Die schöne Diebin
Verlegenheit zu bringen. Natürlich kam es ab und zu vor, dass eine Dame ihn begutachtete. Schließlich gehörte er zu den begehrtesten Junggesellen von ganz England. Er war wohlhabend, trug einen Titel, sah gut aus und hatte die dreißig überschritten, ohne bisher in den Hafen der Ehe eingelaufen zu sein. Das machte Mütter und Töchter neugierig. Doch keine hätte es gewagt, ihr Interesse so offen zu zeigen wie die Katze.
„Gar nicht so übel“, stellte die fest.
Gar nicht so übel? Er wollte seinen Ohren nicht trauen! In seinem ganzen Leben hatte ihn nie jemand „gar nicht so übel“ gefunden. Er wusste, dass die Damen über sein gutes Aussehen tuschelten, und er hielt seinen Körper in Form, indem er bei Gentleman Jackson trainierte!
Er beschloss, sich mit Spott zur Wehr zu setzen. „Vielleicht möchten Sie auch meine Zähne begutachten?“
„Ein guter Vorschlag!“ Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Eine provozierende Geste!
Fassungslos sah er, wie sie auf ihn zutrat. Dann spürte er auch schon ihren Mund auf dem seinen. Obwohl er fest entschlossen gewesen war, sich nicht auf das Spiel der Katze einzulassen, öffnete er die Lippen einen Spaltbreit. Schon hatte ihre Zunge den Weg zwischen seinen Zähnen hindurch gefunden, und er spürte, wie die kühne junge Frau sich an ihn presste. Ein erotischer Schauer überlief ihn. Sein Körper schien plötzlich ein Eigenleben zu führen, das mit dem, was seine Vernunft verlangte, nichts mehr gemein hatte. Er stöhnte auf.
Der kleine zufriedene Seufzer der Katze verriet ihm, dass seine Erregung ihr nicht verborgen geblieben war. Sie grub die Finger in sein Haar, als wolle sie verhindern, dass er den Kopf abwandte, ehe sie bereit war, den Kuss zu beenden. Himmel, in diesem Moment wünschte er nur, die Zeit würde stehen bleiben! Nie hatte er einen so berauschenden Kuss bekommen. Ja, diese Frau hatte seinen Mund nicht nur erobert, um ihre Macht zu beweisen, sondern vor allem, weil sie ihn begehrte. Es war ein heißer, ein leidenschaftlicher Kuss.
Brandon schloss die Augen und gab sich der Magie hin, die von den Lippen der Katze ausging. Sie erforschte jeden Winkel seines Mundes. Sie neckte ihn, quälte ihn, erfüllte ihn mit Seligkeit.
Unterdessen hatte sie geschickt ein paar Knöpfe seines Leinenhemdes geöffnet, und er spürte, wie sie die Hand unter den Stoff schob, um seinen Oberkörper – und dann seine Brustwarzen zu streicheln.
O Gott, so etwas hatte er noch nicht erlebt! Wenn sie nicht aufhört, bin ich verloren! Dabei wusste er nicht einmal, ob er sich wünschte, sie möge aufhören oder sie möge ewig weitermachen.
Sie machte weiter.
Ihre Hand wanderte Stück um Stück nach unten.
Ah, es war wunderbar … Natürlich wollte er nicht, dass sie aufhörte! Aber er durfte ihr die Kontrolle nicht vollständig überlassen. Während sein Verlangen wuchs, erwiderte er ihren Kuss mit unerwarteter Leidenschaft und ließ die Hände liebkosend über ihre Hüften gleiten.
Sie saugte noch einmal erregend an seiner Unterlippe und löste sich dann von ihm.
Verflucht!
Er konnte sich nicht erinnern, jemals von einem Kuss so erregt gewesen zu sein. Er wollte etwas sagen, um den Beweis zu erbringen, dass er Herr der Lage war. Aber die Stimme gehorchte ihm nicht.
„Was ist los?“, neckte die schöne Diebin ihn. Sie zwinkerte ihm zu. „Hat die Katze Ihnen etwa die Zunge gestohlen?“
Plötzlich wandte sie sich um, lief durchs Zimmer, kletterte auf die Fensterbank, und ehe er auch nur begriff, was sie vorhatte, sprang sie mit einem Satz hinaus.
Er unterdrückte einen Schreckensschrei und rannte zum Fenster. Hatte sie sich in den Tod gestürzt? Nein, kein lebloser Körper lag auf dem Rasen. In der Eiche allerdings, die einen ihrer dicken Äste zum Haus hin ausstreckte, raschelte es. Ein geflüstertes „Bis bald!“ Dann war es still. Die Katze war fort.
Brandon stand wie erstarrt. Was hatte er getan? Sein Verhalten war ihm selbst unerklärlich. Er hätte die dreiste Einbrecherin dingfest machen und der Obrigkeit übergeben können. Stattdessen hatte er sich erst von ihr küssen und sie dann entkommen lassen.
Immerhin hatte sie den Ring nicht mitgenommen. Er legte ihn in das mit Samt ausgeschlagene Kästchen zurück und bemühte sich, seine wirren Gedanken zu ordnen.
Er würde seinen Kammerdiener damit beauftragen müssen, das Zimmer zu durchsuchen. Vielleicht fehlte ja doch etwas. Außerdem musste er seine Erscheinung in Ordnung bringen. Der
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