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Die schoene Helena

Titel: Die schoene Helena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Navin
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jemand habe ihr Zimmer betreten? Vielleicht ist tatsächlich jemand zu ihr geschlichen. Wurden ihre Räume durchsucht? Womöglich spielt diese unheimliche Kimberly ein Nachtgespenst, um Helena zu erschrecken. Halt die Frau von deiner Tochter fern, George, sonst wirst du ernsthafte Schwierigkeiten bekommen.“
    Mit stahlharten Augen hielt Rathford dem Blick seines Schwiegersohnes stand. „Helena behauptet, der Eindringling sei ein Mann. Jedes Mal, wenn er ihr erschienen war, würde er sich wenig später in Luft auflösen.“
    „Dann muss es ein Albtraum sein, der ihr real vorkommt. Also besteht kein Grund zur Aufregung.“ Adam merkte, wie gepresst seine Stimme klang. In dem drückenden Schweigen, das nun entstand, glaubte er, die Luft knistern zu hören.
    Offenbar geschahen tatsächlich grausige Dinge in diesem Haus. Lord Rathford schien sich jedenfalls zu fürchten. Zitternd strich er über seine schweißnasse Stirn.
    „Wovor hast du Angst?“, fragte Adam drängend, ohne seine eigene Sorge noch länger zu verhehlen.
    „Vor dem Wahnsinn“, flüsterte Rathford heiser. „Allem Anschein nach hat Helena die Geisteskrankheit ihrer Mutter geerbt.“ Schuldbewusst schaute er Adam an, dann senkte er den Blick. „Davon muss ich dir erzählen.“ Mit bebenden Fingern wischte er den Schweiß von seiner Oberlippe. „Es ist an der Zeit, dass du die Wahrheit erfährst.“
    Seltsam, wie sich die Welt innerhalb einer Viertelstunde verändern konnte ... Während das Haus von tiefer nächtlicher Stille erfüllt wurde, stand Adam am Fenster seines Schlafzimmers und starrte nachdenklich ins Dunkel.
    Endlich hatte ihm der alte Earl die ganze Wahrheit anvertraut. Helena - die schöne, ätherische, geheimnisvolle Helena - war die Mörderin ihrer Mutter.
    Mit stockender Stimme hatte Rathford erklärt, seine Frau sei verrückt gewesen. Von ihrem ehrgeizigen Plan getrieben, die Tochter mit keinem Geringeren als dem Duke of Strathmere zu verheiraten, hatte sie Jareth auf schreckliche Weise zum Adelstitel verholfen und seinen älteren Bruder getötet, ebenso wie dessen Frau. Mit knapper Not waren seine zwei kleinen Kinder dem Anschlag entgangen. Da sie Mädchen waren, konnte keine der beiden den Titel erben. Nur deshalb verzichtete Portia darauf, ihr schreckliches Werk zu vollenden.
    Aber zu ihrem Entsetzen löste Jareth die Verlobung mit Helena, um Chloe zu heiraten, die Gouvernante seiner Nichten. Außer sich vor Zorn, beschloss Portia, sich grausam zu rächen und Jareth zu ermorden, damit der Titel an seinen Vetter Gerald übergehen würde, den sie zu ihrem künftigen Schwiegersohn erkoren hatte.
    Vielleicht wusste Helena intuitiv, was ihre Mutter beabsichtigte. An jenem verhängnisvollen Tag folgte sie ihr in einen Gasthof, wo Jareth seine geliebte Chloe aufgespürt und um ihre Hand gebeten hatte. Als Helena das Zimmer betrat, war er bereits von ihrer Mutter angeschossen worden, und Portia richtete eine zweite Pistole auf seine Braut. Sie befahl ihrer Tochter die erste Pistole zu laden, mit der sie den Duke nur verletzt hatte. Helena gehorchte. Um Jareth und Chloes Leben zu retten, feuerte sie auf ihre Mutter. Tödlich getroffen brach Portia zusammen.
    Später sagte Jareth aus, er habe Portia in Notwehr erschossen, weil er verhindern wollte, dass man Helena wegen Muttermords vor Gericht stellte. An dieser Aussage zweifelte der Konstabler. Aber bei der amtlichen Untersuchung ergaben sich keine neuen Aspekte. Und so wurde der Fall ad acta gelegt.
    Nach der Tragödie halb von Sinnen, gestand Helena einigen Leuten ihre Schuld. Seither waren die Gerüchte - von Helenas selbst gewählter Isolation noch geschürt - niemals ganz verstummt. Begreiflicherweise vermutete man, sie würde, von Gewissensbissen gepeinigt, die Öffentlichkeit scheuen.
    Die zitternden Hände vors Gesicht geschlagen, hatte Lord Rathford erklärt, Adams unerwartete Ankunft sei seine letzte Hoffnung gewesen. Er hatte geglaubt, die Heirat würde Helena neue Lebensfreude schenken. Da er mit seinem baldigen Tod rechnete, wollte er seine Tochter versorgt wissen. Verzweifelt wünschte er, diese Ehe - selbst wenn sie unter ungewöhnlichen Umständen zustande gekommen war - würde Helena glücklich machen und sie endlich aus der Hölle voller Seelenqualen und Schuldgefühlen befreien, in der sie fünf Jahre lang versunken war. Deshalb hatte er sogar einen Mitgiftjäger als Schwiegersohn akzeptiert. Und nun würde Helenas Wahnsinn eine Zukunft zerstören, die so

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