmer, getrennte Badezimmer! Insgesamt viertausenddreihundertfünfundneunzig Franken, die der arme Junge für das dritte Badezimmer berappen musste! Wenn ich an all die armen Inder denke, die auf der Straße leben! Na, was sagst du dazu?«
    »Wie du sagst, mein Ssatz. Zwei Badesstuben hätten genügt.«
    »Man sagt nicht Badestube. Gebildete Menschen sagen Badezimmer, wie oft habe ich dir das schon gesagt. Es ist eine Frage der guten Erziehung, des Mijöhs. Aber lassen wir das. Und die teuren Restaurants, in die er sie führt! Na, du sagst gar nichts?«
    Er schluckte, hüstelte und gehorchte.
    »Nun ja, wenn man sein eigenes Heim hat, geht man nicht ins Restaurant. Da gebe ich dir recht.«
    »Ein ganz schönes Früchtchen, diese Person! Ich frage mich, wozu sie ihm nütze ist! Was hat er schon von ihr! Schließlich hat sie ihm niemanden vorgestellt, hörst du mich, niemanden aus ihrem sogenannten hohen Mijöh! Was sagst du dazu?«
    »Tatsache ist …«
    »Drück dich genauer aus.

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