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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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wir da auf jeden Fall ran. Leguennec wird die Sache übernehmen. Der hat die nötige Ausdauer.«
    »Wer ist Leguennec?« fragte Juliette.
    »Ein Typ, mit dem ich früher phantastisch gut Karten gespielt habe«, antwortete Vandoosler. »Wir hatten ein neues Spiel erfunden, das ›Walfangboot‹ hieß. Phantastisch. Auf dem Meer kannte er sich aus, er war in seiner Jugend Fischer gewesen. Hochseefischerei, Irische See und so weiter. Phantastisch.«
    »Und was sollen wir mit deinem Kartenspieler von der Irischen See?« fragte Marc.
    »Der Fischer und Kartenspieler ist Bulle geworden.«
    »So einer wie du?« fragte Marc. »So ein kulanter?«
    »Keineswegs. Der Beweis: er ist noch immer Bulle. Heute ist er sogar leitender Inspektor im Kommissariat des 13. Arrondissements. Er war einer der wenigen, die versucht haben, mich zu verteidigen, als man mich entlassen hat. Aber ich kann ihn nicht selbst benachrichtigen, das würde ihn in eine heikle Situation bringen. Der Name Vandoosler ist in dem Bereich immer noch ein bißchen verschrien. Der heilige Matthäus wird sich darum kümmern.«
    »Unter welchem Vorwand?« fragte Mathias. »Was soll ich diesem Leguennec sagen? Daß eine Dame nicht nach Hause gekommen ist und ihr Mann sich keine Sorgen macht? Bis auf weiteres ist jeder Erwachsene frei, zu gehen, wohin er will, ohne daß die Polizei sich einmischt, verdammt noch mal.«
    »Der Vorwand? Nichts einfacher als das. Da sind doch vor vierzehn Tagen drei Typen aufgetaucht, die im Garten der Dame einen Graben ausgehoben und sich als städtische Arbeiter vorgestellt haben. Vortäuschung falscher Tatsachen. Ein ausgezeichneter Vorwand. Du lieferst ihm die weiteren Informationen, und Leguennec wird zwischen den Zeilen lesen können. Dann beißt er an.«
    »Dankeschön«, sagte Lucien. »Erst fordert der Kommissar uns zum Graben auf, und dann hetzt er uns die Bullen auf den Hals. Große Klasse.«
    »Jetzt denk mal nach, heiliger Lukas. Ich hetze euch Leguennec auf den Hals, das ist ein kleiner Unterschied. Mathias muß die Namen der drei Arbeiter ja nicht nennen.«
    »Wenn dieser Leguennec so stark ist, wird er sie rauskriegen!«
    »Ich habe nicht gesagt, daß er stark ist, ich habe gesagt, er hat Ausdauer. Aber er wird die Namen tatsächlich herausfinden, weil ich sie ihm nämlich selbst sagen werde – aber erst später. Falls es nötig ist. Ich werde dir sagen, wann du loslegen sollst, heiliger Matthäus. Jetzt aber, glaube ich, ist Juliette erst mal müde.«
    »Das stimmt«, erwiderte sie und richtete sich auf. »Ich geh jetzt nach Hause. Muß bei der Sache wirklich die Polizei eingeschaltet werden?«
    Juliette sah Vandoosler an. Seine Worte schienen sie beruhigt zu haben. Sie lächelte ihn an. Marc warf Mathias einen Blick zu. Die Schönheit des Paten war eine gealterte Schönheit, sie hatte viel genutzt, aber sie wirkte noch immer. Was vermochten die statischen Züge von Mathias gegen eine alte, verbrauchte, aber noch immer wirkungsvolle Schönheit auszurichten?
    »Ich glaube«, sagte Vandoosler, »daß wir vor allem erst mal schlafen gehen müssen. Morgen früh werde ich Pierre Relivaux besuchen. Danach lösen der heilige Lukas und der heilige Markus mich ab.«
    »Mission wird ausgeführt«, sagte Lucien.
    Und er lächelte.

 
     
13
     
    Vandoosler war auf einen Stuhl geklettert, hatte den Kopf durch ein Oberlicht gesteckt und verfolgte das Erwachen des rechten Nachbarhauses. Die Westfront, wie Lucien sagte. Wirklich ein Besessener. Aber es schien, er hatte sehr ordentliche Bücher über eine Menge unbekannter Aspekte dieser Weltkriegsgeschichte geschrieben. Wie konnte man sich nur für diesen alten Kram interessieren, wo in jedem Garten so viele neue spannende Sachen auftauchen konnten? Na ja, vielleicht war es im großen und ganzen dieselbe Arbeit.
    Er sollte vielleicht dran denken, sie nicht mehr heiliger Soundso und heiliger Dingsbums zu nennen. Das ärgerte sie, und das war verständlich. Sie waren ja keine Kinder mehr. Ihn aber amüsierte es. Mehr als das. Und bis dahin hatte Vandoosler noch nie auf etwas verzichtet, was ihm Vergnügen verschaffte. Er würde also sehen, was die drei Historiker ihm über die Gegenwart zu sagen hätten. Forschen, sammeln, um zu sammeln – wo lag der Unterschied zwischen dem Leben der Jäger und Sammler, der Zisterziensermönche, der Landser und dem von Sophia Simeonidis? Einstweilen erst einmal die Westfront überwachen, feststellen, wann Pierre Relivaux aufstand. Es dürfte jetzt

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