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Die Schöne des Herrn (German Edition)

Die Schöne des Herrn (German Edition)

Titel: Die Schöne des Herrn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Cohen
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zu machen, »da ich ja meine Parkettssoner anhabe«.
    »Was willst du denn noch, mein Freund?«, fragte sie genervt, als er eintrat und beinahe auf dem zu glatt gebohnerten Parkett ausgerutscht wäre.
    »Ich habe noch mal nachgedacht, und ich glaube wirklich, wir sollten mit einer Suppe anfangen. Vielleicht isst er ja gern Suppe.«
    »Wer er?«, fragte sie leicht sadistisch.
    »Na, Didis Vorgesetzter natürlich.«
    »Du könntest dir schon die Mühe machen, ihn bei seinem Titel zu nennen.«
    »Aber der ist so lang, dass ich mich immer darin verheddere. Versstehst du, er isst vielleicht gern Suppe.« (Der kleine Heuchler dachte mehr an sich als an den Ehrengast. Er liebte Suppe nämlich über alles und bezeichnete sich oft als »großen Suppentopf«.)
    »Ich habe dir bereits gesagt, dass es keine Suppe gibt. Suppe ist ordinär.«
    »Aber wir essen doch jeden Abend welche!«
    »Es ist eine Stilfrage«, seufzte sie. »Man sagt nicht Suppe, man sagt Potage. Einer hohen Persönlichkeit serviert man keine Suppe. Heute Abend haben wir eine Potage Bisque.«
    »Ach so. Und ist das gut?«
    »Es wird bei königlichen Diners serviert.«
    »Und was ist da drin?«, fragte er. Ihm lief bereits das Wasser im Mund zusammen.
    »Alle möglichen Zutaten«, erwiderte sie vorsichtig. »Du wirst es heute Abend sehen.«
    Jetzt nahm er seinen ganzen Mut zusammen und sagte, er würde gern das ganze Menü von heute Abend erfahren. Ja, er wisse, dass er selbst darum gebeten habe, es ihm nicht vorher zu sagen, »damit es eine Überrassung ist, wie im Hotel, wenn man Ferien macht«. Aber jetzt gehe es doch über seine Kräfte. Er war hocherfreut, als sie seinem Wunsch sogleich nachkam. Sie öffnete eine Schublade und nahm behutsam eine längliche viereckige Karte heraus.
    »Das ist eine Überraschung für Adrien, ich habe das Menü drucken lassen, und sogar in Goldbuchstaben, siehst du, das kostet zehn Prozent mehr, aber es lohnt sich. Fünfzig Stück. Fünf für den Tisch, und die anderen heben wir uns für andere Diners auf, wenn Didi seine Beziehungen einlädt, gegebenenfalls können wir sie immer noch vorzeigen. Der Preis für fünfzig ist der gleiche wie für fünf, also warum nicht fünfzig. Du kannst dir das Menü ansehen, wenn du saubere Hände hast.«

    Potage Bisque
    Hummer Thermidor
    Kalbsbries Prinzessinart
    Schnepfen auf Canapé
    Gänseleber Colmar
    Spargel mit Musselinsauce
    Gemischter Salat Pompadour
    Baisers mit Eis
    Käse
    Exotische Früchte
    Eisbombe Tutti Frutti
    Petits Fours
    Kaffee
    Spirituosen
    Zigarren Henry Clay und Upmann

    Nachdem er das Menü aufgeregt und nicht ohne eine gewisse Panik gelesen hatte, las er es noch einmal in Ruhe und modellierte jedes Wort mit den Lippen, um es sich ganz einzuprägen, während sie sich in der Bewunderung sonnte, die sie auf dem Gesicht ihres Mannes zu lesen glaubte. Sie war stolz auf dieses Werk, bei dem sie sich durch ihre Sammlung königlicher Menüs, die sie aus Zeitungen ausgeschnitten hatte, hatte inspirieren lassen. Er spürte wohl, dass sie ein Kompliment erwartete, doch er dämpfte sein Lob mit einer Bemerkung, die sie die Stirn runzeln ließ.
    »Findest du nicht, dass es ein bisschen zu viel ist? Hummer und dann Kalbsbries und dann Ssnepfen und dann Gänseleber. Das liegt swer im Magen. Und außerdem zweimal Eis, die Baisers und die Bombe.«
    »Adrien hat das Menü gutgeheißen, und das genügt mir. Und außerdem scheinst du nicht zu wissen, dass man bei großen politischen Diners immer nur wenig von jedem Gericht isst. Ein paar Löffel Potage, ein Häppchen Hummer und so weiter. So ist es üblich.«
    »Nun ja, wenn Adrien es gutgeheißen hat, ist es in Ordnung.«
    »Na ja, außer der Gänseleber, denn die soll auch eine Überraschung für ihn sein, ich habe sie auf meine Kosten bestellt, und du kannst mir glauben, sie war nicht billig, aber es ist etwas sehr Feines, Gänseleber Colmar hat es im Élysée beim Diner für den Schah von Persien gegeben. Du siehst also, wir haben alle Garantien. Auf dem gedruckten Menü fehlt nur der Kaviar, der ganz zu Anfang serviert wird, weil Adrien sich vorhin erst dazu entschlossen hat, aber das macht nichts, der Herr Untergeneralsekretär wird es auch so merken.«
    »Und die Zigarren? Setzt man die auch auf die Menükarte?«
    »Sie kosten sieben Franken das Stück. Didi hat mir gesagt, sie seien das Beste, was man in Genf finden kann.«
    »Ach so. Und was ist dieser Hummer Sermidor?«
    »Man sagt Thermidor. Das ist kein englisches Wort,

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