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Die schöne Diva von Saint-Jacques

Die schöne Diva von Saint-Jacques

Titel: Die schöne Diva von Saint-Jacques Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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man mir etwas vorwerfen?«
    »Sie wissen sehr gut, was die Bullen von einem Ehemann denken, dessen Frau verschwindet.«
    »Das ist absurd.«
    »Ja, absurd.«
    »Soweit wird die Polizei nicht gehen«, sagte Relivaux und schlug mit einer Hand hart auf den Tisch. »Ich bin nicht irgend jemand.«
    »Ja«, wiederholte Vandoosler sanft. »Wie alle anderen.«
    Vandoosler erhob sich langsam.
    »Sollte die Polizei zu mir kommen, werde ich mich in Ihrem Sinne äußern«, fügte er hinzu.
    »Nicht nötig. Sophia wird zurückkommen.«
    »Hoffen wir es.«
    »Ich mache mir keine Sorgen.«
    »Na, um so besser. Und danke für Ihre Offenheit.«
    Vandoosler durchquerte den Garten, um nach Hause zu gehen. Pierre Relivaux sah ihm nach und dachte: »In was mischt der sich ein, diese Schmeißfliege?«

 
     
14
     
    Erst Sonntag abend kamen die Evangelisten mit etwas Konkreterem zurück. Samstag hatte Pierre Relivaux das Haus nur verlassen, um Zeitungen zu kaufen. Marc hatte zu Lucien gesagt, daß Relivaux sicherlich »die Presse« und nicht »Zeitungen« sagen würde und daß man das eines Tages überprüfen müsse, nur so zum Spaß. Sonst hatte er sich nicht gerührt, er hatte sich mit seiner Presse zu Hause eingeschlossen. Vielleicht fürchtete er den Besuch der Polizei. Da nichts geschah, kehrte seine Entschlossenheit zurück. Marc und Lucien hefteten sich ihm an die Fersen, als er gegen elf Uhr morgens das Haus verließ. Er führte sie bis zu einem kleinen Wohnhaus im 15. Arrondissement.
    »Voll ins Schwarze«, erklärte Marc, als er Vandoosler Bericht erstattete. »Das Mädchen wohnt im vierten Stock. Sie ist ganz nett, etwas weichlich, sanfter Typ, passiv, nicht kleinlich.«
    »Sagen wir der Typ ›lieber irgendeine als keine‹«, präzisierte Lucien. »Ich persönlich stelle sehr hohe Ansprüche an die Qualität und mißbillige daher diese Panik, die dazu führt, daß einer sich mit allem und jedem begnügt.«
    »So hohe Ansprüche, daß du allein bist. Stellen wir das mal fest«, erwiderte Marc.
    »Absolut richtig«, sagte Lucien. »Aber das steht heute abend nicht auf der Tagesordnung. Mach weiter mit deinem Bericht, Soldat.«
    »Das ist alles. Das Mädchen ist abgesichert und wird ausgehalten. Sie arbeitet nicht, wir haben uns im Viertel erkundigt.«
    »Relivaux hat also eine Geliebte. Ihre Vorahnung war richtig«, sagte Lucien zu Vandoosler.
    »Das war keine Vorahnung«, entgegnete Marc. »Der Kommissar hat Erfahrung.«
    Pate und Patensohn tauschten einen kurzen Blick.
    »Kümmere du dich um deine Angelegenheiten, heiliger Markus«, sagte Vandoosler. »Seid ihr sicher, daß es sich wirklich um eine Geliebte handelt? Es könnte auch eine Schwester sein oder eine Cousine.«
    »Wir haben uns hinter die Tür gestellt und gelauscht«, erklärte Marc. »Ergebnis: es ist nicht seine Schwester. Relivaux hat sie gegen sieben Uhr verlassen. Dieser Typ ist nach meinem Eindruck ein hochgradig jämmerlicher Wicht.«
    »Nicht so eilig«, bemerkte Vandoosler.
    »Unterschätzen wir den Feind nicht«, ergänzte Lucien.
    »Ist der Sammler und Jäger noch nicht zurück?« fragte Marc. »Noch immer im Tonneau?«
    »Ja«, erwiderte Vandoosler. »Und Sophia hat nicht angerufen. Wenn sie ihre Sache geheimhalten und trotzdem ihre Umgebung beruhigen wollte, so hätte sie Juliette benachrichtigt. Aber nichts, kein Zeichen. Es ist jetzt vier Tage her. Morgen früh ruft der heilige Matthäus bei Leguennec an. Heute abend gehe ich seinen Text mit ihm durch. Der Baum, der Graben, die Geliebte, die verschwundene Gattin. Leguennec wird sich in Bewegung setzen. Er wird herkommen, um sich zu erkundigen.«
     
    Mathias telefonierte. Mit teilnahmsloser Stimme schilderte er die Fakten.
    Leguennec setzte sich in Bewegung.
    Noch am selben Nachmittag machten sich zwei Bullen unter Leguennecs Anleitung über die Buche her. Leguennec, der Relivaux in seiner Nähe behielt, verhörte ihn nicht wirklich, weil das Ganze schon etwas außerhalb der Legalität war, das wußte er. Er folgte seinen Impulsen und gedachte, den Ort so schnell wie möglich zu räumen, wenn nichts dabei herauskommen würde. Die beiden Bullen, die hier gruben, waren ihm ergeben. Sie würden den Mund halten.
    Hinter dem Fenster des mittelalterlichen zweiten Stocks drängten sich Marc, Mathias und Lucien und sahen zu.
    »Die Buche hat es sicher bald satt«, bemerkte Lucien.
    »Halt’s Maul«, sagte Marc. »Kapierst du nicht, daß das hier ernst ist? Kapierst du nicht, daß sie jeden Augenblick

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